Der Bundesplatz war gut gefüllt an jenem sonnigen Herbsttag im Oktober. Über 2000 Studierende hatten sich mit selbstgebastelten Schildern versammelt, um gegen die Sparpläne des Bundesrats zu protestieren. «Kein Preisschild an unserer Zukunft», hiess es auf einem grossen weissen Banner. Auf einem Karton stand «Investiert in Bücher, nicht in Waffen».
Die Studierenden sind wegen des Entlastungspakets 27 aufgewühlt. Darin fasst der Bundesrat fast 60 Massnahmen zusammen, mit denen die Finanzen des Bundes aufgebessert werden sollen. Betroffen sind diverse Bereiche, zum Beispiel die Landwirtschaft, der öffentliche Verkehr, der Klimaschutz und eben auch die Bildung und Forschung.
Angriff auf Chancengleichheit
Konkret will der Bundesrat weniger Geld für die kantonalen Hochschulen ausgeben, was deutlich höhere Studiengebühren zur Folge hätte. Die Rede ist von einer Verdoppelung für Schweizer Studierende.
Das wäre ein Angriff auf die Chancengleichheit, sagt Klara Sasse, die Co-Präsidentin des Verbands der Schweizer Studierendenschaften. «Es kann nicht sein, dass das Einkommen meiner Eltern der entscheidende Faktor ist, ob ich Zugang zu einem Hochschulstudium habe oder nicht.»
Widerstand gegen das Entlastungspaket kommt von allen Seiten. In den letzten Monaten sind gleich mehrere Petitionen gegen das Entlastungspaket eingereicht worden. Neben den Studierenden wehren sich zum Beispiel auch Umweltorganisationen, Suchtfachstellen, Sportvereine und Medienschaffende.
Entlastungspaket schrumpft
Der Druck scheint zu wirken. Die Finanzkommission des Ständerats will bei den Kantonalen Hochschulen nur 60 statt 120 Millionen Franken einsparen. Auch bei anderen Sparvorschlägen will sie weniger weit gehen als der Bundesrat. Zum Beispiel soll auch beim öffentlichen Verkehr nur halb so viel gespart werden.
Die Folge: 2027 sollen die Finanzen des Bundes nur noch um 1.8 Milliarden Franken aufgebessert werden, statt um 2.4 Milliarden Franken. Auch in den folgenden beiden Jahren sind es rund 600 Millionen Franken weniger als vom Bundesrat erhofft.
Es klafft ein grosses Loch in der Bundeskasse.
Was die Studierenden freut, kommt bei der FDP nicht gut an. Die Partei will sich als knallharte Sparerin einen Namen machen und trägt das Entlastungspaket 27 ihrer Finanzministerin Karin Keller-Sutter mit deutlich weniger Kritik mit als die anderen Parteien.
«Ich mache mir Sorgen, wenn das Parlament nun doch nicht so stark sparen will, wie es der Bundesrat vorgesehen hat», sagt FDP-Co-Präsident Benjamin Mühlemann. «Es klafft ein grosses Loch in der Bundeskasse. Gleichzeitig wollen wir mehr in die Sicherheit investieren und benötigen Geld für die AHV. Sparen ist dabei besser, als neue Steuern zu erheben.»
Referendum gilt als wahrscheinlich
Wie viel bei den kantonalen Hochschulen und andernorts jetzt tatsächlich gespart wird, zeigt sich ab heute Mittwoch, wenn der Ständerat über die knapp 60 Massnahmen des Entlastungspakets diskutiert.
Am Ende könnte aber das Stimmvolk entscheiden. Weil die Sparvorschläge viele Bereiche betrifft, ist deren Angriffsfläche gross. Entsprechend wäre ein Referendum alles andere als chancenlos. SP, Grüne und andere Organisationen bringen sich bereits in Stellung, um dieses zu ergreifen. Würde es angenommen, dürften die Studierenden jubeln. Die Finanzprobleme des Bundes blieben jedoch ungelöst.