Die Städte Zürich und Winterthur sollen künftig kein Mitspracherecht mehr haben, wenn es um Tempo-30-Zonen auf Hauptstrassen geht – das ist das Ziel der sogenannten Mobilitätsinitiative. Am 30. November stimmt der Kanton Zürich über diese ab.
Die Initiative fordert konkret, dass in Zukunft ausschliesslich der Kanton und nicht mehr die Städte über die Einführung von Tempo 30 auf Strassen mit überkommunaler Bedeutung entscheidet. Der Hintergrund: Der Zürcher Regierungsrat und eine Mehrheit im Zürcher Kantonsparlament stören sich an der Vielzahl von Tempo-30-Projekten in Zürich und Winterthur.
Die Extrawurst der Städte müsse abgeschafft werden, finden die Befürworter von FDP, SVP, Mitte und EDU. Damit Gemeinden und Städte gleichberechtigt seien, sollen die Höchstgeschwindigkeiten im gesamten Kanton einheitlich angeordnet sein.
Ein leistungsfähiges Strassennetz sei für die Volkswirtschaft sehr wichtig, sagt Mitte-Kantonsrätin Marzena Kopp. «Wie will ich einem Handwerker erklären, dass er um 10 Uhr morgens, wenn es kaum Verkehr hat, mit 30 km/h fahren muss.» Herabgesetzte Geschwindigkeiten wirkten sich ausserdem negativ auf den öffentlichen Verkehr aus. Er werde teurer und langsamer.
Zürich und Winterthur wollen Autos einfach aus ihren Städten verdrängen.
Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen würde zudem zu mehr Ausweichverkehr in den Quartieren führen und bremse die Blaulichtorganisationen aus – was deren Einsatzfähigkeit im Notfall schade, so die Argumente der Befürworterinnen.
«Den Städten geht es nicht um mehr Lärmschutz oder Sicherheit. Zürich und Winterthur wollen Autos einfach aus ihren Städten verdrängen», ist Kantonsrätin Marzena Kopp überzeugt.
«Frontalangriff auf Gemeindeautonomie»
Dass der Kanton die Städte bei der Einführung von Tempo 30 quasi entmachten will, kommt bei SP, Grünen, AL und GLP gar nicht gut an. Die Gesetzesänderung sei ein Frontalangriff auf die Gemeindeautonomie im Kanton Zürich.
«Ob Tempo 30 sinnvoll ist, muss von Fall zu Fall, von Gemeinde zu Gemeinde entschieden werden können», findet GLP-Kantonsrat Ronald Alder.
Die Annahme der Mobilitätsinitiative würde längst nicht nur die Städte Zürich und Winterthur treffen, betont Alder. Im Initiativtext stehe nämlich geschrieben, dass die Höchstgeschwindigkeit nur in Ausnahmefällen über kurze Strecken herabgesetzt werden könne.
Das führe zu Probleme, wenn Gemeinden das Tempo auf Kantonsstrassen, beispielsweise im Dorfzentrum, drosseln wollten, befürchtet Alder.
In 30er-Zonen sind Autofahrer vorsichtiger unterwegs.
Tempo-30-Zonen seien nicht nur die wirksamste und günstigste Massnahme gegen übermässigen Strassenlärm, sie führten auch zu mehr Sicherheit. Zum Beispiel für ältere Menschen, welche die Strasse nicht mehr so schnell überqueren könnten. «In 30er-Zonen sind Autofahrer vorsichtiger unterwegs», sagt der Zürcher GLP-Kantonsrat.
So sehen es auch die Städte Zürich und Winterthur, die sich gegen die Initiative wehren. Im Falle von Zürich hat die zuständige Stadträtin bereits angekündigt, juristische Schritte gegen das neue Gesetz zu prüfen, sollten die Stimmberechtigten der Mobilitätsinitiative am 30. November zustimmen.