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Aufklärung oder Angstmacherei? Darum bekämpfen Schweizer Politiker die Alkoholrichtlinie der WHO

Jeder Tropfen Alkohol berge ein Krebsrisiko, warnt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Mitte-Ständerat Benedikt Würth ärgert sich: Wein, Bier und Schnäpse gehörten zur Kultur. Gemeinsam mit anderen Ständeräten will er strengere Empfehlungen für Alkohol in der Schweiz verhindern.

Darum geht es: Alkohol kann nicht nur einen Kater verursachen, Alkohol gilt als ein unterschätztes Krebsrisiko: «Beim Alkoholkonsum gibt es keine gesundheitlich unbedenkliche Menge», hat die Weltgesundheitsorganisation WHO bereits 2023 festgehalten. Mit steigendem Alkoholkonsum erhöhe sich das Krebsrisiko erheblich.

Das ist die Empfehlung der Schweiz: Gesunde Männer sollten nicht mehr als zwei Gläser Alkohol pro Tag trinken, bei Frauen ist es ein Glas, heisst es bei der Eidgenössischen Kommission für Alkoholfragen. Ausgegangen wird von einem Standardgetränk wie einer Stange Bier, einem Glas Wein oder einem kleinen Glas Schnaps. Diese Getränke enthalten umgerechnet etwa 10 bis 12 Gramm Alkohol. Länder wie Deutschland oder Kanada haben ihre Empfehlungen bereits an die Richtlinien der WHO angepasst: Beide Länder empfehlen, keinen Alkohol zu trinken.

Glühweinstand auf einem Weihnachtsmarkt mit Menschen im Hintergrund.
Legende: Im Dezember fliesst der Alkohol besonders, etwa beim Glühweinstand am Weihnachtsmarkt. Keystone / Daniel Karmann

Ständerat mobilisiert gegen WHO-Empfehlung: Der St. Galler Mitte-Politiker Benedikt Würth will verhindern, dass die Schweiz sich an der WHO orientiert und strengere Empfehlungen zum Alkoholkonsum herausgibt. In einer Motion verlangt er vom Bundesrat einen «Marschhalt»: Die Null-Strategie der WHO werde von den Bundesbehörden nicht kritisch hinterfragt, obwohl sie wissenschaftlich nicht haltbar sei. Dass jeder Tropfen bereits ein grosses Problem sei und der Gesundheit schade, sei völlig überrissen, sagt Würth im Interview mit SRF. Das widerspreche dem gesunden Menschenverstand: «Es gibt unterschiedliche Studien, die zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.»

Mann mit Brille spricht in Versammlungshalle.
Legende: Der St. Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth will keine strengeren Empfehlungen für Alkohol in der Schweiz. Keystone / Anthony Anex

Was sagt die Wissenschaft? Das Risiko gerade auch für Krebserkrankungen sei abhängig von der Dosis, sagt Philipp Bruggmann, Co-Chefarzt für Innere Medizin und Suchtmediziner im Zentrum für Suchtmedizin Arud: «Es beginnt mit dem ersten Glas und nimmt mit jedem weiteren Glas zu. Der Zusammenhang von Brustkrebs und Alkohol sei etwa gut untersucht. Wer erblich vorbelastet sei für Brustkrebs, müsse unbedingt wissen, dass auch kleine Mengen Alkohol das Risiko erhöhten: «Wir dürfen nicht sagen, dass es unbedenklich sei, das wäre falsch.» Es sei wichtig, gemäss der WHO zu informieren, aber auch, keine Panik zu machen und den Alkohol nicht zu verteufeln: «Aber ich glaube, wir müssen gut aufklären.»

Würth befürchtet wirtschaftlichen Schaden

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Wenn Richtlinien einer staatlichen Behörde darauf abzielten, gar nichts zu trinken, schade das den einzelnen Branchen, den Akteuren in dieser Wertschöpfungskette. Er sei für einen vernünftigen, massvollen Umgang mit Alkohol. Aber: «Wir schaden uns letztlich auch mit Blick auf unsere Traditionen und Kulturen in den Regionen unserer Schweiz. Und ich möchte das nicht.»

Würth ist Präsident der Schweizerische Vereinigung der AOP-IGP: Neben Käse- und Fleischprodukten drückt die Vereinigung auch Schnäpsen ihr Gütesiegel auf.

Wie geht es weiter? Würth hat auch andere im Ständerat überzeugen können: 20 Ständerätinnen und Ständeräte haben seine Motion unterzeichnet, darunter sind etwa Franziska Roth und Carlo Sommaruga von der SP, Marco Chiesa und Werner Salzmann von der SVP oder Josef Dittli und Benjamin Mühlemann von der FDP. Der Bundesrat lehnt hingegen die Motion ab. Behandelt wird Würths Antrag kommende Woche.

Wie krebserregend ist Alkohol?

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Das Risiko beginnt quasi schon mit dem ersten Schluck im Mund und bahne sich dann seinen Weg, erklärt Suchtmediziner Philipp Bruggmann: Es beginne im Mundhöhlenbereich und gehe den Weg des Alkohols via Speiseröhre in den Magen. So weit, so bekannt. Alkohol sei aber auch ein Risiko für Brustkrebs: «Ein Gläschen am Tag ist nicht risikofrei. Ich würde das so ausdrücken: Wir gehen jeden Tag Risiken ein, in verschiedenen Bereichen. Wir müssen uns einfach bewusst sein, was wir machen.»

 

News Plus, 4.12.2025, 16 Uhr ; 

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