Tschechien ist eine stolze Eishockey-Nation. Zwar liegen die ganz grossen Zeiten – 1998 in Nagano holte man Olympia- und von 1999 bis 2001 drei Mal in Serie WM-Gold – schon eine ganze Weile zurück. Die Faszination und Leidenschaft für den Eishockeysport ist bei der Bevölkerung deswegen aber nicht abgeebbt.
Mittlerweile wartet Tschechien seit 14 Jahren auf den 13. WM-Triumph (6 der bisherigen 12 als Tschechoslowakei). Es gibt kaum einen besseren Zeitpunkt, diese Durchstrecke zu beenden, als bei der Heim-WM in diesem Jahr. Doch ist das realistisch? Das und mehr haben wir Zdenek Janda gefragt.
SRF Sport: Tschechien ist mit 2 Siegen und 5 Punkten gegen Finnland und Norwegen in die WM gestartet. Wie lautet Ihr erstes Fazit?
Zdenek Janda: Nach den 3 Niederlagen beim letzten Turnier der Euro Hockey Tour in Brünn wusste niemand so richtig, was man von Tschechien an der WM erwarten konnte. Die beiden Siege zum Start sind ein gutes Zeichen. Man kann zufrieden sein, wie es bisher gelaufen ist.
Trainer Radim Rulik hat auf einige NHL-Spieler, die zur Verfügung gestanden hätten, verzichtet. Besonders die Nicht-Nominierung von Jakub Vrana (209 Skorerpunkte in 367 NHL-Spielen) überrascht. Ist dieses WM-Kader gut genug für eine Medaille?
Bei einer WM geht es nicht zwingend darum, das Team zu haben, das auf dem Papier am stärksten aussieht. Die Mannschaft muss funktionieren, es geht auch um Teambildung. Der Trainer hat entschieden, dass er hauptsächlich auf jene Spieler zählen will, die bereits unter dem Jahr oft zusammengespielt haben. Und ein paar wenige NHL-Spieler sind ja doch dabei, darunter mit Ondrej Palat, Jan Rutta und Michal Kempny auch 3 Stanley-Cup-Sieger mit sehr viel Erfahrung.
Stichwort Erfahrung: Roman Cervenka hat gegen Norwegen sein 200. Spiel für Tschechien absolviert. In der Schweiz hat er sich längst einen Namen als Top-Ausländer gemacht. Welchen Status hat der 38-Jährige in seinem Heimatland?
Lange Zeit war Cervenka in Tschechien bei den Fans und auch bei vielen Journalisten der Sündenbock bei Misserfolgen. Immer wenn es wichtig war, performte er nicht und zeigte keinen Charakter. Das Blatt wendete sich aber an der WM 2022 in Finnland, als Cervenka Tschechien als überragender Captain zum Bronze-Gewinn führte. An diesem Turnier wurde er als bester Stürmer ausgezeichnet. Das veränderte alles. Seither geniesst er in der Heimat grosses Ansehen.
Die tschechischen Fans strömen in Prag ins Stadion, die Euphorie an der Heim-WM ist gross. Wie weit muss das Team kommen, damit die Bevölkerung mit dem Turnier zufrieden ist?
Schwer zu sagen. Die Fans in Tschechien wissen, wie schwierig es ist, Weltmeister zu werden. Sie würden sich die Goldmedaille natürlich wünschen, aber ich glaube, sie sind auch realistisch. Eine Medaille, egal welche Farbe, wäre schon grossartig für uns. Das Wichtigste ist ohnehin die Attitüde: Wenn die Leute sehen, dass unsere Spieler alles gegeben haben, ist auch eine Niederlage ok.
Am Montag kommt es zum Duell mit der Schweiz. Wie wird das Schweizer Team in Tschechien wahrgenommen?
Vor 10 bis 15 Jahren galt die Schweiz bei uns als leichter Gegner. Dieses Bild hat sich inzwischen komplett verändert. Mittlerweile schätzen wir die Schweiz als Topteam ein, so wie Kanada, Schweden oder Finnland. Das wird am Montag ein grosser Test für Tschechien.
Auf welche Schweizer Spieler fokussieren sich die tschechischen Medien am meisten?
Auf Roman Josi und natürlich Andres Ambühl. Dieser Typ ist unglaublich, eine Legende. Er wird wohl für immer spielen.