Gegen die Ausweitung von Tempo-30-Zonen in Städten und Gemeinden regt sich Widerstand: Der Bundesrat will im Auftrag des nationalen Parlaments die Einführung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsachsen erschweren. Daran wiederum stören sich 600 Schweizer Gemeinden und Städte, die einen offenen Brief an Verkehrsminister Albert Rösti geschrieben haben. In der Diskussion geht es um Verkehrssicherheit, Lärmschutz und Freiheit. Die Einführung von Tempolimits hat schon in der Vergangenheit immer wieder zu reden gegeben. Diese Argumente prägten die Diskussionen über die Jahrzehnte:
50er, 60er und 70er: Unfallzahlen und Treibstoffknappheit
1932 kam die totale Freiheit auf den Strassen. Damals wurden die bis dahin geltenden Geschwindigkeitslimits (18 km/h innerorts und 40 km/h ausserorts) aufgehoben. Zu dieser Zeit erreichten die Fahrzeuge aber ohnehin nicht sehr hohe Geschwindigkeiten. Das änderte sich über die Jahre und zudem stieg die Anzahl zugelassener Fahrzeuge. Die Strassen wurden voller, die Unfallzahlen stiegen.
1959 wurde daher erstmals wieder eine Geschwindigkeitsbegrenzung eingeführt: Innerorts galt ab da eine Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h. Ausserorts galt weiterhin freie Fahrt, bis der Bund Mitte der 60er-Jahre eine sogenannte Richtgeschwindigkeit einführte, also eine Empfehlung. Erst 1973 wurde auf Autobahnen Tempolimit 100 km/h eingeführt. Druck machte die Ölkrise: Mit dem Tempolimit sollte auch eine Treibstoffknappheit verhindert werden. Kurz darauf wurde das Tempolimit auf Autobahnen aber bereits wieder erhöht, auf 130 km/h.
80er: das Waldsterben und die Freiheit
In den 80er-Jahren rückten Umweltthemen in den Fokus. Letztlich war es die Diskussion um das Waldsterben, die zur heutigen Geschwindigkeitsbegrenzung von 120 km/h auf Autobahnen geführt hat. Bundesrat Alphons Egli wollte eigentlich eine Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h einführen, gegen die Pläne regte sich aber heftiger Widerstand aus der Westschweiz. Die Regierung entschied sich für einen gutschweizerischen Kompromiss: 120 km/h, eine Zahl, die in der Diskussion zuvor nie gefallen war.
Der Unmut war gross, was gar zu einer Volksinitiative führte, die die Wiedereinführung von Tempo 130 auf Autobahnen verlangte. Beworben wurde sie mit Slogans wie: «Nur ein mobiles Volk ist ein freies Volk.» Sie wurde 1989 jedoch mit 62 Prozent Nein-Stimmen an der Urne verworfen.
90er: Verkehrssicherheit und Lebensqualität
In Winterthur wurde 1990 die allererste Tempo-30-Zone eingerichtet. In den darauffolgenden Jahren folgten Städte wie Zürich, Bern, Luzern und St. Gallen. Die Tempo-30-Zonen sollten in Wohnquartieren die Verkehrssicherheit erhöhen und die Lebensqualität verbessern. Inzwischen argumentieren auch die Gegnerinnen und Gegner der Ausweitung von Tempo 30 unter anderem mit der Verkehrssicherheit: Werde Tempo 30 zunehmend auch auf Hauptverkehrsachsen eingeführt, führe dies zu Ausweichverkehr durch die Quartiere, was dort die Verkehrssicherheit wiederum mindere, so die Argumentation.