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Technik Curiosity bohrt den Mars an

Bisher ging der Mars-Rover Curiosity vor allem mit «Schüüfeli und Bäseli» ans Werk. Jetzt hantiert er auch mit dem Bohrer. Autonom aber immer in Rücksprache mit seinem Meister fährt der Roboter seit einem halben Jahr über den roten Planeten und sucht unter anderem nach Spuren von Leben.

Curiosity kann wischen, sieben, löffeln und aufkehren. Und wenn der Mars seine Substanz nicht locker hergibt, bohrt Curiosity auch. Nach einer ersten Probebohrung vergangene Woche hat das Mars-Mobil der Nasa seinen Drehschlagbohrer am Wochenende zum ersten Mal richtig angesetzt. Mit bis zu 30 Schlägen pro Sekunde hat der Rover ein 1,6 Zentimeter breites und 6,4 Zentimeter tiefes Loch in einen Marsstein gebohrt.

Mars-Rover Curiosity
Legende: Der Mars-Rover Curiosity fährt seit einem halben über den roten Planeten. Sein kostbarstes Werkzeug: der Roboterarm. Nasa

Das pulverisierte Material hat er anschliessend aufgelöffelt und sorgfältig portioniert in seine zwei Bordlabore rieseln lassen. Denn Curiosity mag zwar auf den ersten Blick mit seiner einäugigen Kamera und dem zwei  Meter langen Arm wie ein putziger Sci-Fi-Roboter auf sechs Rädern aussehen. Doch ist er vor allem eins: ein hoch spezialisiertes, rollendes Labor, das Marsproben röntgen, verdampfen und chemisch analysieren kann.

Autonom aber zurückhaltend

Vier bis fünf Mal täglich steht der Rover mit seiner Bodenbesatzung des Jet Propulsion Laboratory im kalifornischen Pasadena in Kontakt. Er schickt Fotos und Daten chemischer Analysen zur Erde. Die Nasa-Ingenieure füttern ihn im Gegenzug mit neuen Instruktionen, die ihm autonome Entscheidungen ermöglichen sollen. So kann Curiosity anhand von selbst geschossenen Fotos entscheiden, ob ein Hindernis auf seinem Weg bloss eine leicht zu überquerende Erhöhung ist oder ein Stein, der den Rover und seine Instrumente beschädigen könnte und daher besser zu umfahren ist.

Ist der Mars-Rover unsicher, bleibt er stehen und fragt seine Steuer-Crew auf Erden, was er tun soll. Der Rover ist auf grosse Zurückhaltung programmiert. Das Risiko, das wertvolle Gerät zu Schrott und damit die 2,5 Milliarden teure Mars-Mission gegen die Wand zu fahren, will das Curiosity-Team nicht eingehen. Seine Aufgabe sei es in erster Linie, Pessimist zu sein, sagt etwa Paolo Bellutta, einer der Ingenieure, die den Rover von Pasadena aus fernsteuern. Denn schnelle Befehle sind nicht möglich: Die Distanz zwischen Erde und Mars verzögert die Kommunikation erheblich. Zwischen 5 und 20 Minuten – je nach Position des Mars' – braucht eine Mitteilung.

Curiositys Doppelgänger

Curiosity hat zwei Doubles

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Der eine Doppelgänger hat exakt dieselben wissenschaftlichen Instrumente an Bord wie das echte Marsmobil und testet die Machbarkeit der Einsätze. Wird hingegen die Manövrierfähigkeit von Curiosity auf schwierigem Gelände getestet, greifen dei Ingenieure auf einen Doppelgänger zurück, der dasselbe Radsystem und Fahrgestell wie Curiosity hat.

Paolo Bellutta hat bereits an den beiden früheren Marsmobil-Missionen, Spirit und Opportunity mitgearbeitet. Bei Curiosity ist er für das Fahren und den Arm des Rovers verantwortlich. In den sechs Monaten, seit Curiosity nun über den Mars zuckelt, habe er ein richtig inniges Verhältnis zu dessen Arm entwickelt, schmunzelt Paolo Bellutta. Er sei mittlerweile wie eine Prothese, die in 300 Millionen Kilometern Entfernung seine Befehle ausführe.

Jeder unfreiwillige Bodenkontakt könnte den Arm für immer beschädigen und die Mission gefährden. Denn reparieren lässt er sich nicht. Paolo Bellutta und sein Team üben deshalb jeden Befehl, den sie Curiosity übermitteln möchten, zuerst mit einem irdischen Doppelgänger. In einer riesigen Werkhalle, dem Mars Yard, erklimmt Curiositys Double von Menschenhand arrangierte Hügel und Dünen, rattert über unsicheren Boden, schwenkt seinen Arm, bohrt und schaufelt, was das Zeug hält, um zu prüfen, was das Original verträgt.

Ist es ein Er oder eine Sie?

Bisher hat alles gut funktioniert. Curiosity ist unversehrt und hat seit der spektakulären Landung im vergangenen August bis zu seiner ersten Bohr-Aktion alle seine Abenteuer schadlos überstanden. Behütet und gesteuert von Erdlingen, die in ihm längst mehr sehen als den grössten und raffiniertesten Roboter, den die Menschheit je auf einen Planeten geschickt hat. Es gebe immer wieder Diskussionen in seinem Team, ob Curiosity denn nun eine Sie oder ein Er sei, sagt Paolo Bellutta. Er finde die Diskussion müssig. Denn für ihn sei klar: Curiosity ist weiblich. Keine Frage.

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