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Corona-Betrugsfälle halten Staatsanswaltschaft auf Trab
Aus Regionaljournal Basel Baselland vom 22.01.2024. Bild: Keystone/ Christian Beutler
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Corona-Hilfskredite Pandemie-Betrugsfälle türmen sich bei den Staatsanwaltschaften

Corona-Hilfskredite waren unkompliziert zu bekommen. Das nutzten Tausende aus, die jetzt Strafverfolger beschäftigen.

Die Pandemie ist aus vielen Köpfen verschwunden, die Staatsanwaltschaften allerdings hält Corona erst jetzt so richtig auf Trab. Alleine in Basel-Stadt laufen rund 200 Verfahren gegen Firmen, die verdächtigt werden, Unterstützungskredite wegen des Lockdowns unrechtmässig beantragt oder verwendet zu haben. Die Summe der zweifelhaften Kredite liegt hier bei etwa 20 Millionen Franken.

Landesweit weist das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco per Mitte Januar gut 2400 pendente Fälle von Strafanzeigen wegen solcher Betrügereien aus, mit einer Deliktsumme von insgesamt über 285 Millionen Franken. Erledigt wurden in der ganzen Schweiz bisher 1075 angezeigte Fälle.

Strafgerichts-Tor in basel
Legende: Das Basler Strafgericht hat bisher rund 40 Prozesse zu Corona-Kredit-Betrügereien durchgeführt. Fast im Wochentakt werden neue angesetzt. Landesweit sind 2400 Anzeigen pendent. SRF/Roger Lange

Die Basler Staatsanwaltschaft hat drei befristete Stellen zusätzlich schaffen müssen, um den Berg von Covid-Fällen laufend abzutragen. Aktuell rechnet sie damit, bis in drei Jahren alles erledigt zu haben. Bis die Gerichte damit durch sein werden, wird es weitere Jahre dauern.

Das System der Corona-Notkredite

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In der Pandemie war rasche Hilfe gefragt, als Einnahmen wegen scharfen Schutzmassnahmen wegbrachen. Deshalb stampfte der Bund innert zwei, drei Wochen ein Verfahren aus dem Boden, das betroffenen Firmen schnellen Zugang zu Geld einfach machte.

Unternehmen konnten zwischen 26. März und 31. Juli 2020 Covid-19-Kredite beantragen, um ihre Liquidität zu sichern. Absicht war, dass sie damit ihre laufenden Fixkosten wie Miete oder Versicherungen decken können.

Wie Firmen zu Notgeld kamen

Konkret konnten Firmen bei bestimmten Banken einen limitierten Kredit beantragen, dies bis zehn Prozent ihres normalen Umsatzes, maximal eine halbe Million. Die Anträge wurden mangels Zeit nur rudimentär überprüft. Landesweit vier Bürgschaftsorganisationen standen dafür gerade. 23 Prozent der Schweizer Unternehmen haben so einen Covid-Kredit erhalten. Für höhere Beträge galten strengere Bedingungen.

Das Ganze war eine Schweizer Premiere. Damit hat man jetzt auch erstmals eine Vorlage in der Schublade, die künftig in neuen Notlagen rasch adaptiert werden kann. Aufgrund der umfangreichen zur Verfügung gestellten Mittel und der hohen Anzahl Kreditnehmer ist das Covid-19-Solidarbürgschaftsprogramm gemäss einem Zwischenbericht des Bundesrates «die grösste Liquiditätsunterstützung für Unternehmen der Schweizer Geschichte».

Getrickst wurde beim Kreditantrag bei diversen Angaben. Der Löwenanteil entfällt auf Unwahrheiten, wie Firmen Kredite verwenden wollten und welchen Umsatz sie üblicherweise erzielten. Weil die Notkredite maximal zehn Prozent des Umsatzes betragen durften, wurden oft überhöhte Umsatzzahlen angegeben. Bei nachfolgenden Kontrollen – zum Beispiel anhand von Mehrwertsteuerabrechnungen – flogen sie auf.

Bundesweit zeichnet sich gemäss den erledigten Fällen ab, dass in der Baubranche die Versuchung am grössten war: Diese liegt mit knapp 29 Prozent der bisher fast 600 verurteilten Covid-Kreditbetrüger klar an der Spitze. Dahinter folgt die Gastronomie mit 14 Prozent.

Querbeet ist jede Branche betroffen.
Autor: Thomas Hofer Staatsanwaltschaft BS, Leiter Abt. Wirtschaftsdelikte

Covid-Kreditbetrug war aber keine Bau- und Beizen-Exklusivität: «Querbeet ist jede Branche betroffen», sagt Thomas Hofer, der in der Basler Staatsanwaltschaft die Untersuchungen zu den Covid-Krediten leitet. Es gehe auch nicht nur um Einzelfirmen, sondern auch um Aktiengesellschaften, teils mit vielen Angestellten.

Manche hätten aus Verzweiflung unzulässig Geld abgeholt, weil ihr Unternehmen am Abgrund gestanden sei, erklärt Thomas Hofer. Andere aber hätten den Notgroschen für ein Leben in Saus und Braus verprasst, etwa Luxusautos gekauft.

Nicht überraschend stehen grosse Kantone mit vielen Firmen – namentlich Zürich und Waadt – an der Spitze punkto Zahl und Volumen der Hilfskredite. Ähnlich sieht die Rangliste bei den Strafanzeigen und der Deliktsumme aus: Leader Zürich hatte laut Seco Mitte Januar noch 485 offene Anzeigen im Umfang von knapp 60 Millionen auf dem Tisch. Am anderen Ende liegt Appenzell Innerrhoden mit einer Anzeige à 25'000 Franken.

Jetzt haben wir eine ziemlich gefestigte Gerichtspraxis.
Autor: Thomas Hofer Staatsanwaltschaft BS, Leiter Abt. Wirtschaftsdelikte

Die Pandemie-Nothilfe war Neuland für die Kreditvergabe, aber auch die Strafverfolgung. Es habe keine Präzedenzfälle gegeben; diese hätten sich inzwischen entwickelt, sagt Thomas Hofer. «Jetzt haben wir eine ziemlich gefestigte Gerichtspraxis, auf der wir aufbauen.»

Die meisten Firmen waren ehrlich

Unter dem Strich hat der Bundesrat in einem Zwischenbericht vom November die Missbrauchs-Quote von 0.3 Prozent aller gewährten Covid-Hilfskredite als «bisher verhältnismässig tief» taxiert.

Wenn man die offenen Abklärungen einbeziehe, hätten sich 98 Prozent der Firmen nichts zuschulden kommen lassen, unterstreicht Martin Godel, im Seco verantwortlich für den Bereich KMU sowie die Covid-Kredite. Dies, obwohl die Kontrolle flächendeckend sei: «Jeder Fall wird geprüft.»

Regionaljournal Basel Baselland, 22.1.2024, 17:30 Uhr;

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