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Bad News im Marketing Werbung mit Nazi-Verbrechen? Dann doch lieber der Louvre-Raub

Manchmal liefern schlechte Nachrichten guten Stoff für Werbung. Marketing-Ideen können aber auch in die Hose gehen.

Provokant, aber nicht verletzend. Lustig, aber nicht «haha»-lustig. Pfiffig, aber nicht flach. In der Werbebranche sind kreative Köpfe gefragt – mit dickem Fell. Denn wenns schiefgeht, droht ein Shitstorm.

Besondere Fallstricke lauern, wenn Werbung das aktuelle Geschehen aufgreift. Wer verwertet, was viral geht, kriegt aber auch Publicity. Neustes Beispiel: Ein augenzwinkernder Instagram-Post über den spektakulären Raub im Louvre-Museum.

Timing ist alles – für Einbrecher und für Werber

Moralisch verwerflich, aber professionell durchgezogen: Die Verbrecherbande von Paris versteht ihr Handwerk. Gelungen ist der Coup mit einem Wagenlift der deutschen Firma Böcker. Sie zeigt sich doch ein bisschen stolz:

Der Kommunikations- und Werbeprofi David Schärer zieht den Hut. Das Unternehmen schaffe es, auf der Aufmerksamkeitswelle zu reiten. Obs lustig ist, liegt im Auge des Betrachters. Beim Raub ging nämlich kulturelles Erbe verloren. Schärers Fazit: In Deutschland geht das, in Frankreich sollte man es lassen.

Mazda-Werbung mit Postraub
Legende: 1997 erbeuteten Diebe 53 Millionen Franken in der Zürcher Fraumünster-Post. Der «Postraub des Jahrhunderts» animierte einen japanischen Autohersteller zu humoristischen Höhenflügen. Keystone/Michele Limina

«Frauen in die Küche» – am Weltfrauentag

«Humor ist per se Grenzüberschreitung», sagt der Werbeprofi. «Es geht darum, den richtigen Ton zu treffen. Sonst setzt man sich dem Vorwurf aus, empathie- oder pietätslos zu sein.» Wie man Geschmacksgrenzen überschreitet, zeigte Burger King vor vier Jahren – anlässlich des Weltfrauentags:

Tweet
Legende: «Frauen gehören in die Küche.» Mit dem Spruch sind zwei Dinge sicher: Aufmerksamkeit. Und ein Shitstorm. Screenshot X (früher Twitter)

Ein Aufschrei ging durchs Netz ... dabei wollte man ja «nur» sagen, dass es mit der Gleichstellung noch weit her sei. Denn nur 20 Prozent der Köche seien Frauen.

Screenshot X (früher Twitter)
Legende: Die Tweets waren Teil einer Kampagne, um den Frauenanteil im Unternehmen zu erhöhen. Das Problem: Der Auftakt-Tweet verbreitete sich wie ein Lauffeuer – die Erklärung las kaum jemand. Screenshot X (früher Twitter)

Nicht nur Werbeprofis wissen: Witze, die man erklären muss, sind schlecht. Ein kleiner Trost: Auch andere Unternehmen haben Frauen (und Kinder) schon in den Dienst des Mannes gestellt. Damals war das allerdings noch «zeitgemäss».

«Na schmeckt's»: Einblicke in einen verrauchten Haushalt

Poulet zum Gedenken ans Pogrom

Trittsicher ins Fettnäpfchen trat auch Kentucky Fried Chicken (KFC). Am 9. November 2022 schickte der Fast-Food-Riese eine unappetitliche Botschaft an seine deutschen Kunden:

Tweet von KFC
Legende: Die Nachricht verbreitete KFC über seine Liefer-App – am Jahrestag der 1938 vom NS-Regime orchestrierten Gewaltakte gegen Juden. Screenshot X (früher Twitter)

Die Entschuldigung folgte auf dem Fuss: Es handelte sich um «einen Fehler im System.» Ob der Urheber einen Geschichtskurs besuchen musste, ist nicht überliefert.

Tweet von KFC
Legende: Screenshot X (früher Twitter)

Die Uhr, die Leben rettet

In die Kategorie Bad News gehört auch die Frau, die nach einem Unfall im Auto eingeklemmt ist. Genauso wie der Paddle-Boarder, der von der Strömung aufs offene Meer getrieben wird. Oder der Bauer, der schwerverletzt in einer Grube liegt. Sie alle rufen verzweifelt den Notruf an – über ihre Apple Watch.

«911»: Apples traumatischer Produkt-Launch

Die Anrufe waren echt. Apple verwertete sie in einem dramatischen Werbespot. «Mit Hilfe ihrer Uhr wurden Jason, Jim und Amanda in wenigen Minuten gerettet», heisst es am Ende. Die unausgesprochene Botschaft: Ohne Apple Watch wären sie gestorben. Der Techkonzern ist bekannt für emotionale Kampagnen. An dieser schieden sich die Geister.

Ab nach Hawaii – um alles zu vergessen

Der Kiss-Cam-Skandal ist eines der News-Ereignisse des Jahres. Zumindest, was den Lärmpegel im Netz angeht. Während eines Coldplay-Konzerts in Boston flog die heimliche Affäre zwischen einem Manager und der Personalchefin eines Unternehmens auf. Das Video ging viral. Beide verloren ihren Job. Und der CEO seine Frau.

Nichts wie weg, fand die österreichische Charter-Fluggesellschaft Globe Air: «Die schnellste Flucht nach einem Coldplay-Konzert: Von Boston nach Hawaii für 98'500 Euro.» Den Clip haben 650'000 Menschen gelikt. Die wenigsten von ihnen dürften sich den Flug leisten können.

SRF 4 News, 29.10.2025, 8:10 Uhr;liea

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