Zum Inhalt springen
Audio
Schenken juristisch betrachtet
Aus Espresso vom 22.12.2022. Bild: Imago Images
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 51 Sekunden.

Schöne Bescherung «Darf ich das Weihnachtsgeschenk weiterverschenken?»

Eine singende Zipfelmütze, eine Kitschvase aus dem Ramschladen oder ein Gutschein für einen Iglubau-Kurs, der in einer Woche abläuft. Mit solchen Gaben kommt unter dem Christbaum keine Freude auf. «Espresso» sagt, ob ungeliebte Geschenke verkauft, weiterverschenkt oder zurückgegeben werden dürfen.

Alle Weihnachtsgeschenke sind besorgt und eingepackt. Aber, haben Sie sich auch überlegt, welche Folgen es hat, wenn Sie schenken und beschenkt werden? Nein? Dann lesen Sie die folgenden Erläuterungen zur Rechtslage, bevor Sie etwas unter den Baum legen oder Päckli öffnen.

Schenken, juristisch betrachtet

Schenken begründet beidseitige Rechte und Pflichten. Durch das Schenken einer Sache kommt ein Vertrag zustande, ein Schenkungsvertrag (Artikel 239 OR).

Alle Rechtsfragen

Box aufklappen Box zuklappen
Rechtsexpertinnen Raphaela Reichlin und Gabriela Baumgartner
Legende: Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin Quelle: SRF Oscar Alessio / Roberto Crevatin

Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten.

Falls auch Sie eine Frage haben, schreiben Sie uns.

Im Gesetz wird der Austausch von Gegenständen als «Schenkung von Hand zu Hand durch Übergabe der Sache vom Schenker an den Beschenkten» definiert. Übergibt am Weihnachtsfest beispielsweise der Sohn seiner Mutter Pralinés und nimmt von ihr ein Paar Socken entgegen, kommt rechtlich gesehen je ein Schenkungs-Vertrag zustande. Helle Freude oder warme Worte des Dankes sind angebracht, gesetzlich aber nicht vorgeschrieben.

Nun mögen Socken und Süssigkeiten nicht besonders originell sein, gut gebrauchen kann man sie allemal. Was aber, wenn ein Geschenk weder gefällt noch passt?

  • Darf man ein Geschenk ablehnen? Ja. Der Schenkungsvertrag kommt erst mit der Annahme des Geschenkes zustande. Nun sieht man einem hübsch verpackten Weihnachtsgeschenk von aussen nicht unbedingt an, worauf man sich einlässt. Ob eine beschenkte Person das Geschenk nach dem Auspacken ablehnen darf, ist unklar. Das Bundesgericht hatte diese Frage noch nicht zu beurteilen. Statt ein Geschenk abzulehnen, was als arger Undank interpretiert werden dürfte, stehen andere Möglichkeiten offen, es wieder loszuwerden.
  • Darf man Geschenke weiter verschenken? Ja. Im Moment der Übergabe des Geschenks wird die beschenkte Person Eigentümerin. Im obigen Beispiel der Sohn zum Eigentümer der Socken und die Mutter zur Eigentümerin der Pralinés. Ab diesem Moment dürfen die beiden über Socken und Schokolade nach freiem Belieben verfügen. Sie dürfen ihre Geschenke verwenden, weiterschenken, auf einer Plattform verkaufen oder vernichten. Aber aufgepasst: Geschenke auf Onlineplattformen oder sozialen Medien zu verscherbeln, kann die familiären Beziehungen strapazieren.
  • Darf man Geschenke weiterverkaufen? Ja. Die rechtliche Begründung lesen Sie in den obigen Antworten. Vorschriften zur Preisgestaltung gibt es keine.
  • Darf man Geschenke zurückgeben? Nein. Einmal angenommen, wird die beschenkte Person Eigentümerin des Geschenkes. Das Gesetz sieht kein Rückgaberecht vor. Das bedeutet: Die beschenkte Person müsste das Geschenk der Schenkerin zurückschenken. Dieser Vertrag käme allerdings nur zustande, wenn diese das Geschenk auch annimmt. Das Zurückschenken birgt ebenfalls Konfliktpotential. Besser: Weiterschenken, verkaufen, ins Brockenhaus bringen oder gleich entsorgen.

Darf man ein Geschenk zurückverlangen?

Box aufklappen Box zuklappen

Nein. Nach der Übergabe des Geschenkes gibt es kein Zurück mehr. Wer sich einen gewissen Spielraum offenhalten möchte, muss sein Geschenk bei der Übergabe mit einer Bedingung versehen. Die Mutter könnte ihrem Sohn zum Beispiel Geld schenken, damit er sich daraus Socken kaufen kann. Stellt sich später heraus, dass er sich mit dem Geld Haargel gekauft und die Bedingung damit nicht erfüllt hat, kann die Mutter das Geld zurückverlangen. Allerdings gibt es hier eine Ausnahme: Verlobungsgeschenke können zurückverlangt werden, wenn die Verlobung aufgelöst wird (Zivilgesetzbuch, Artikel 91).

  • Darf man ein Geschenk in den Laden zurückbringen? Nein. Beim Kaufvertrag gilt das Gleiche wie beim Schenkungsvertrag. Es gibt im Gesetz kein Rückgaberecht. Viele Läden sind allerdings aus Kulanz bereit, originalverpackte Geschenke zurückzunehmen, verlangen aber meist die Kauf-Quittung. Wer von der Schenkerin oder dem Schenker die Quittung verlangt, sollte sein Anliegen nachvollziehbar begründen können. Sonst gibt’s nächste Weihnacht vielleicht kein Geschenk mehr.

Espresso, 22.12.22, 08:13 Uhr

Meistgelesene Artikel