Vergangene Woche schien der Mega-Deal gelaufen, Netflix sollte Warner Bros. für 83 Milliarden Dollar übernehmen. Heute legt Konkurrent Paramount von Milliardär und Trump-Freund Larry Ellison ein höheres Angebot auf den Tisch. Beim Milliardenpoker geht es um nichts weniger als die Zukunft Hollywoods, wie Wirtschaftsredaktor Andreas Kohli einschätzt.
Warum steht Warner Bros. Discovery zum Verkauf?
Das Unternehmen ist zwar eine Perle, mit einem nahezu unerschöpflichen Schatz an geistigem Eigentum, mit Rechten an Klassikern wie «Casablanca» und an TV-Serien wie «Game of Thrones». Zum Konzern gehört auch der Streamingdienst HBO Max mit seinen 130 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten, der ab Januar auch in der Schweiz verfügbar sein wird. Warner Bros. sucht aber schon länger einen Ausweg aus dem eigenen Dilemma mit hoher Schuldenlast und schwierigen Marktbedingungen. Das mündete zuletzt in einem Bieterkampf mit drei Parteien: Der Streaming-Riese Netflix, der Filmgigant Paramount sowie der Telekom- und Unterhaltungskonzern Comcast wollen sich Warner Bros. krallen.
Wie unterscheiden sich die Übernahme-Angebote von Netflix und Paramount?
Vergangene Woche sah alles danach aus, als komme Netflix zum Zug. Netflix bot 83 Milliarden, allerdings «nur» für TV- und Filmstudios sowie die Streaming-Sparte, aber ohne dazugehörige Fernsehsender wie CNN. Paramount bietet nun 108 Milliarden Dollar für den kompletten Konzern. Paramount gehört der Milliardärsfamilie von Larry Ellison, die gute Beziehungen zu US-Präsident Trump unterhält. Beobachterinnen und Beobachtern zufolge könnte Trump ein Interesse haben, dass Paramount als Sieger des Bieterkampfs hervorgeht – weil dann CNN dem befreundeten Ellison gehörte. CNN berichtet oft kritisch über Trumps Politik. Tatsächlich äusserte sich Trump skeptisch zum Netflix-Angebot, begründete dies indes damit, dass Netflix eine zu grosse Markmacht erhalten könnte.
Wie blickt die Branche auf den Bieterkampf?
Filmschaffende sind alarmiert, machten ihrem Ärger schon bei der Netflix-Ankündigung vergangene Woche Luft. James Cameron sprach von einer «Katastrophe», Oscar-Preisträgerin Jane Fonda von einer «konstitutionellen Krise, bei der diese kreative Branche kaputtgemacht werden könnte». Dahinter steckt auch die Angst, Tech-Effizienz könnte den letzten Funken Magie der Filmbranche zerstören. Paramount hat in der heutigen Ankündigung versprochen, im Falle einer Übernahme Dutzende neue Filme in die Kinos zu bringen – ein Seitenhieb ans Netflix-Management, welches Streaming als Gegenmodell zum Kino grossgemacht hat. Und noch immer ist der Streik von vor zwei Jahren in Erinnerung: Schauspielerinnen und Drehbuchautoren trugen in den USA ihre Wut über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz auf die Strasse.
Was blüht den Konsumentinnen und Konsumenten bei einer Übernahme?
Egal, ob Paramount oder Netflix das Rennen macht: Der Wettbewerb nimmt ab, das ist aus Konsumentensicht in der Regel nicht wünschenswert. Weniger Wettbewerb heisst weniger Druck, Neues auf den Markt zu bringen. Zumal es um enorme Summen geht: 83 beziehungsweise 108 Milliarden Dollar. Dieses Geld müssen Netflix beziehungsweise Paramount zuerst kapitalisieren – sie würden womöglich weniger Geld in Innovation stecken. Weniger Wettbewerb heisst auch weniger Druck, die Preise tief zu halten. Der Umgang von Netflix mit Abo-Preisen in der Schweiz zeigt die Preissetzungsmacht: Mehrfach sind Netflix-Abos schon teurer geworden.