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Täuschend echt – Das Milliardengeschäft mit Fake-Ware
Aus Kassensturz vom 05.03.2024.
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Gefälschte Markenartikel Mehr Fakes durch Online-Käufe: Diesen Schaden richten sie an

Immer mehr gefälschte Produkte gelangen in die Schweiz. Der Zoll beschlagnahmt jährlich über 8000 verdächtige Päckchen.

Im Paketpost-Zentrum Mülligen bei Zürich landen jeden Tag zig tausend Päckchen aus dem Ausland. Die meisten kommen aus Asien, per Flugzeug. Vieles ist Billigware, längst nicht alles sind Fälschungen.

Solche aufzuspüren, ist die Aufgabe der Fachleute vom Zoll. Im riesigen Postgebäude machen sie Jagd auf Fälschungen. Man müsse sich dabei auf Stichproben beschränken, erklärt Tanja Brunner, Leiterin des Zürcher Zolls: «Ein grosser Anteil geht an uns vorbei. Aber wir geben unser Bestes, um die richtigen Pakete auszusortieren.»

Ob es tatsächlich eine Fälschung ist, entscheiden die Zollfachleute nicht. Das macht die Firma, welche die Markenrechte besitzt. Der Zoll hält die Waren zurück und informiert die Markeninhaber. Die Zahl der zurückbehaltenen Waren hat sich innert wenigen Jahren mehr als verdoppelt: von 2905 im Jahr 2019 auf 7964 im Jahr 2022.

Louis Vuitton und Co. bitten zur Kasse

Wenn die Markeninhaber das beschlagnahmte Produkt als Fälschung taxieren, kommen die Fake-Besteller unter Umständen an die Kasse. Bei der Redaktion von «Kassensturz/Espresso» melden sich immer wieder Betroffene, welche von Anwälten von Louis Vuitton und Co. Schadenersatzforderungen erhalten haben.

Diese Aufwandsentschädigungen für den Markenschutz sind allerdings oft zu hoch angesetzt. Wer Fälschungen nicht bloss zum Eigenbedarf, sondern zum Weiterverkauf importiert, macht sich strafbar. Je nach Deliktsumme kann eine Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe in Millionenhöhe drohen.

Big Business mit Fälschungen

Sneakers, Handtaschen, Gartenscheren oder Autoersatzteile: kopiert wird alles, was Geld bringt. Das Milliardengeschäft mit Produktfälschungen boomt. Die meisten Fälschungen stammen aus China. Qualitativ seien zum Beispiel gefälschte Turnschuhe oft genauso gut wie die Originale, verrät ein Insider, welcher chinesische Fabriken besucht hat.

Diese produzieren täglich zigtausende von Fake-Schuhen. Der Insider betont: «Viele Mitarbeiter sind echte Spezialisten, die früher für die Originalhersteller gearbeitet haben. Sie nutzen ihr Wissen und stellen jetzt die Fälschungen her.»

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Insider: «Viele Mitarbeiter sind echte Spezialisten»
Aus Kassensturz vom 05.03.2024.
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Aber es sei nicht so, wie manche vermuten, dass die Fakes aus den Originalfabriken stammten und da heimlich nebenher produziert würden. Dafür sei schon die produzierte Menge an gefälschten Schuhen viel zu gross, die Tag für Tag an Kunden rund um den Globus geschickt werde.

Auch Schweizer KMU von Fälschungen betroffen

Unter den chinesischen Fakes leiden nicht nur internationale Luxusmarken, sondern auch Schweizer KMU. So wie die Neuenburger Firma Felco. Seit knapp 80 Jahren produziert sie Gartenscheren für Kunden in weltweit über 120 Ländern. Auch sie ist Opfer von chinesischen Fälschungen.

Die Fälschungen schädigen aber auch unserem Image und noch wichtiger: Hier werden Menschen betrogen.
Autor: Nabil Francis Geschäftsführer Felco

Der Schaden gehe in die Millionen, verrät der Geschäftsführer Nabil Francis: «Uns entgehen schlicht Verkaufseinnahmen. Die Fälschungen schädigen aber auch unser Image und noch wichtiger: Hier werden Menschen betrogen. Sie glauben, dass sie ein Original gekauft haben, in Wirklichkeit arbeiten sie aber mit einer plumpen Fälschung von schlechter Qualität.»

Fälschungen gefährden tausende von Schweizer Arbeitsplätzen

Die gefälschten Gartenscheren werden auf Online-Plattformen wie e-Bay oder Amazon angeboten. Im Gebrauch fliegt das Plagiat schnell auf. Die Betrogenen melden sich dann bei Felco. Erst so bekommt das Unternehmen überhaupt Wind von den Fälschungen. Zusammen mit Amazon geht die Neuenburger Firma gegen die Kriminellen vor.

Es geht auch um Arbeitsplätze in der Schweiz. Das Institut für geistiges Eigentum (IPI) schätzt, dass im Jahr 2023 11'000 Schweizer Arbeitsplätze den billigen, ausländischen Fakes zum Opfer gefallen sind. Die illegale Konkurrenz bedeutet gemäss IPI ausserdem Steuerausfälle von rund 188 Millionen Franken (Schätzung für 2023).                          

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Designer-Fälschungen – So funktioniert das illegale Business mit Fakes
Aus Impact vom 10.01.2024.
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Lebensgefährliche Fakes

Plagiate können auch gefährlich sein. Mercedes-Benz zum Beispiel warnt Online-Käufer vor gefälschten Bremsbelegen. Auf dem Prüfstand zeigt sich, dass die Fälschungen bei hoher Belastung überhitzen und deutlich schlechter bremsen als die Original-Bremsbeläge.

Gefährlich kann es auch beim Velofahren werden. Auf einer chinesischen Internetplattform kostet ein gefälschter Velohelm der Marke «Abus» rund 30 Franken. Das Original ist über sechsmal so teuer. Optisch unterscheiden sich die beiden Helme kaum. Doch der Belastungstest im Labor zeigt: Bei einem Sturz schützt das Plagiat den Kopf praktisch nicht.

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Peter Studer, Institut für geistiges Eigentum: «Fast 9% der global gehandelten Waren sind Fälschungen»
Aus Kassensturz vom 05.03.2024.
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Espresso, 05.03.24, 08:10 Uhr

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