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Kreativer nach Nickerchen
Aus Wissenschaftsmagazin vom 22.01.2022. Bild: Imago images
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Ideengeber Unterbewusstsein Kurze Nickerchen machen uns kreativer

Im Moment des Einschlafens stossen Bewusstsein und Unterbewusstsein aufeinander. Das lässt sich nutzen.

Edison gilt als einer der einfallsreichsten Köpfe seiner Zeit. Die Glühbirne, die Phonographenwalze oder der Drehrohrofen sind nur drei seiner über 100 bekannten Erfindungen.

Wie kam der Erfinder Thomas Alva Edison auf so viele gute Ideen?

Von Edison wird kolportiert, dass er seine Kreativität mit einer besonderen Technik steigerte: Er machte regelmässig in einem Sessel kurze Nickerchen – mit einer Metallkugel in der Hand.

Sobald der Schlaf ihn übermannte, entspannten sich seine Muskeln und die Kugel viel krachend zu Boden. Vom Geräusch gleich wieder aufgeweckt, konnte er sich dann an das erinnern, was in seinem Geist noch im Moment des Einschlafens vorgegangen war. So will er viele Lösungen für Probleme gefunden haben, die ihn gerade beschäftigten.

Was passiert am Rande des Schlafs?

In der Phase des Einschlafens verliert das kontrollierende Bewusstsein seinen Fokus. Dadurch können Bilder und Ideen aus dem Unterbewusstsein in unsere Wahrnehmung treten. Das ist wie eine Art Tagträumerei. Normalerweise vergessen wir diese Bilder gleich wieder, wenn danach eine tiefere Schlafphase folgt. Wird aber das Einschlafen unterbrochen, bleiben Teile aus dem Unterbewussten im Bewusstsein gewissermassen haften. So kommen neue Ideen an die Oberfläche.

Ist das Unterbewusstsein kreativer?

Kognitionsforscher der Pariser Sorbonne, haben in Experimenten Folgendes beobachtet: Beim Abarbeiten einer langen Reihe spezieller Rechenaufgaben erkannten nur 30 Prozent der Probanden, dass sie mit einem simplen Trick viel schneller zu einer Lösung kommen könnten.

Bei anderen Versuchsteilnehmern, die zwischendrin Edisons Kurzschlaf-Technik einsetzten, stieg diese Quote auf 80 Prozent, lag also fast drei Mal so hoch. Der kurze Kontakt mit dem Unterbewusstsein steigert den Erkenntnissen nach also durchaus die Chance, eingefahrene, regelkonforme Denkbahnen zu verlassen und neue Zusammenhänge zu erkennen.

Helfen Nickerchen direkt weiter?

Wer die Methode des Kurzschlafs als Kreativitäts-Booster nutzen will, sollte nicht ständig eindeutige „Ich hab’s“-Heureka-Momente unmittelbar nach dem Aufwachen erwarten.

Nach den Beobachtungen von Hirnforschern ist der Erkenntnisprozess, der sich durch das Mischen von bewussten und unterbewussten Denkmustern ergibt, ein subtiler. Die Ideen, die beim kurzen Abschalten und Reaktivieren des Geistes entstehen, brauchen zuweilen ihre Zeit: Das Bewusstsein muss die intuitiven, im Schlaf gefundenen Lösungen erst einmal selbst überprüfen und gewissermassen als die seinen akzeptieren. Erst dann wird es damit weiterarbeiten.

Dass eine Idee ursprünglich aus dem Unterbewusstsein kam, wird man nur in seltenen Fällen noch eindeutig nachvollziehen können.

Wissenschaftsmagazin, 22.01.2022, 12:40 Uhr

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