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Neuer Bericht der Weltbank Einheitliche Standards: Entwicklungsländer sind benachteiligt

Für Steckdosen gibt es weltweit keine Standards – für Schiffscontainer schon. Der neuste Bericht der Weltbank zeigt, dass reiche Länder wie die Schweiz stärker von solchen internationalen Standards profitieren als Entwicklungsländer wie Pakistan.

Für Steckdosen gibt es weltweit keine einheitlichen Standards – je nach Land braucht es andere Adapter. Das ist nicht nur für Reisende mühsam, sondern auch für Unternehmen: Hersteller von Laptops, Stehlampen oder Fernseher müssen je nach Land unterschiedliche Stecker produzieren und haben dadurch höhere Kosten.

Den Wert von Standards merkt man vor allem, wenn sie fehlen oder uneinheitlich sind. Einheitliche Standards können Motoren für den Welthandel sein. Momentan profitieren Entwicklungsländer davon noch weniger als reiche Länder wie die Schweiz.

Das Beladen eines Frachtschiffes kostete 6 Dollar pro Tonne – heute sind es noch 16 Cents, dank einheitlichen Standards.
Autor: Philip Grinsted Mitautor des Weltentwicklungsberichts der Weltbank

Schiffscontainer sind immer gleich gross und können aufeinander gestapelt werden, und zwar weltweit. Dieser Standard hat dem internationalen Handel laut dem neuen Bericht der Weltbank mehr gebracht als alle Handelsabkommen der letzten 60 Jahre zusammen. «Das Beladen eines Frachtschiffes kostete 6 Dollar pro Tonne – heute sind es noch 16 Cents, dank einheitlichen Standards», sagt Philip Grinsted von der Weltbank.

Die Schweiz profitiert

Reiche Länder wie die Schweiz profitieren eher von weltweiten Standards. «Die Schweizer Maschinenindustrie profitiert von internationalen Standards, wenn sie Komponenten aus dem Ausland bestellt, weil so die Anforderungen bekannt sind und der Handel erleichtert wird», sagt Grinsted. Nur wenn Standards uneinheitlich seien, wenn jedes Land andere Vorgaben mache, dann entstehen Handelshemmnisse.

Ein Elefant im Spaghetti-Teller

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Für die Weltbank sind Standards dann ein Problem, wenn keine Harmonisierung stattfindet, jedes Land es anders macht. Dann entstehe ein Gewirr, das einem Teller Spaghetti gleiche. Die Standars überlappen sich zu einem unübersichtlichen Knoten und das schade der Weltwirtschaft.

Ein Plüsch-Elefant von Ikea veranschaulicht das:

  • Der Spielzeug-Elefant «Djunkelskog» wird in allen Ländern der Europäischen Union verkauft und obwohl er nur 12 cm lang ist, hat er hinten dran Etiketten, die fast doppelt so lang sind.
  • Es sind mehrere Zettel am Elefanten, weil Ikea etwa in Frankreich andere Textil-Regulierungen beachten muss als im Rest der Europäischen Union. Zudem braucht es einen eigenen Zettel für Grossbritannien, weil das Land nicht mehr Teil der EU ist.
  • So entstehen Ikea Mehrkosten. Laut dem Internationalen Währungsfonds summieren sich alle diese sogenannten «nicht-tarifären-Handelshemmnisse» auf und entsprechen insgesamt umgerechnet einem Zoll in Höhe von 44 Prozent. Das schadet der europäischen Binnenwirtschaft als Ganzes.

Entwicklungsländer wie Pakistan haben Mühe

Für Entwicklungsländer können internationale Standards eine Handels-Hürde darstellen. «Ich war vor einigen Monaten in Pakistan – dort müssen kleine und mittlere Unternehmen, die Medizinprodukte nach Europa verkaufen, wegen einer neuen EU-Verordnung rund 200'000 Euro zusätzlich pro Jahr bezahlen», sagt Philip Grinsted. Das sei eine riesige Belastung für Unternehmen mit 10 bis 20 Mitarbeitenden.

Entwicklungsländer wie Pakistan haben oft Mühe von heute auf morgen auf neue Standards umzustellen. Anders als bei Industrienationen fehlen in Entwicklungsländern oft Prüflabore oder geeignete Testgeräte, um neue Grenzwerte überhaupt messen zu können.

Entwicklungsländer sitzen nicht mit am Tisch

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Neue Standards werden zum Beispiel in der internationalen Standardisierungs-Organisation (ISO) geschrieben. «Länder mit niedrigen Einkommen sind nur in sieben Prozent der Ausschüsse vertreten, in denen neue Standards geschrieben werden – Länder mit hohem Einkommen in 84 Prozent», sagt Philip Grinsted von der Weltbank. Das muss sich laut Weltbank ändern, ansonsten riskiere die Weltgemeinschaft eine Fragmentierung internationaler Standards, was dann wiederum den Handel erschwere.

Entwicklungsländer würden am stärksten von internationalen Standards profitieren

Die Daten der Weltbank zeigen, dass Unternehmen, die weltweite Standards übernehmen, höhere Umsätze erzielen und dass dieser Effekt bei Unternehmen aus Entwicklungsländern grösser ist als in Industrienationen. Insofern haben auch Entwicklungsländer Interesse daran, sich an internationale Standards anzupassen und diese mitzugestalten.

Diese Herausforderung kennen auch Länder, die Früchte exportieren und etwa neue Grenzwerte für Pestizide einhalten müssen. Wenn Testlabore fehlen, dann müssen die Produkte ins Ausland geflogen werden oder internationale Experten müssen ins Land kommen, all das kostet.

Sichere Lebensmittel und Medikamente ja – Handelshemmnisse nein

Die grösste Herausforderung ist der Spagat zwischen Sicherheit und freiem Handel. Die Standards oder Vorschriften – etwa aus der EU – haben laut Grinsted gute Gründe: zum Beispiel sichere Medikamente oder pestizidfreie Lebensmittel. Das solle auch in Zukunft so bleiben. Es gehe aber darum, international einheitliche Regeln aufzustellen und vor allem Entwicklungsländern Zeit zu geben, sich anzupassen.

Zum Beispiel in den Standards, wie Pestizidgrenzwerte schrittweise angepasst werden dürfen, bis die gewünschte Zielvorgabe eingehalten wird.

SRF4 News, 11.12.2025, 16:12 Uhr; noes

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