Gesetzlich steht Männern in der Schweiz ein Tag Vaterschaftsurlaub zu. Den Sozialpartnern steht es aber frei, grosszügiger zu sein. Nun hat der gewerkschaftliche Dachverband Travail Suisse das Thema genauer unter die Lupe genommen und kommt zum Ergebnis: Ein Vaterschaftsurlaub, der diesen Namen verdiene, sei in der Schweiz immer noch eine Ausnahme.
Das Fazit der Studie sei ernüchternd: Über die Hälfte der Mitarbeitenden erhalte nur einen Tag frei. Allerdings gebe es deutliche Unterschiede: Wer für Kleinunternehmen arbeite, habe wenig Chancen auf einen langen Vaterschaftsurlaub. Mit fünf Tagen gehöre man zu den «absoluten Gewinnern». Mehr Tage würden fast ausschliesslich Grossunternehmen gewähren.
Finanzierung über Erwerbsersatzordnung?
Für den Verband darf ein bezahlter Vaterschaftsurlaub aber nicht davon abhängen, wo ein Mann arbeitet. «Genau deshalb setzen wir uns seit Jahren für einen bezahlten und flexibel einziehbaren 20-tägigen Vaterschaftsurlaub ein», sagt Matthias Kuert Killer, Leiter Sozialpolitik bei Travail Suisse. «Der Vaterschaft muss ein genügender Stellenwert in der Gesellschaft eingeräumt werden.»
Der Vaterschaftsurlaub sei zwar nicht gratis zu haben, sagt auch Travail Suisse. Er liesse sich aber mit den Überschüssen der Erwerbsersatzordnung (EO) finanzieren. Da die Anzahl Diensttage im Militär stark rückläufig seien, müssten die EO-Beiträge gar nicht oder nur leicht erhöht werden.
Arbeitgeber gegen allgemeinen Vaterschaftsurlaub
Dies kommt für den Arbeitgeberverband nicht infrage: Sollte die EO tatsächlich bald Überschüsse vorweisen, sollte man in der gegenwärtig schwierigen Situation besser die Unternehmen entlasten, sagt Daniela Lützelschwab. Sie ist beim Arbeitgeberverband zuständig für Arbeitsmarktfragen.
Sowieso ist ihr Verband grundsätzlich gegen einen allgemeinen Vaterschaftsurlaub: «Wir glauben nicht, dass es eine gesetzliche Lösung braucht», betont Lützelschwab. Vielmehr müsse man die Einzelsituation anschauen. Sowohl jene der Betriebe wie der betreffenden Familien: «Nicht jeder Vater bräuchte einen Vaterschaftsurlaub.» Vor allem für kleinere Betriebe würde es problematisch, wenn ein Mitarbeiter plötzlich 20 Tage ausfalle. Auch gebe es andere Möglichkeiten für frischgebackene Väter, wie etwa ein Abbau von Überstunden.
Vorstoss im Parlament hängig
Im Frühling 2014 verlangte Nationalrat Martin Candinas (CVP/GR) mit einer parlamentarischen Initiative zwei Wochen aus der EO finanzierten Vaterschaftsurlaub. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Nationalrates unterstützt das Anliegen.
Ein Vaterschaftsurlaub sei aus familienpolitischen Gründen angezeigt und sozialpolitisch verträglich, hielt die Kommission fest. Stimmt die Schwesterkommission des Ständerates ebenfalls zu, kann die Nationalratskommission einen Gesetzesentwurf erarbeiten, über den dann das Parlament befindet.