Die Worte, die die Basler Baudirektorin Esther Keller wählt, sind unmissverständlich: «Das ist inakzeptabel und muss auf politischem Weg korrigiert werden.»
Keller kritisiert, dass der geplante Bahnausbau «Herzstück» im Bericht «Verkehr '45» keine Priorität geniesst. Diesen hat der Bundesrat am Donnerstag vorgestellt. Er stellt die Weichen für den Ausbau von Strassen und Schienen.
Im Bericht des ETH-Professors Ulrich Weidmann wird das «Herzstück» aber nicht in den Planungshorizont 2025 bis 2045 aufgenommen, sondern auf danach verschoben. «Die Umsetzung der Gesamtmassnahmen wird sich bis weit in die zweite Jahrtausendhälfte erstrecken», heisst es darin. Und das passt weder den Regierungen der beiden Basel noch der Wirtschaft.
«Wir müssen laut sein», so Keller an der kurzfristig einberufenen Medienkonferenz von Basel-Stadt und Basel-Landschaft. Ihr Baselbieter Pendant Isaac Reber fügt an, dass Basel das Eingangstor zur Nord-Süd-Achse und eine wichtige, grenzüberschreitende Wirtschaftsregion sei. «Sogar in der Studie steht, dass wir den Bahnausbau brauchen», so Reber. «Auch darum ist es nicht nachvollziehbar, dass man uns vertröstet.»
Flaschenhals Basel werde unterschätzt
Die Region wolle in Bundesbern lobbyieren – mit regionalen, nationalen und internationalen Argumenten. «Wir wollen endlich eine richtige S-Bahn, wie das Zürich schon seit Jahren hat», sagt Keller. Zudem müsse man in Bern die Bedeutung des Bahnknotens Basel klarmachen: Ein Drittel aller Güter käme via Basel in die Schweiz oder verliesse sie auf diesem Weg. Bleibe Basel ein Flaschenhals, sei das ein nationales und sogar internationales Problem.
Die Nordwestschweiz sei schon beim letzten Ausbauschritt vertröstet worden, so Reber. Damals habe es aber geheissen, beim nächsten Mal sei der Bahnknoten Basel dran. Und dafür müsse man nun kämpfen.
Basel habe «immer mehr Züge über die vorhandenen Schienen gejagt». Jetzt sei die Grenze erreicht und ein Ausbau zwingend nötig.
Ohne «Herzstück» kein S-Bahn-Ausbau
Am Tag nach der Publikation der Studie sagte Studienautor Ulrich Weidmann im «Tagesgespräch» von Radio SRF, dass das «Herzstück» derzeit technisch nicht realisierbar sei: «In unserer Logik hätte es so gar nicht Priorität eins bekommen können.» Ohne das Herzstück sei es «nicht möglich, die S-Bahn weiter auszubauen, die bei Weitem nicht den Stand hat wie in anderen Agglomerationen», so Weidmann.
In seinem Bericht hatte Weidmann ein bereits abgelehntes Strassenprojekt in der Nordwestschweiz wieder aufs Tapet geholt: den Rheintunnel. Er war Teil des abgelehnten Ausbaus der Nationalstrassen. Allerdings soll auch das Autobahnprojekt nicht sofort an die Hand genommen werden. In der Studie heisst es, der Rheintunnel werde «finanziell bedingt auf nach 2045 verschoben, ist dann aber dringlich».
Keller und Reber hatten sich hinter den Rheintunnel gestellt. Als Bundesrat Albert Rösti vergangene Woche den Verkehrsbericht von Weidmann vorstellte, waren beide in den Ferien. Dennoch reagierten sie – allerdings spielte die Wiederauferstehung des Rheintunnels dabei keine grosse Rolle. Die Rückstufung des «Herzstücks» kritisierten sie hingegen bereits vergangene Woche stark.