Die meisten non-binären Personen akzeptieren für sich weder «er» noch «sie». Nun gibt es aber nicht eine einzige Alternative, sondern viele – etwa «they» aus dem Englischen, das schwedische «hen» oder «es».
In einem Beispielsatz:
- «They kommt aus Zug. Their Hobby ist Jassen.»
- «Hen kommt aus Zug. Hens Hobby ist Jassen.»
- «Es kommt aus Zug. Sein Hobby ist Jassen.»
«Es» wird von einigen non-binären Personen verwendet, von anderen aber abgelehnt, weil «es» auch als verniedlichend oder abwertend wahrgenommen werden kann. Ausserdem fallen einige sächliche Pronomen mit den männlichen zusammen.
Name als Pronomen
Am üblichsten ist im Deutschen aktuell, dass der Vorname der Person an die Stelle des Pronomens tritt:
«Kim kommt aus Zug. Kims Hobby ist Jassen.»
So will es auch Nemo, die diesjährige Vertretung der Schweiz am Eurovision Song Contest.
Es gibt aktuell also viele verschiedene Vorschläge für genderneutrale Pronomen in der deutschen Sprache.
Dass sich eine Variante bald durchsetzen wird, scheint nicht wahrscheinlich.
Die Krux mit den deutschen Pronomen
Und selbst wenn es zu einer Einigung auf ein bestimmtes genderneutrales Pronomen käme, bliebe die Umsetzung schwierig. Das liegt an der Komplexität des deutschen Flexionssystems. Im Gegensatz zu Sprachen wie Englisch oder Schwedisch hat Deutsch nämlich ein umfangreiches Kasussystem mit vier Fällen (Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ), an die sich die Pronomen anpassen.
Bei den Personalpronomen ist das noch recht einfach zu handhaben: Zu «er/seiner/ihm/ihn» (männlich) und «sie/ihrer/ihr/sie» (weiblich) kommen vier genderneutrale Personalpronomen. Am Beispiel von «xier» wären das «xier/xieser/xiem/xien».
Viele Possessivpronomen
Deutlich komplizierter wird es bei den Possessivpronomen. Aus männlicher (und sächlicher) Perspektive das, jeweils in den vier Fällen, folgende Formen:
- «sein/seines/seinem/seinen» (männlich)
- «seine/seiner/seiner/seine» (weiblich)
- «sein/seines/seinem/sein» (sächlich)
Aus weiblicher Perspektive gibt es noch einmal so viele Possessivpronomen, und auch aus genderneutraler Perspektive braucht es für jedes davon eine Entsprechung. Für den Vorschlag «xier» existieren diese Entsprechungen bereits:
- «xies/xieses/xiesem/xiesen» (männlich)
- «xiese/xieser/xieser/xiese» (weiblich)
- «xies/xieses/xiesem/xies» (sächlich).
Was hier noch fehlt, sind die Possessivpronomen im Bezug auf eine non-binäre Person. Für das «xier»-System wurden folgende Formen vorgeschlagen (wiederum Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ):
- «xiesa/xiesas/xiesam/xiesan»
Und aus männlicher/sächlicher Perspektive «seina/seinas/seinam/seinan» sowie aus weiblicher Perspektive «ihra/ihras/ihram/ihran».
Schwierige Umsetzung
Auch hier ist es nicht fertig mit der Pronomenvielfalt des Deutschen. Hinzu kommen noch die Relativpronomen, welche sich ebenfalls dem Geschlecht anpassen. Ein Beispiel:
«Das ist Josef bzw. Maria, dem/welchem bzw. der/welcher der Hund gehört.»
Auch hier wären genderneutrale Alternativen nötig.
Angesichts dieser Komplexität scheint eine durchgehende Einführung von neuen genderneutralen Pronomen in der deutschen Sprache sehr schwierig. Vielleicht wäre es doch am besten, das sächliche «es» als genderneutrales Pronomen zu verwenden. Denn da wären alle Pronomen-Formen schon bekannt.