Bereits die Diskussion über neue Atomkraftwerke verschiebe den Fokus weg von den erneuerbaren Energien und bremse dadurch deren Ausbau, findet Grünen-Fraktionspräsidentin Aline Trede. Sie möchte am Neubauverbot festhalten und benennt verschiedene Probleme der Atomenergie: Niemand sei bereit, ein neues AKW zu bauen, es gebe keine Lösung für die Atomabfälle und das Ganze sei nicht wirtschaftlich. «Die Zukunft ist erneuerbar», so Trede.
Die neue Co-Präsidentin der FDP, Susanne Vincenz-Stauffacher plädiert indes für Technologieoffenheit und setzt sich dafür ein, das Neubauverbot aufzuheben. Dies bedeute jedoch nicht, dass direkt ein neues Kernkraftwerk entstehen soll: «Es ist doch einfach vernünftig, wenn wir uns diese Option zurückholen».
Warum soll die Schweiz ein totes Ross reiten?
«Höchst fahrlässig» findet Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt diese Praxis. Mit der Energiestrategie 2050 habe das Volk vor wenigen Jahren das AKW-Neubauverbot in der Verfassung verankert. «Die Bevölkerung hat einen Weg eingeschlagen und ihr möchtet von diesem abbiegen», so der Vorwurf des Solothurners. Er fragt: «Warum soll die Schweiz ein totes Ross reiten?». Niemand sei bereit, ein neues AKW zu finanzieren, zumal etwa Beispiele aus Finnland oder Frankreich zeigen würden, wie die Kosten dafür aus dem Ruder laufen können.
Mit der Energiestrategie 2050 wurden der Bevölkerung falsche Versprechen gemacht, kontert SVP-Nationalrat Mike Egger. Gerade im Winter sei die Schweiz auf Kernenergie angewiesen. Die Energie aus den Erneuerbaren könne diese nicht kompensieren, so der St. Galler. «Um die Kernenergie zu ersetzen, bräuchten wir 7’000 Windräder in der Schweiz», rechnet Egger vor. Dies habe auch Albert Rösti erkannt, deshalb setze er sich für eine Aufhebung des Neubauverbots ein.
Wie soll der Schweizer Energiemix in Zukunft aussehen?
Die Schweiz gilt als Wasserschloss Europas. Knapp 60 Prozent der hiesigen Stromproduktion ist auf die Wasserkraft zurückzuführen. Im Stromgesetz, welches die Bevölkerung im letzten Jahr mit einer deutlichen Mehrheit angenommen hat, sind weitere 16 Wasserkraft-Projekte geplant. Doch stösst nicht zuletzt das Gornerli-Projekt im Monte-Rosa-Gebiet auf Widerstand in der Bevölkerung.
«Es ist immer eine Abwägung von Schutz und Nutzen», sagt Susanne Vincenz-Stauffacher im Hinblick auf den Ausbau der Wasserkraft. Sie präsidiert nebst den Freisinnigen auch den Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband. Im Gornerli entstehe so oder so ein See – die Gletscherschmelze sei Fakt.
Auch Mike Egger steht hinter dem Ausbau der Wasserenergie. Als Störfaktor nimmt er jedoch die Einsprachen der Naturschutzverbände wahr. Hinter diesen Beschwerden stehe eine Verhinderungspolitik von Links-Grün, so Egger.
Aline Trede weist die Vorwürfe zurück und merkt an, dass es bei diesen 16 Projekten keine Beschwerden gebe. Auch weist sie auf die Grimsel- und Triftstaumauer hin. Dort sei man nach jahrelanger Diskussion nun vorwärtsgekommen.
Die Schweiz verfüge auch bei der Solarenergie über ein grosses Potenzial, findet Stefan Müller-Altermatt. Obwohl ihm alpine Solaranlagen als «wüst» erscheinen, stellt er sich hinter deren Ausbau. Der jährliche Solarausbau übertreffe bereits die Energieproduktion des AKWs in Leibstadt um den Faktor 2,3.