Den Parteien und Verbänden bleiben nur noch wenige Tage, um beim Bund ihre Stellungnahme zum EU-Vertragspaket einzureichen. Die Vernehmlassung läuft noch bis Ende Monat. Während die SVP die neuen Verträge partout ablehnt, stehen alle anderen grossen Parteien den – wie sie es nennen – «Bilateralen III» zumindest grundsätzlich positiv gegenüber. Und auch die Mehrheit der Kantone begrüsst das Vertragspaket, wie die Konferenz der Kantonsregierungen am Freitag mitteilte.
FDP-Ständerat Damian Müller ist überzeugt: «Die Bilateralen sind der Königsweg. Sie bringen Wohlstand, Stabilität und Sicherheit.» Diesen Weg wolle man nun «modernisieren», deshalb unterstütze die FDP das Vertragspaket. Ähnlich argumentiert Mitte-Ständerätin Marianne Binder. Der bilaterale Weg garantiere wirtschaftliche Stabilität und sei bis heute ein Erfolg.
Ganz anders sieht das SVP-Nationalrat Thomas Matter: «Das ist kein bilateraler Vertrag.» Im Gegenteil: Damit zerstöre man die Unabhängigkeit und die direkte Demokratie der Schweiz. Letztlich provoziere man damit gar einen Beitritt zur Europäischen Union.
Eben nicht, sagt SP-Vizepräsident Jon Pult: Es handle sich um einen «partnerschaftlichen Vertrag», in dem beide Parteien festhielten, welche Regeln gelten. Das schaffe Rechtssicherheit, was gerade in der aktuellen geopolitischen Situation von grossem Wert sei, sagt Pult.
Streit um das Ständemehr
Für grosse Diskussionen sorgt in der «Arena» auch die Frage, ob die neuen Verträge dem fakultativen oder dem obligatorischen Referendum unterstellt werden sollen – ob für ein Ja also das Volksmehr ausreicht oder ob zwingend auch eine Mehrheit der Kantone zustimmen muss.
Für SVP-Vizepräsident Matter ist klar: «Mit diesen Verträgen werden zahlreiche Verfassungsartikel verletzt, deshalb braucht es das obligatorische Referendum.»
Unterstützung erhält die SVP bei der Forderung nach dem Ständemehr unter anderem vom Schweizer Bauernverband und von der Allianz Kompass Europa, welche die Kompass-Initiative lanciert hat. Die Initiative verlangt, dass wichtige völkerrechtliche Verträge Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet werden. Mitinitiant Urs Wietlisbach betont: Mit dem EU-Vertragspaket greife man in die Verfassung und in die direkte Demokratie ein, «deshalb braucht es klar das Ständemehr».
Das sehen SP, FDP, Grüne und GLP anders. Sie alle teilen die Einschätzung des Bundesrats, wonach in diesem Fall das fakultative Referendum angezeigt sei. Pult verweist auf die Bundesverfassung: «Wer die Verfassung liest, würde nie auf die Idee kommen, dass man diese Verträge dem doppelten Mehr unterstellen muss.»
In der Mitte sind die Meinungen zur Frage des Referendums noch nicht abschliessend gemacht. Es gebe dazu in der Partei unterschiedliche Einschätzungen, hält Ständerätin Binder fest. Sie persönlich plädiere für das fakultative Referendum.
Auch die Kantone sind in der Frage uneins, ob es eine obligatorische Volksabstimmung mit Ständemehr braucht: 15 Kantone finden, ein fakultatives Referendum genügt, 10 Kantone setzen sich für das Ständemehr ein, ein Kanton enthält sich. Den definitiven Entscheid fällt das Parlament.