Die Kommunikation des Bundesrates über die nächsten Schritte bei der Beschaffung des F-35 war heute teilweise konfus. Aber zwischen den Zeilen kündigte sich eine mögliche Zeitenwende in der Landesverteidigung an.
Verteidigungsminister Martin Pfister liess trotzdem recht klar durchblicken: Eigentlich will er die vorgesehenen 36 Stück F-35 beschaffen, obwohl die Mehrkosten bis zu 1.35 Milliarden Franken betragen. Und noch viel mehr: Er will bis zu 34 zusätzliche Flugzeuge kaufen, möglicherweise wieder eine zweite Kampfjetflotte aufbauen.
Paradigmenwechsel in der Landesverteidigung
Das Ganze wird sehr viel Geld kosten – und die vom Parlament beschlossene Budgetaufstockung für die Armee bis 2032 wird dafür nicht reichen. Der Entscheid für diesen möglichen Paradigmenwechsel in der Landesverteidigung wird wahrscheinlich schon Ende Januar fallen.
Bis dann muss Martin Pfister dem Gesamtbundesrat allerdings einen Vorschlag unterbreiten, wie er die geplanten Rüstungsbeschaffungen der Armee priorisieren will, und vor allem: wie er die zusätzlichen Ausgaben finanzieren will.
Pfister wollte Nachtragskredit
Die Erklärung für die etwas diffuse Kommunikation des Bundesrates: Wie mehrere Quellen berichten, wollte Verteidigungsminister Pfister heute eigentlich bereits einen Nachtragskredit für die Beschaffung aller bestellten F-35-Kampfjets ankündigen. Doch der Gesamtbundesrat will darüber erst entscheiden, wenn Ende Januar geklärt wird, wie die massiven Mehrausgaben der Armee in den nächsten Jahren finanziert werden sollen.
Gerüchteweise soll Martin Pfister vorgeschlagen haben, die Mehrwertsteuer um etwa einen halben Prozentpunkt zu erhöhen.
Pfister geht aufs Ganze
Martin Pfister geht mit dieser Strategie aufs Ganze, und er wählt den unpopulären Weg. Laut mehreren Umfragen ist die Schweizer Bevölkerung dem F-35 gegenüber sehr kritisch eingestellt. Auch lassen die Umfragen vermuten, dass es im Moment kaum eine Mehrheit gibt für zusätzliche Militärausgaben.
Gerade eine grosse Nachbeschaffung von Kampfjets, eine mögliche zweite Flotte, dürfte auf massiven politischen Widerstand stossen. Besonders die linken Parteien, aber auch einzelne Sicherheitsexperten kritisieren: Statt teurer Kampfjets müsste sich die Schweizer Armee viel konsequenter auf die Bekämpfung von Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen ausrichten. Nötig sei mehr Luftabwehr, aber nicht mehr Kampfflugzeuge.
Bevölkerung soll vorbereitet werden
Verteidigungsminister Martin Pfister und der Gesamtbundesrat müssen also noch viel Überzeugungsarbeit leisten, wenn sie Ende Januar tatsächlich die Zeitenwende in der Sicherheitspolitik einläuten wollen. Die Grundlage dafür hat der Bundesrat heute mit der neuen sicherheitspolitischen Strategie bereits geliefert: Die Schweiz soll wieder darauf vorbereitet werden, einen Verteidigungskrieg führen zu können. Die Bevölkerung soll auf die verschärfte Sicherheitslage eingeschworen werden, selbst an Schulen soll die unsichere Lage zum Thema gemacht werden.
Bald vier Jahre nach dem russischen Überfall auf die Ukraine spricht nun auch die Schweizer Regierung von einer sehr ernsten Sicherheitslage. Was die Antworten darauf kosten werden, wie viele zusätzliche Milliarden der Bundesrat für die Sicherheit und Verteidigung ausgeben will – das dürfte Ende Januar klar werden.