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Ist das Weihnachtsessen wirklich freiwillig?
Aus Espresso vom 14.12.2023. Bild: Imago / Shotshop
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Weihnachtsessen als Zwang «Darf mich mein Chef ans Weihnachtsessen zwingen?»

Sind Weihnachtsessen nach Feierabend nicht freiwillig, handelt es sich rechtlich um Überstunden.

Eine «Espresso»-Hörerin arbeitet in einer Firma mit Schichtarbeit – im Verkauf in der Textilbranche. Nun wurde sie am Tag der Weihnachtsfeier im Dienst eingetragen bis um 20 Uhr. Für sie war klar, so wird sie nicht am Anlass teilnehmen können. Doch jetzt möchte ihr Chef, dass sie mitkommt, früher die Arbeit niederlegt und sogar 2.5 Stunden Minus schreibt. Eine Stundenlöhnerin könne für sie an diesem Tag den Abschluss machen. «Er sagt, er dürfe mich sogar dazu zwingen. Darf er das wirklich?», möchte die Hörerin von «Espresso» wissen.

Keine Teilnahmepflicht

Grundsätzlich gilt: Findet das Weihnachtsessen ausserhalb der Arbeitszeit statt, gibt es für Angestellte aus arbeitsrechtlicher Sicht keine Teilnahmepflicht. Sind Weihnachtsessen nach Feierabend nicht freiwillig, handelt es sich rechtlich um Überstunden. Diese müssen geleistet werden, wenn sie für den Betrieb notwendig und für die Mitarbeitenden zumutbar sind. Sieht der Arbeitsvertrag nichts anderes vor, kommt das Gesetz zur Anwendung: Überstunden können entweder durch Freizeit kompensiert werden oder sind mit einem Lohnzuschlag von 25 Prozent zu vergüten.

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Ausnahmefall

Wenn eine Weihnachtsfeier während der üblichen Arbeitszeit stattfindet, dann kann die vorgesetzte Person die Mitarbeitenden im Rahmen ihres Weisungsrechtes zur Teilnahme verpflichten. In solchen Fällen ist die Teilnahme nicht freiwillig und die zusätzlich geleistete Arbeitszeit muss vom Arbeitgeber vergütet werden. Dies wäre beispielsweise so, wenn ein Weihnachtsessen in einem formalen Rahmen stattfindet, auch Kunden eingeladen sind und die Mitarbeitenden Aufgaben zu erfüllen haben. Führen Arbeitnehmende jedoch gute Argumente vor, warum sie an diesem Tag nicht dabei sein können, so darf sie der Chef grundsätzlich nicht zwingen. Vor allem gesundheitliche Gründe kommen infrage, aber auch familiäre Verpflichtungen. Allenfalls muss die Abwesenheit mit einem Arztzeugnis belegt oder ein freier Tag eingegeben werden.

Spesenregelung im Zusammenhang mit dem Firmenanlass

Findet der Anlass am Abend statt, so ist er grundsätzlich «freiwillig», weshalb die Angestellten auch weder Überstunden noch zusätzliche Wegspesen verlangen dürfen. Wird die Weihnachtsfeier während der Arbeitszeit durchgeführt und findet der Anlass nicht im Betrieb statt, so haben die Angestellten Anspruch auf die Wegspesen und können die für die Anreise zusätzlich benötigte Zeit als Arbeitsweg aufschreiben.

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Rechtsexpertinnen Raphaela Reichlin und Gabriela Baumgartner
Legende: Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin Quelle: SRF Oscar Alessio / Roberto Crevatin

Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten.

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Freiwillige Teilnahme für das gute Arbeitsklima

Wer an Weihnachtsessen oder ähnlichen Firmenanlässen ohne nachvollziehbaren Grund nicht teilnimmt, drückt damit auch mangelnde Wertschätzung gegenüber dem Unternehmen und wenig Interesse an den Kolleginnen und Kollegen aus. Beides wird sich kaum positiv auf die Stimmung auswirken.

Fazit zum Fall:

Die «Espresso»-Hörerin muss die Aussagen ihres Chefs nicht akzeptieren. Arbeitet sie ihre Schicht bis 20 Uhr und bleibt dem Weihnachtsessen sodann fern, muss ihr der Chef ihre Arbeitsstunden vollumfänglich bezahlen. Verpflichtet er sie zur Teilnahme, so könnte die Hörerin Überstunden geltend machen.

Espresso, 14.12.23, 8:10 Uhr

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