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Welche Datenschutz-Regeln gelten für Wellnessbäder?
Aus Espresso vom 04.10.2023. Bild: Imago Images / Zoonar
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Videoüberwachung Kameras im Wellness-Bereich: Diese Regeln gelten

Eine Besucherin erhält unzureichende Informationen zum Einsatz von Kameras im Saunabereich und ärgert sich – zu Recht.

Ein ungutes Gefühl beschlich eine Frau im Saunabereich des Wellnessbades Fortyseven in Baden (AG). Ob sie hier von Kameras gefilmt wird, fragte sie sich. Und sie stellte anschliessend die Frage den Verantwortlichen schriftlich via Kontaktformular, zusammen mit weiteren Fragen. Diese wurden alle beantwortet, nur die Frage nach der Videoüberwachung wurde ihr wiederholt nicht beantwortet.

Einzig in der Hausordnung findet sie den folgenden Satz zum Thema Videoüberwachung: «Aus Gründen der Sicherheit wird die Anlage teilweise mit Video überwacht.» Und wo genau? Weil ihr das Bad diese Antwort schuldig bleibt, wendet sie sich ans SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».

Kameras am Beckenrand, bei den Kassen und im Parkhaus

Als sich «Espresso» einschaltet, geht es schnell: Fortyseven schreibt auf die Frage nach den Kamera-Standorten: «Prinzipiell da, wo es um sicherheitsrelevante Orte geht. Zum Beispiel in Beckennähe, aber auch im Parkhaus und dort, wo an Kassen gearbeitet wird. Der Saunabereich wird nicht videoüberwacht.»

Warum die Kommunikation mit der Besucherin nicht geklappt hat, bleibt ungeklärt. Das Badener Wellnessbad lässt «Espresso» auch noch wissen, dass die Aufnahmen nur 24 Stunden gespeichert und bei einem Vorfall nur von der Polizei gesichtet würden. Tafeln würden auf Kameras hinweisen.

Migros-Fitnessparks: Schilder und Hinweis in den AGB

Andere Unternehmen lösen die Transparenz bezüglich Videoüberwachung gegenüber Gästen und Mitarbeitenden unterschiedlich. Bei den Fitnessparks der Migros findet man einen Hinweis auf Kameras in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dort heisst es auch: «Garderoben und sanitäre Anlagen werden nicht mit Kameras überwacht.» Jeder Bereich mit Videoüberwachung werde mit einem Schild markiert. Die Dauer bis zur Löschung des Materials variiere zwischen 5 und 30 Tagen. Das Material sichten könne einzig der Sicherheitsdienst der Migros Genossenschaft Zürich.

Was gilt punkto Datenschutz?

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Die Mediensprecherin des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, Silvia Böhlen, sagt, was gilt:

Für einen datenschutzkonformen Einsatz von Videokameras in so sensiblen Bereichen wie Garderoben, Toiletten oder Saunen müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:  

  • Sobald die Intimsphäre tangiert wird, ist die Einwilligung der betroffenen Personen notwendig. Diese muss stets freiwillig erfolgen, d.h. es müssen gleichwertige und zumutbare Alternativen bestehen. Im Umkleidebereich oder im Vorraum einer Toilettenanlage dürfen daher nur Kameras installiert werden, wenn sie nicht die gesamte Anlage erfassen:  Badegäste müssen die Möglichkeit haben, sich umzukleiden, ohne dabei gefilmt zu werden. Dasselbe gilt für die Benutzung von Toiletten. Dies kann bei Garderoben z.B. durch separate Einzelumkleidekabinen oder von den Kameras nicht erfasste Nischen erreicht werden. Diese Alternativen müssen in genügender Anzahl oder Grösse zur Verfügung stehen, sodass deren Benutzung für die Betroffenen zumutbar ist.
  • Eine rechtsgültige Einwilligung setzt zudem voraus, dass die Betroffenen vorgängig angemessen über die Videoüberwachung informiert werden. Sie müssen insbesondere wissen, welche Bereiche einer Anlage überwacht werden und welche Alternativen zur Verfügung stehen. Dies ist am einfachsten durch eine klare und gut sichtbare Kennzeichnung der überwachten Bereiche zu erreichen, ergänzt durch die Information, wo sich alternative Umkleidemöglichkeiten befinden.
  • Der Aufnahmebereich muss sich auf das absolute Minimum beschränken (Grundsatz der Verhältnismässigkeit): Wird z.B. eine Videoüberwachungsanlage zur Verhinderung und Ahndung von Einbrüchen in Garderobenschränken betrieben, so darf auch nur dieser Bereich gefilmt werden. Ein weiter reichender Aufnahmewinkel wäre hingegen unverhältnismässig und daher nicht zulässig.
  • Bei Videoüberwachungen in sensiblen Bereichen können (softwarebasierte) Privacy-Filter verwendet werden, die verhindern, dass diejenigen Personen, welche sich korrekt verhalten, auf den Bildern zu erkennen sind. Im Ereignisfall können die relevanten Bilder unverpixelt wieder hergestellt werden. Daher schmälert eine solche Massnahme die Zweckmässigkeit der Videoüberwachung nicht.
  • Besteht z.B. bei Toilettenkabinen ein Vandalismusproblem, so muss eine Videoüberwachung auf den Vorraum beschränkt und höchstens so eingestellt werden, dass die Benutzer der Toilette beim Betreten und Verlassen der jeweiligen Kabine gefilmt werden. So kann im Ereignisfall festgestellt werden, wer zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte Kabine benützt hat. Eine weiter in die Intimsphäre eingreifende Überwachung ist hingegen nicht zulässig.

Zurzach und Scuol: unterschiedliche Handhabung der Information

Bei den Thermen Zurzach erfährt man in der Hausordnung, dass einzelne Bereiche videoüberwacht sind. Welche, muss der Gast selbst erfragen. «Espresso» erhält die Antwort, dass der Eingangsbereich, das Thermalbad-Becken und die Fitnessfläche mit Kameras überwacht würden. Schilder würden darauf hinweisen.

«Espresso» ist an Ihrer Meinung interessiert

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Im Bogn Engiadina in Scuol können Interessierte zusätzlich das Reglement verlangen, in welchem ausführlich jegliche Regelungen zur Videoüberwachung aufgeführt sind. Dort findet man auch jede einzelne Kamera des Areals mit Ortsangabe. Bogn Engiadina lässt «Espresso» wissen, das Konzept sei mit dem kantonalen Datenschutzbeauftragten abgesprochen.

Espresso, 4.10.2023, 8:10 Uhr

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