Die US-Präsidentenwahl wird auch in Russland und China aufmerksam mitverfolgt. Allerdings: In Moskau zeigt man sich diesmal eher zurückhaltend, denn Präsident Donald Trump hat sich nicht wirklich als Vorteil für die Russen erwiesen, wie SRF-Korrespondntin Luzia Tschirky weiss.
Und in Peking ist man vor allem die Beleidigungen Trumps leid – deshalb hofft man eher auf einen personellen Wechsel im höchsten politischen Amt der USA. Gleichzeitig sei man sich aber bewusst, sagt SRF-Korrespondent Martin Aldrovandi, dass die aktuelle China-Politik der USA wohl auch unter einem Präsidenten Joe Biden weitergeführt würde.
Wenig Hoffnung im Kreml
«Der Kreml blickt zurückhaltend und mit wenig Hoffnung auf Veränderung in den Beziehungen zu den USA auf den US-Wahlkampf», sagt Tschirky. Trump habe sich nicht als der erhoffte «nützliche Freund» Moskaus bewiesen. «Im Kreml zeigt man sich stark ernüchtert.» Dasselbe Bild zeige sich in der Bevölkerung: Zwei von fünf Russen hätten ein negatives Bild von Trump.
Joe Biden seinerseits kenne man im Kreml aus seiner Zeit als US-Vizepräsident unter Barack Obama. Doch: «Aus Sicht des Kreml verhielt sich Biden damals respektlos gegenüber Russland, weil er Moskau nicht auf Augenhöhe begegnet sei.» Weil nun die Zeichen auf einen Machtwechsel in Washington hindeuteten, sei man im Kreml entsprechend zurückhaltend.
Tatsächlich liegt der Demokrat Biden laut den Umfragen in den USA sowohl bei den Wählerstimmen insgesamt als auch bei den Wahlmännerstimmen – diese sind ja entscheidend – vorn.
Russland versuche jedoch, die offensichtliche Spaltung der Bevölkerung in den USA für Propagandazwecke zu nutzen, stellt Tschirky fest. So zeige man im russischen Staatsfernsehen genüsslich die Bilder von Polizeigewalt gegen Demonstranten und weise darauf hin, dass es in New York ja noch schlimmer sei als in Moskau. «Ich denke das ist das einzige, was der Kreml tun kann: die vorhandene Spaltung in den USA zu eigenen Propagandazwecken auszunutzen», sagt Tschirky.
China will bloss Trump loswerden
Auch in China wird der US-Wahlkampf mitverfolgt – soweit das angesichts der Medienzensur durch die Behörden möglich sei, sagt SRF-Korrespondent Aldrovandi. «Vor allem in den sozialen Medien macht man sich entweder über Trump lustig – oder nervt sich darüber, wenn er wiedermal gegen China austeilt.»
Doch auch wenn Trump bei den Chinesen alles andere als beliebt ist und wohl eine Mehrheit nicht unglücklich wäre, wenn er nicht wiedergewählt würde – mit seinem Kontrahenten Biden wird man auch nicht warm. Denn: «Die amerikanische Politik gegenüber China wird sich auch unter einer demokratischen Regierung kaum ändern», sagt Aldrovandi.
Nur der Ton dürfte sich ändern
Zwar würde mit Biden wohl ein anderer Ton gegenüber Peking einkehren und die Art des Politisierens würde sich ändern, glaubt Aldrovandi. Doch in der Sache – etwa in der Handelspolitik oder der Hongkong-Frage – würden die USA ihre Haltung gegenüber China kaum ändern. «In Peking will man vor allem, dass Trump weg ist – und schaut dann halt, was Biden tun wird.»
Manche Chinesen seien aber auch für eine Wiederwahl Trumps, weiss Aldrovandi. Denn dank dessen Unfähigkeit – etwa in der Covid-Krise – stehe China seinerseits viel besser da.
Egal ob Moskau oder Peking – grosse Hoffnungen, dass der Umgang mit den USA unter einem Präsidenten Biden einfacher wird, hat man in den Hauptstädten Russlands und Chinas nicht.