Normalerweise kultiviert der Rolex-Chef die Diskretion. Jean-Frédéric Dufour gibt keine Interviews und tritt kaum auf. Doch dieses Jahr sorgte er für Schlagzeilen, als er sich in den Zollstreit mit den USA einmischte und dem US-Präsidenten im Oval Office eine goldene Uhr schenkte.
Und die Hans-Wilsdorf-Stiftung, die Besitzerin von Rolex, veröffentlichte erstmals detaillierte Zahlen: Sie verteilt rund eine halbe Milliarde Franken pro Jahr, die Hälfte davon im Kanton Genf.
Eine konsequente Marketingstrategie
Zahlen zum Geschäft veröffentlicht Rolex nach wie vor nicht. Klar ist: Der Firma geht es bestens. Der Umsatz soll laut Experten über 10 Milliarden Franken betragen. «Zudem hat Rolex gigantische Reserven, sicher Dutzende Milliarden Franken», sagt Historiker Pierre-Yves Donzé, der ein Buch über Rolex geschrieben hat. Rolex ist in der Luxusuhrenbranche der Branchenprimus.
Das war nicht immer so. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war Rolex eine von mehreren Schweizer Manufakturen, die hochwertige Uhren produzierten.
Erst ab den 70er-Jahren setzte sich Rolex von der Konkurrenz ab. Dank jener Marketingstrategie, die bis heute der Grundstein des Erfolgs sei, sagt Donzé. «Rolex ist in erster Linie eine Geschichte der Einzigartigkeit. Eine einzigartige Uhr für einzigartige Menschen.»
Wenn man behauptet, die perfekte Uhr entwickelt zu haben, wäre es widersprüchlich, laufend neue Kollektionen zu lancieren.
Schon seit Jahrzehnten stellt Rolex konsequent erfolgreiche Männer – und heute auch Frauen – in Szene, die eine Rolex tragen: Sportlerinnen, Schauspieler, Regisseurinnen.
An seinen Uhren verändert Rolex derweil wenig. Die wichtigsten Modelle gibt es schon seit Jahrzehnten. Da wird höchstens das Design etwas angepasst. «Wenn man behauptet, die perfekte Uhr entwickelt zu haben, wäre es widersprüchlich, laufend neue Kollektionen zu lancieren», sagt Donzé, der an der Universität Osaka Wirtschaftsgeschichte lehrt.
Ein weiterer Faktor für den Geschäftserfolg ist, wie Rolex Preise und Mengen kontrolliert. Die Preise für eine Rolex sind hoch, aber nicht völlig unerschwinglich. Und die Menge der produzierten Uhren ist mit über einer Million pro Jahr gross, aber kleiner als die Nachfrage. «Das stellt sicher, dass Rolex exklusiv bleibt, und es ermöglicht hohe Margen», sagt der Uhrenspezialist.
Krisen haben andere Uhrenmarken
Die Besitzerin von Rolex ist die Genfer Hans-Wilsdorf-Stiftung. Sie finanziert ihre Aktivitäten aus den Dividenden, lässt aber einen grossen Teil des Gewinns in der Firma. «So kann Rolex sehr langfristig planen», sagt Donzé. Und sie muss keine Zahlen veröffentlichen.
Das wiederum geht Hand in Hand mit der Marketingstrategie. Wer einzigartig ist, beschäftigt sich nicht öffentlich mit profanen Dingen wie Gewinn oder Umsatz.
Die Strategie geht seit Jahrzehnten auf. Die Quarzkrise der 1970er- und 80er-Jahre, als billigere und genauere japanische Uhren die Schweizer Uhrenbranche an den Rand des Kollapses trieben, war für Rolex höchstens eine etwas turbulente Phase.
Die jüngste Uhrenkrise ist nicht einmal das. Und so schreibt der Konzern weiter an seiner einzigartigen Erfolgsgeschichte.