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Patient Baum Das Waldsterben geht weiter – doch die Schweiz macht Hoffnung

Das grossflächige Sterben von Bäumen ist und bleibt ein Problem. Was hat sich seit der Waldsterbe-Debatte in den 1980er-Jahren getan?

Die Bilder waren dramatisch: Bäume ohne Nadeln, ganze kahl gefegte Waldflächen. In der ersten Hälfte der 1980er-Jahre grassierte das sogenannte Waldsterben in Deutschland und erfasste auch die Schweiz. Die Hauptursache war damals klar: Luftverschmutzung durch Industrie und Verkehr: der saure Regen.

Die Schweiz reagierte: In Bern wurde eine Sondersession zum Waldsterben einberufen. Zuvor haben vor dem Bundeshaus 20’000 Menschen demonstriert. Forstwissenschaftler Ernst Krebs forderte politischen Druck von der breiten Basis. Im Parlament gab es durchaus Widerstand: Der frühere SVP-Nationalrat Adolf Ogi sprach beispielsweise von einer «Hexenjagd auf Autos und Industrie».

Erfolge und die neue Gefahr

Der damalige Bundesrat Alphons Egli setzte 1985 ein 80-Massnahmen-Paket zur Verbesserung der Luftqualität durch. Massnahmen, wie Katalysatoren, der Entzug von Schwefel aus Treibstoffen und Rauchgaswaschanlagen, waren äusserst erfolgreich.

Doch die Entwarnung war verfrüht. Heute, 40 Jahre später, stehen die Wälder vor neuen, akuten Bedrohungen. Die Folgen der Klimakrise – längere und heissere Sommer – schwächen die Bäume und machen sie anfällig für Schädlinge. Im Aargauer Limmattal überwachen Förster wie Peter Waldner vom Bundesamt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) die Situation an speziellen Messstellen.

Die Messarbeit von ICP Forests

Die Arbeit von Waldner ist Teil des internationalen Programms ICP Forests (International Co-operative Programme on Assessment and Monitoring of Air Pollution Effects on Forests). Diese Organisation wurde vor 40 Jahren aufgrund der Luftverschmutzung gegründet und überwacht heute europaweit an tausenden Stellen den Zustand von Wäldern, Luft und Böden.

So werden beispielsweise Astproben von Bäumen entnommen. Dabei wird dann der Ernährungszustand analysiert. Wichtige Mineralien wie Kalium, Magnesium, Kalzium Phosphor und Stickstoff werden ermittelt. Die Forscherinnen und Forscher nehmen jedoch auch Boden- und Luftproben, um die Belastung durch Schadstoffe zu überwachen.

Das ungelöste Stickstoff-Problem

Obwohl sich die Luftqualität in den meisten Bereichen verbessert hat, gilt die Belastung durch Stickstoff weiterhin als ungelöst. Der Stickstoff, der grösstenteils aus der Landwirtschaft stammt, ist für die Wälder schädlich, wenn er kritische Werte überschreitet.

Saurer Regen – was ist das?

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Saurer Regen ist Niederschlag (Regen, Schnee, Nebel) mit einem pH-Wert unter 5,5 liegt. Verursacht wird er durch Schadstoffe wie Schwefeldioxid und Stickoxide.

In den 1980er Jahren war Saurer Regen ein grosses Thema. Unter anderem litten die Bergseen in der Schweiz unter Versauerung. Der Saure Regen ist heute noch ein Problem in der Schweiz, auch wenn sich die Situation im Vergleich zu den 1980er Jahren verbessert hat.

Die Bergseen erholen sich langsam, aber der Prozess ist noch nicht abgeschlossen und wird durch den Klimawandel und mögliche Kürzungen bei den Massnahmen zur Luftreinhaltung erschwert, heisst es bei IPC-Waters, das seit über vierzig Jahren die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf Oberflächengewässer überwacht.

Fachleute sind sich einig: Es gibt heute zwar bessere Kenntnisse über die Ursachen des Baumsterbens, doch der Zustand des Waldes ist insgesamt fast schlechter als in den 1980er-Jahren. Besonders in weiten Teilen Deutschlands und Tschechiens hat das grossflächige Absterben von Bäumen – etwa durch Borkenkäfer in Folge langer Sommer – zugenommen.

Die robuste Schweizer Waldstruktur

Für die Schweiz gibt es jedoch einen Lichtblick: Durch eine frühe Umstellung auf Naturverjüngung und die Förderung mehrerer Baumarten ist der Schweizer Wald vergleichsweise robuster.

Das Wissen, das durch die 40-jährige Langzeitbeobachtung von ICP Forests gewonnen wird, ist entscheidend. Es erlaubt den Forschenden heute, Verschlechterungen zu erkennen und zwischen normalen Schwankungen und ausserordentlichen Ereignissen zu unterscheiden. Dieses Verständnis ist die Grundlage, um den Wald für die Zukunft zu schützen.

SRF Musikwelle, 31.10.2025, 13:20 Uhr

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