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Trotz Prestigebauten Der rasche Niedergang einer Berner Traditionsfirma

Seit September ist bei der Berner Natursteinfirma Schär + Trojahn nichts mehr, wie es einmal war: Die Angestellten erhalten keinen Lohn mehr, Verwaltungsräte verlassen die Firma und Vorwürfe von Misswirtschaft tauchen auf.

Das Bundeshaus, die Schweizerische Nationalbank oder das Omega-Museum in Biel – die Firma Schär + Trojahn aus der Berner Gemeinde Niederwangen hat die prestigeträchtigsten Gebäude der Schweiz mit Marmor und anderen Natursteinen ausgekleidet. Die Arbeit wird weitherum geschätzt, der Ruf ist tadellos. Und: 2028 würde die Firma ihr 100jähriges Jubiläum feiern. Würde. Angesichts der jüngsten Ereignisse ist unklar, wie es mit der Firma weitergeht.

Die Firma bricht auseinander

Anfang September kommt es zu einem ersten Knall: Die beiden langjährigen und einzigen Verwaltungsräte verlassen das Unternehmen. Seither ist die Firma führungslos. Zum zweiten Knall kommt es Ende September, als die Löhne für die rund 40 Angestellten hätten ausbezahlt werden sollen. Das geschieht nicht.

Wieso werden die Löhne nicht ausbezahlt?

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Jahrelang hat die Buchhaltung von Schär + Trojahn die Treuhandfirma von einem der beiden Verwaltungsräte geführt, der Anfang September zurückgetreten ist. Er betont, dass die Löhne ausgelöst worden seien und lediglich noch vom Firmeninhaber beziehungsweise seinem Anwalt hätten freigegeben werden müssen. Die Gegenseite wiederum behauptet, dies sei aufgrund von gesperrten Konten nicht möglich gewesen.

Gleichzeitig lässt sich Ende September der damalige Geschäftsführer krankschreiben. Auch sein Posten bleibt unbesetzt.

Die Frage lässt sich folglich von aussen nicht abschliessend klären, da sich die involvierten Parteien gegenseitig die Schuld zuschieben.

Die Darstellung und die Beurteilung der Ereignisse, wie es so weit kommen konnte, gehen – je nach Partei – weit auseinander.

Gräben tun sich auf

Bis zum September scheint die Firma – zumindest gegen aussen – zu prosperieren: Angestellte erzählen, dass sie noch im September Überstunden geleistet hätten. Doch hinter den Kulissen haben sich in den Monaten zuvor Gräben zwischen den beiden Verwaltungsräten und dem Eigentümer der Firma aufgetan.

Eine Gruppe von Arbeitenden steht in einer Halle und hebt Streikplakate in die Höhe.
Legende: Ende September streiken die Angestellten der Berner Firma Schär + Trojahn mit einem Bild des 2018 verstorbenen Patrons, weil sie keinen Lohn erhalten. Unterstützt werden sie von der Gewerkschaft UNIA. Der Streik bleibt ohne Erfolg. Ende Oktober wird den Mitarbeitenden auch der Oktoberlohn nicht überwiesen. ZVG / UNIA

Der Patron überschreibt noch vor seinem Tod 2018 die Firma seinen beiden Söhnen. Zudem holt der Vater drei langjährige Freunde und Geschäftspartner in den Verwaltungsrat, um den Fortbestand der Firma sicherzustellen. Einer der Verwaltungsräte verlässt allerdings das Gremium nach kurzer Zeit. Dann, 2024, stirbt der eine Sohn unerwartet und der andere wird alleiniger Inhaber der Firma.

Happige Vorwürfe tauchen auf

Fortan möchte sich der Eigentümer vermehrt in seine Firma einbringen. Allerdings stösst er in seiner Wahrnehmung mit diesem Begehren bei den Verwaltungsräten auf Widerstand. In der Folge zieht er einen Anwalt bei, der kurz darauf in der Buchhaltung auf mutmassliche Ungereimtheiten stösst. Anstatt eine «florierende Firma» habe man ein «marodes Unternehmen» vorgefunden, so der Rechtsvertreter. Es bestehe der Verdacht, dass während mehrerer Jahre Millionen Franken aus dem Unternehmen abgeflossen seien. Aufgrund dessen reicht der Anwalt Mitte Oktober 2025 Strafanzeige gegen Unbekannt ein, wobei gemäss Anwalt die beiden Verwaltungsräte im Fokus stünden. Die Vorwürfe: Misswirtschaft, Urkundenfälschung und Bereicherung, in der juristischen Fachsprache heisst das ungetreue Geschäftsbesorgung.

Die Beschuldigten setzen sich zur Wehr

Es gilt die Unschuldsvermutung. Die beiden Verwaltungsräte bestreiten die Vorwürfe und wehren sich: «Wir haben uns bei dieser Firma nie bereichert, der Vorwurf ist haltlos. Wir bezweifeln, dass Indizien dazu existieren», teilen die Angeschuldigten auf Anfrage mit und schreiben weiter: «Das Einzige, was kursiert, sind bösartige, ehrverletzende Gerüchte. Wir sind überzeugt, dass wir konkrete Vorhaltungen widerlegen können.»

Die Anschuldigungen im Einzelnen

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Die Verwaltungsräte beschreiben die wirtschaftliche Entwicklung der Firma im Zeitraum von ihrem Amtsantritt 2018 bis September 2025 folgendermassen: «Von 2018 bis 2022 hat das Unternehmen stabil gearbeitet und Gewinne erwirtschaftet. Im Jahr 2023/24 hat die Bauwirtschaftskrise auch bei ST (Schär + Trojahn, Anmerkung d. Red.) einen wirtschaftlichen Einbruch verursacht. Der Mitarbeiterbestand hat sich seit der Wirtschaftskrise hauptsächlich durch Pensionierungen und natürliche Abgänge von 50 auf 36 Mitarbeitende reduziert. Im 2025 hat sich die Firma positiv entwickelt bis hin zu vollen Auftragsbüchern fürs ganze Jahr bzw. bis ins 2026 hinein.»

Die Zusammenarbeit mit dem Firmeneigentümer zwischen Oktober 2024 und September 2025 kommentieren die Verwaltungsräte so: «Dieser Zeitraum war vor allem dadurch geprägt, dass wir (…) den Eigentümer (Anmerkung d. Red.) zur Übernahme der Führungsverantwortung bewegen wollten, und zwar v.a. durch Besetzung des Verwaltungsrates mit Leuten seines Vertrauens. Trotz zahlreicher Besprechungen und mindestens einem halben Dutzend einberufenen Generalversammlungen, hat er sich immer ohne Angabe von Gründen geweigert, Wahlen in den Verwaltungsrat vorzunehmen. Diese Weigerung, (…), veranlasste uns, an der Generalversammlung den Rücktritt per 2. September 2025 zu erklären. (…) An dieser Generalversammlung hat er aber erneut keine Verwaltungsräte gewählt und die Gesellschaften trotz eindringlicher Warnung der Führungslosigkeit preisgegeben. Diese Aussagen sind belegbar, weil von dieser Generalversammlung eine notarielle Urkunde erstellt wurde.»

Damit steht Aussage gegen Aussage und es wird voraussichtlich Sache des Gerichts sein, die Sachlage zu klären. Offen ist nun, wie es mit der Firma weitergeht, da das Handelsgericht Bern bislang auch keinen Sachwalter eingesetzt hat.

Der neu gepflästerte Innenhof des frisch sanierten Kaiserhauses in der Stadt Bern.
Legende: Das soeben neu sanierte Kaiserhaus in der Stadt Bern ist einer der letzten prestigeträchtigen Aufträge, welche die Firma Schär + Trojahn ausgeführt hat. Viele Angestellte haben das Unternehmen inzwischen verlassen, gut ein Dutzend harrt aber noch aus und führt die offenen Aufträge zu Ende. Ohne Lohn. Keystone

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 6.11.2025, 17:30 Uhr;weds

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