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Swatch-Chef zum US-Zolldeal Nick Hayek: «Wir sind weiterhin erpressbar»

Die exportorientierte Schweizer Uhrenbranche kann angesichts des Zolldeals mit den USA vorsichtig aufatmen. Das Land ist der wichtigste Exportmarkt für die Schweizer Uhrenindustrie. Doch Skepsis bleibt. Allen voran von Konzernchef der Swatch Group, Nick Hayek. Er kritisiert vor allem die Art, wie der Deal zustande gekommen ist und die Schweizer Wirtschaftsdelegation Donald Trump in Washington hofiert hatte.

Nick Hayek

Konzernchef Swatch Group

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Der 1954 geborene Nick Hayek ist der Sohn des Schweizer Unternehmers Nicolas Hayek. Er studierte unter anderem Marketing an der Universität St. Gallen und Regie an der Filmakademie in Paris. 1994 trat er in die von seinem Vater geführte Swatch Group ein, wo er zuerst als Marketingleiter der Swatch AG, dann als Direktionspräsident und schliesslich als Delegierter des Verwaltungsrates tätig war. Seit 1. Januar 2003 ist er Vorsitzender der Geschäftsleitung und seit 2010 Mitglied des Verwaltungsrates der Swatch Group.

Hayek ist verheiratet und wohnt in Zug.

SRF News: Was bedeuten 15 statt 39 Prozent Strafzoll für Sie?

Nick Hayek: Das ist grundsätzlich mal nicht negativ. Es bedeutet, dass wir weniger Zölle bezahlen müssen – vielleicht. Wir wissen ja noch nicht, was wir alles dafür hergeben müssen. Aber meine grösste Sorge ist, dass sich die Schweiz weltweit als sehr schwach dargestellt hat. Wir sind erpressbar, so scheint es. Das macht mich etwas traurig.

Sie haben den Auftritt der Schweizer Unternehmer im Oval Office als untertänig kritisiert. Aber offenbar haben die teuren Geschenke, die sie Trump mitbrachten, etwas bewirkt?

Ich weiss nicht, was es bewirkt hat. Ich war schon am 1. August der Meinung, dass sich die Schweiz anders hätte verhalten sollen. Als die USA ankündigten, wir müssten 39 Prozent Zölle zahlen, waren wir alle schockiert. Die Schweiz wurde weltweit als Profiteur hingestellt – reich dank Amerika. In einer solchen Situation, finde ich, muss man aufstehen und sagen: Jetzt kämpfe ich. Nicht ständig überlegen, wie man nachgeben, etwas schenken, zahlen oder sich Goodwill erkaufen kann. Man muss auch einmal Charakter zeigen. Ob das erfolgreich gewesen wäre, weiss ich nicht. Aber ich weiss, dass wir diesen Weg nie versucht haben. Stattdessen haben wir immer nur nachgegeben – und wissen heute nicht einmal genau, was wir dafür alles hergegeben haben.

Mann mit grauem Haar und Sakko vor blauem Hintergrund.
Legende: Alles Dada? Eigentlich lancierte Swatch heute in ihrem Hauptsitz in Biel eine Produkteneuheit: AI-Dada. Doch Swatch-Chef Nick Hayek äusserte sich auch pointiert zum US-Zolldeal. SRF

Sie würden nichts geben?

Was heisst, nichts geben? Kompromisse müssen wir alle machen. Entscheidend ist jedoch, ob wir sie aus der Stärke oder aus der Schwäche eingehen. Und ich finde, die Schweiz ist nicht zu schwach – wir sollten mehr Selbstbewusstsein haben und zeigen, dass wir kämpfen, wenn wir unfair behandelt werden. Das hat nichts mit Ideologie oder Rechthaberei zu tun, sondern mit einem Signal: dass wir nicht erpressbar sind und nicht sofort alles hergeben. Doch jetzt sind wir weiterhin klar erpressbar. Wenn die USA morgen wieder etwas fordern, haben wir bereits unser Pulver verschossen – wir haben schon alle geschickt, um Geschenke zu bringen.

Tiefere US-Zölle sind das eine, doch welche grösseren Probleme hat die Schweizer Uhrenbranche?

Der starke Schweizer Franken. Aber ich will nicht jammern, denn der starke Franken ist zugleich eine der Stärken der Schweiz und führt zu Innovationsdruck.

Von der Zolluhr zu AI-Dada

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Mit einer Sonderuhr zum Zollstreit mit den USA zeigte Nick Hayek Humor: Er lancierte «what if...tariffs?». Die Uhr vertauschte die Ziffern 3 und 9 und zeigte die 39 Prozent Strafzölle für die Schweiz. Ein cleverer Marketinggag. Selbst Bundesrat Guy Parmelin soll zwei Stück gekauft haben. Doch die Uhr gibt es nur noch, bis die 15 Prozent-Zölle in Kraft treten.

Dafür präsentierte das Unternehmen heute eine weitere Produkteneuheit: AI-DADA. Kunden können mit einem Prompttool eine persönliche Uhr gestalten. Doch AI heisst bei Swatch nicht künstliche, sondern künstlerische Intelligenz, wie Nick Hayek betont. Die Datenbank bestehe aus 42 Jahren Swatch-Designgeschichte.

Aber ein Beispiel zeigt die Dimension: In den letzten zehn Jahren hat sich der Franken gegenüber dem japanischen Yen um fast 60 Prozent verteuert. Das bedeutet, unsere Produkte sind für Konsumenten in Japan heute rund 60 Prozent teurer und viel teurer, als sie in der Schweiz sind – allein aufgrund der Währung. Diese Hürde ist oft weit grösser als neue Zölle. Aber natürlich: Wenn die Zölle bei null lägen – umso besser.

Das Gespräch führte Harry Stitzel

10vor10, 20.11.2025, 21:50 Uhr ; 

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