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Saatgut-Konvention Für mehr Vielfalt auf dem Acker – und auf dem Teller

Die Landwirtschaft muss sich an neue Herausforderungen anpassen – Klimawandel, Schädlinge oder auch veränderte Konsumgewohnheiten. Bäuerinnen und Bauern weltweit sind deshalb auf möglichst vielfältiges Saatgut angewiesen. Die Schweiz spielt in dieser Thematik eine wichtige Rolle.

Reis, Mais und Weizen – diese drei Nutzpflanzen liefern die Hälfte aller pflanzenbasierten Kalorien für die menschliche Ernährung. Doch was, wenn einer dieser Pfeiler für die globale Nahrungssicherheit ausfällt? Die Internationale Saatgut-Konvention will diese gefährliche Abhängigkeit von wenigen Nutzpflanzen abmildern.

Ohne internationale Zusammenarbeit geht es nicht

«Ziel der Konvention ist ein vielfältigeres Landwirtschafts- und Ernährungssystem», sagt Alwin Kopse vom Bundesamt für Landwirtschaft. Kopse leitet das Führungsgremium der Internationalen Konvention.

Die botanische Arche Noah auf Spitzbergen

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Plakat, Bunkereingang und Schneelandschaft.
Legende: srf/Klaus Bonanomi

In einem grossen Schutzbunker bei Longyearbyen auf Spitzbergen sind rund 1.5 Millionen Saatgut-Proben eingelagert, geschützt durch Fels und Permafrost. Regelmässig werden neue Saatgut-Proben angeliefert, wie gerade eben im Oktober. Es sind Kopien von Saatgut aus nationalen und regionalen Saatgut-Banken, das dort gelagert wird für den Fall, dass durch Kriege oder Naturkatastrophen das Original-Saatgut zerstört wird.

«Wir konnten im Nahostkonflikt schon mit unseren Saatgut-Kopien aushelfen», sagt der Koordinator des Seed Vault, Asmund Asdal. «Etwa bei einer Saatgutbank im Westjordanland, die durch einen israelischen Angriff beschädigt wurde. Oder im Fall des internationalen Landwirtschafts-Forschungszentrums im syrischen Aleppo.» Dieses wurde im syrischen Bürgerkrieg beschädigt und daraufhin an neue Standorte im Libanon und Marokko verlegt. Beide konnten mit Saatgut-Proben vom Seed Vault ihre Bestände wieder aufstocken.

Longyearbyen auf Spitzbergen ist die nördlichste grössere Siedlung der Welt – «und wir haben hier auch die nördlichste Kirche, die nördlichste Bierbrauerei und das weltweit nördlichste Universitätszentrum», weiss Marcel Schütz, der Schweizer Honorakonsul in Longyearbyen.

Auch Spitzbergen bekomme die angespannte Weltlage zu spüren, erklärt Schütz: «Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine haben die örtlichen Tourismus-Anbieter einen Boykott von Ausflügen zur russischen Siedlung Barentsburg auf Spitzbergen beschlossen.» Ansonsten aber lebten auf Spitzbergen mehrere tausend Menschen aus aller Welt – auch aus Russland – friedlich nebeneinander.

«Kein Land könnte für sich allein die nötige Vielfalt sichern. Denn um das Saatgut weiterzuentwickeln, müssen Züchter und Hersteller auf eine möglichst grosse Vielfalt an Saatgut zurückgreifen können», betont er.

Deshalb habe man einen Mechanismus entwickelt, der die Lagerung von Saatgut in nationalen oder regionalen Genbanken und den Zugriff auf dieses Saatgut vereinfache und regle.

Regional optimal angepasste Pflanzen

Seit Jahrhunderten entwickeln und züchten Bäuerinnen und Bauern weltweit Nutzpflanzensorten, die optimal auf die jeweiligen Gegebenheiten angepasst sind: wärmeres oder kälteres Klima, trockene oder feuchte Standorte, unterschiedliche Höhenlagen und Bodenqualität.

«Peru allein kennt fast 4000 Kartoffelsorten. Seit 8000 Jahren werden im Hochland von Peru und Bolivien Kartoffeln angepflanzt», sagt Jorge Ganosa vom peruanischen Institut für Nutzpflanzenforschung.

Eindrücke aus Longyearbyen auf Spitzbergen

Von Weizen gibt es weltweit Hunderttausende unterschiedliche Sorten. Aber auch Gemüsearten und Früchte, die zum Teil nur in einigen wenigen Gegenden vorkommen, sind wichtig für die menschliche Ernährung.

Dieses lokal angepasste und vielfältige Saatgut wird in vielen nationalen und regionalen Genbanken gelagert. Zudem gibt es auf Spitzbergen einen internationalen Saatgut-Schutzbunker, den «Svalbard Global Seed Vault».

Wie viel soll der Zugriff auf die Gen-Ressourcen kosten?

An der kommenden Sitzung des Führungsgremiums der Saatgut-Konvention vom 24. bis 29. November soll das Abkommen nun angepasst werden. «Neu sollen Züchter gegen Entgelt ein Abonnement für den unbeschränkten Zugriff auf die Ressourcen in allen Genbanken lösen können», sagt Leiter Kopse.

Freilich ist umstritten, wie hoch dieses Entgelt sein soll. Die Einnahmen aus den Saatgut-Abonnementen sollen den Staaten und Bauerngemeinschaften, die dieses Saatgut entwickelt haben, zugutekommen.

Der Internationalen Saatgut-Konvention gehören 150 Länder an, darunter auch die Schweiz, die USA und die meisten europäischen Länder, aber auch 50 afrikanische Staaten. Dagegen sind China, Russland oder die Ukraine nicht Mitglied.

Echo der Zeit, 18.11.2025, 18:00 Uhr;weds

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