So ist der Deal geplatzt: Der Genfer Öl-Gigant Gunvor wollte das Auslandgeschäft von Lukoil kaufen, dem zweitgrössten Ölkonzern Russlands. Dessen Auslandgeschäft «Lukoil International» ist riesig: Dazu gehören Öl-Raffinerien in Rumänien, Bulgarien, den Niederlanden, Anteile an Gas- und Ölfeldern etwa im Irak, Abu Dhabi oder Mexiko und ein Tankstellennetz in 20 Ländern. Laut Financial Times hätte Gunvor 22 Milliarden Dollar für die Übernahme bezahlt. Nun haben aber die USA mitgeteilt, dass sie den Deal nicht bewilligen. Der Öl-Konzern sei «Kremlins puppet», also eine Marionette des Kremels. Gunvor hat daraufhin die Übernahme abgebrochen.
Darum ist es wichtig: Gunvor ist mit dem Deal zwischen die Fronten der USA und Russlands geraten. Auf der Plattform X erklärte das US-Finanzministerium: Solange der russische Präsident Wladimir Putin das «sinnlose Morden» fortsetze, werde Gunvor niemals eine Lizenz erhalten. Rohstoffkonzerne sind aber auf die US-Lizenz angewiesen, um Zugang zum internationalen Finanzsystem zu haben. Finanzinstitutionen können es sich nicht leisten mit einer sanktionierten Firma zu geschäften.
So reagiert Gunvor: Ein Gunvor-Sprecher bezeichnete die Erklärung des Finanzministeriums auf X als «grundlegend falsch informiert und unwahr». Der Konzern habe sich von Russland distanziert, die Geschäfte dort beendet und die Invasion öffentlich verurteilt. Es handle sich um ein Missverständnis, man begrüsse die Gelegenheit, dieses zu korrigieren.
Die Verbandelung Gunvors mit Russland: Der Firmenchef Torbjörn Törnqvist hat Gunvor Ende der 90er-Jahre zusammen mit Gennadi Timchenko, einem Vertrauten Putins, gegründet. Als Russland 2014 die Krim annektierte, kaufte Törnqvist die Anteile des russischen Geschäftspartners. Seither hat Gunvor keine sichtbaren Beziehungen mehr zu Russland. Gunvor hat angefangen, ein US-Geschäft aufzubauen. Heute hat Gunvor 2'000 Angestellte, davon 200 in den USA. Das Unternehmen erzielte zuletzt einen Umsatz von 136 Milliarden US Dollar. Für Törnqvist wäre der Deal die Krönung seiner Karriere gewesen, die grösste Übernahme in der Geschichte des Konzerns.
Darum will Lukoil das Auslandsgeschäft verkaufen: Die USA haben Lukoil mit neuen Sanktionen belegt, um den Druck auf Russland weiter zu erhöhen, die Angriffe auf die Ukraine zu stoppen. Die Öl-Exporte sind für Russland noch immer eine wichtige Einnahmequelle. Lukoil hatte daraufhin angekündigt, seine Auslandsgeschäfte zu veräussern. Laut dem Energie-Ökonomen Christoph Rühl schien aber bereits alles aufgegleist: «Man könnte vermuten, in weiser Voraussicht.» Rühl forscht an der Columbia Universität, früher war er Chefökonom des Ölkonzerns BP. Er sagt, auf die Schnelle werde sich kaum ein anderer Interessent finden.
Was wenn Lukoil den Auslandanteil nicht verkaufen kann? Stand heute sollen die Sanktionen am 21. November in Kraft treten. Solange Lukoil Eigner ist, sind laut Rühl im Prinzip auch alle Auslandseinheiten sanktioniert. Das heisst: Jeder, der mit ihnen Geschäfte betreibt, muss mit Strafen oder indirekten Sanktionen der USA rechnen, sagt Rühl: «Solange es keine EU-weite Regelung gibt, wird Lukoil damit zum Problem der jeweiligen nationalen Regierungen.» Denkbar wären zum Beispiel nationale Enteignungen, um Arbeitsplätze zu schützen und die Infrastruktur – die Raffinerien und Tankstellen – weiter in Betrieb zu haben.