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Gerichtsfall zu Femizid «Bei Femiziden sind häufig die gleichen Muster anzutreffen»

Ein Schweizer soll versucht haben, seine ehemalige Geliebte mit einer Handgranate zu töten. Die Frau überlebte nur durch Glück. Das Bundesstrafgericht hat ihn am Freitag wegen versuchten Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 17.5 Jahren verurteilt – die Strafe wird zugunsten einer stationären Massnahme aufgeschoben. SRF-Gerichtskorrespondentin Sibilla Bondolfi erklärt, was an dem Fall typisch ist.

Sibilla Bondolfi

Gerichtskorrespondentin

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Sibilla Bondolfi ist seit 2023 Gerichtskorrespondentin von Radio SRF. Davor hat sie für den zehnsprachigen Online-Dienst Swissinfo gearbeitet. Sie ist promovierte Juristin im Bereich Verfassungsrecht und Menschenrechte.

Was macht den Fall typisch für einen (versuchten) Femizid?

Als die Frau ihre aussereheliche Affäre beendete, wollte der Liebhaber das nicht akzeptieren: Er bedrängte seine ehemalige Geliebte, stellte ihr nach, überwachte sie mit einem Peilsender und verriet ihrem Mann den bisher geheim gebliebenen Seitensprung. Dieses Verhalten ist typisch: Häufig kommt es im Vorfeld eines Femizids zu häuslicher Gewalt, Stalking und Eifersuchtsverhalten. Auch ein problematischer Alkoholkonsum und weitere Delikte sind nicht selten. Dass die Gewalt nach einer Trennung eskaliert, ist ebenfalls typisch.

Der Fall

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Ein Schweizer aus Basel soll am Auto seiner Ex-Geliebten eine auf dem Schwarzmarkt beschaffte Handgranate aus dem Jugoslawienkrieg angebracht haben. Den Umgang damit hatte er im Militärdienst gelernt.

Als die Frau in Lörrach in ihr Auto stieg, explodierte die Granate. Sie überlebte nur, weil die Granate unter das Auto rollte und der Wagen sie vor der Druckwelle abschirmte. Die Granatensplitter richteten laut Anklageschrift im Umkreis von etwa 40 Metern grosse Schäden an. Nur durch Glück wurden keine Passanten verletzt.

Der Mann soll seine ehemalige Geliebte schon vor der versuchten Tötung bedrängt und ihr nachgestellt haben. Zudem fuhr er betrunken Auto und beging mehrere Verkehrsdelikte.

Das «Bedrohungsmanagement» zur Prävention häuslicher Gewalt hat in diesem Fall versagt: Statt den versuchten Femizid zu verhindern, fühlte sich der Täter von der Ansprache provoziert.

Am 12. Dezember hat ihn das Bundesstrafgericht in Bellinzona unter anderem wegen versuchten Mordes zu 17 Jahren und 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Der Vollzug dieser Strafe wird zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme aufgeschoben. Dem Mann wird zudem für die Dauer von 5 Jahren verboten, sich seiner ehemaligen Geliebten zu nähern.

Das Urteil kann weitergezogen werden.

Was sind die Risikofaktoren?

Nicht jeder Mann, der seine Frau beschimpft oder schlägt, bringt sie auch um. Wer eigenes Gewaltverhalten als problematisch erkennt und freiwillig in eine Beratung geht, kann sein Verhalten ändern und gehört somit nicht zwingend zur Risikogruppe. Wer hingegen uneinsichtig ist und ein ausgeprägtes Kontroll- und Eifersuchtsverhalten zeigt, gilt als gefährlich. Weitere von der Forschung belegte Risikofaktoren sind akute Krisen – etwa wenn die Frau sich trennen will –, vorherige Gewalt, Suizid- und Todesdrohungen, Zugang zu Waffen sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch.

Welche Rolle spielt der Umgang mit Waffen?

Im konkreten Fall hat der Mann den Umgang mit einer Handgranate in der Armee gelernt. Wie alle Schweizer war er als junger Mann wehrpflichtig. Weil Schusswaffen laut einer Studie des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann eine zentrale Rolle bei Tötungsdelikten im häuslichen Bereich spielen, hat das Parlament kürzlich beschlossen, Taschenmunition den Armeeangehörigen nicht mehr nach Hause zu geben.

Demonstrierende halten Schild hoch mit Aufschrift: «Man(n) tötet nicht aus Liebe.»
Legende: Menschen protestieren im Dezember 2021 in Zürich gegen Tötungsdelikte und Gewalt an Frauen. KEYSTONE/Michael Buholzer

Funktionieren die Bedrohungsmanagements der Kantone?

Die meisten Kantone haben inzwischen ein sogenanntes Bedrohungsmanagement eingeführt. Es soll Situationen entschärfen, indem Gefährder direkt angesprochen werden. Im konkreten Fall führte dies jedoch zur Eskalation: Der Mann fühlte sich provoziert und fasste den Entschluss, seine Ex-Geliebte zu töten. Laut Experten kommt das in seltenen Fällen vor, ist aber nicht die Regel. Meistens seien Betroffene erleichtert, dass jemand ihre Not erkenne und das Gespräch suche. Die Programme sind allerdings noch relativ jung – für eine abschliessende Bewertung ist es noch zu früh.

Rendez-vous, 12.12.2025, 12:30 Uhr ; 

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