Kathrin Bertschy steht vor dem Ständeratssaal. Die GLP-Nationalrätin und Co-Präsidentin des Frauen-Dachverbands Alliance F konnte dem Ständerat heute nur zuschauen.
Im Vorfeld aber haben Frauenverbände Ständerätinnen und Ständeräte bearbeitet und 15'000 Unterschriften gesammelt – gegen die Taschenmunition. «Das gefährdet die Sicherheit von Frauen und Kindern zu Hause, und das führt auch wieder zu mehr Suiziden.» Wenn Munition zu Hause verfügbar sei, steige das Risiko dafür.
Gegenwind im Saal
Die Frauenverbände haben auch Präventionsfachleute hinter sich – nicht aber die geopolitische Stimmung. Werner Salzmann von der SVP hat die sicherheitspolitische Kommission, welche die Entscheide vorberät, von der Taschenmunition überzeugen können.
Im Ständeratssaal lanciert er die Debatte mit einem Appell: Die Sicherheitslage habe sich grundlegend verändert. «Die Heimabgabe der Taschenmunition würde die Sicherheit der Armeeangehörigen bei einer Mobilmachung erhöhen und die Verteidigungsfähigkeit der Armee stärken.»
Doch die Ständeratskollegen, die Salzmann hinter den verschlossenen Türen der Kommission unterstützt haben, lassen ihn nun im Stich. Nur die Gegner melden sich zu Wort. Zu ihnen gehört auch der Verteidigungsminister Martin Pfister: «Es gibt keine vorstellbare Situation, dass sich ein Soldat auf dem Weg zu seinem Verband den Weg freischiesst oder die Waffe einsetzt, ohne dass er entsprechende Aufträge hat.»
Salzmann führt Vertrauensbeweis ins Feld
Werner Salzmann, völlig auf sich allein gestellt, verteidigt sich: Soldaten müssten nach einem Terroranschlag zum Beispiel rasch einsatzfähig sein. Und er verlange ja nur, dass sich die Armee vorbereite, um die Munition den Soldaten wieder nach Hause mitzugeben. Für ihn wäre das «ein Vertrauensbeweis an die Armeeangehörigen, die im Ernstfall für die Landesverteidigung bereit sind».
Ich hoffe, diese Diskussion ist definitiv erledigt.
Auch mit der Taschenmunition zu Hause werde es nicht mehr Suizide oder Femizide geben, also Morde von Männern an ihren Partnerinnen und Frauen. Psychisch labile Soldaten nämlich würden gar keine Waffe erhalten: «Die Armee investiert beträchtliche Mittel, unter anderem in eine gründliche psychologische Untersuchung bei der Rekrutierung, in deren Rahmen festgestellt wird, ob Gründe gegen die Abgabe von Waffen sprechen.»
Daniel Jositsch von der SP interveniert: «Das Problem ist nicht die Psyche der Leute, sondern die Situation, in der sie sich befinden. Die Gefahr sind sogenannte Reflextaten.
Auch für Andrea Gmür von der Mitte-Partei überwiegt das Risiko von Gewalttaten in den Familien. Sie sage Nein. Auch, um die Armee zu schützen.
«Würde bei einer Heimabgabe irgendwann wieder ein solcher Fall eintreten, würde das auf die Armee zurückfallen. Es würde der Armee massiv schaden. Unserer Sicherheit würde das nichts nutzen, der Verteidigungsfähigkeit auch nicht.»
Die Sache ist völlig klar im Ständerat. Nur gerade neun Ständeräte aus der SVP, FDP und der Mitte-Fraktion stimmen für die Taschenmunition – ein ganz anderes Bild also als beim Vorentscheid im Kreis der Sicherheitspolitiker.
Draussen vor dem Ständerat steht eine zufriedene Kathrin Bertschi: «Ich hoffe, diese Diskussion ist definitiv erledigt», sagt die Präsidentin des Frauendachverbands Alliance F. Bei diesem klaren Resultat heute dürfte sie zumindest für die nächste Zeit recht haben.