Nach der Machtübernahme in Afghanistan wollen die Taliban das Land auch offiziell auf der UNO-Bühne vertreten. Doch diese Woche hat der zuständige Ausschuss den Entscheid vertagt, die Taliban bei der UNO zu akzeptieren.
Das weckt Erinnerungen. Schon während ihrer ersten Herrschaft wollten die Taliban an der UNO vertreten sein, doch die Vereinten Nationen vertagten den Entscheid Jahr um Jahr.
Früherer Taliban-Botschafter ohne Erfolg
Abdul Hakim Mujahid wurde 1997 von der früheren Talibanregierung in die USA entsandt, um sie an am UNO Hauptsitz in New York zu repräsentieren. Er lebte vier Jahre in New York, bis das Talibanregime 2001 gestürzt wurde. «Ich versuchte Beziehungen mit den USA und der UNO aufzubauen, ohne aber an der UNO akkreditiert zu sein», sagt der heute in Kabul lebende Rentner.
Dasselbe Schicksal droht nun seinem Nachfolger Suhail Shaheen. Denn der zuständige UNO-Beglaubigungsausschuss hat seine Beratungen über die Zulassung der Taliban an der UNO verschoben. Ein Termin für ein neues Treffen steht nicht fest.
Vertrauen wäre wichtig
Ein Austausch zwischen der internationalen Gemeinschaft und den Taliban, wäre aber notwendig, sagt Hakim Mujahid, denn man könnte voneinander lernen. Durch einen permanenten Austausch zwischen dem Westen und den Taliban an der UNO könnte Vertrauen geschaffen werden, ist der Pensionär überzeugt. Beide Seiten würden gewinnen.
Zwar finden durchaus Gespräche statt. So etwa diese Woche in Doha zwischen den USA und den Taliban. Doch sie sind mehr an konkrete Forderungen geknüpft. Hauptanliegen der Taliban ist es, dass die rund neun Milliarden Dollar afghanische Staatsgelder, die auf amerikanischen Konten liegen, freigegeben werden. Die Taliban machen die Sanktionen der USA zum grossen Teil für die humanitäre Krise in Afghanistan verantwortlich.
Auf der anderen Seite fordert der Westen von den Taliban ein klares Bekenntnis zu den Menschenrechten. Doch dafür brauche es wohl noch etwas Zeit, sagt Hakim Mujahid, der nach seiner Zeit in New York im afghanischen Bildungsministerium unter der Regierung von Hamid Karsai arbeitete.
Später war Hakim Mujahid ein Funktionär des Aussöhnungsrates zwischen der früheren Regierung und den Taliban. Zu ihnen hielt er immer einen Kontakt und nun ist der neuen Regierung in Kabul gegenüber wohlgesinnt. Er sei nach wie vor optimistisch, dass die Taliban über längere Frist Menschenrechte akzeptieren könnten, glaubt er. Sie hätten sich mehrmals dazu bekannt.
Die Hardliner haben jetzt das Sagen
Die Taliban seien geteilt, sagt Hakim Mujahid. «Es gäbe durchaus Kräfte unter den Taliban, die für Menschenrechte sind. Andere aber nicht.» Es sind aber letztere Kräfte, die nun in Kabul das Sagen haben.
Dennoch ist Hakim Mujahid überzeugt, dass auch die Taliban von einem Weg, welcher die Menschenrechte achte, profitieren würden. Denn nur so könnten sie weiterhin auf dringend nötige Hilfsgelder aus dem Ausland zählen. Doch auch der Westen sei gut beraten, weiterhin mit den Taliban in Kontakt zu bleiben: «Die internationale Gemeinschaft muss vorsichtig mit den Taliban arbeiten. Nur so kann der Westen einen Einfluss auf die künftige Politik in Afghanistan ausüben.»
Andernfalls würden die Fehler der 1990er-Jahre wiederholt: «Wenn die Taliban isoliert werden, können sie schalten und walten, wie es ihnen beliebt», sagt deren frühere Repräsentant.