An diesem Abend ist er «Don Ron». Sonst heisst er Ronald Herbig Weil, ist seit 21 Jahren reformierter Pfarrer in Richterswil und hat «Deep Church» ins Leben gerufen. So heisst die Party, die einmal im Jahr in der Kirche steigt. Der Name ist inspiriert von der Musikrichtung «Deep House».
Während der «Deep Church» predigt Ronald Herbig Weil nicht wie sonst an Sonntagen, sondern gibt zwischendurch «Impulse» von der Kanzel. Diese ist nämlich an diesem Abend hauptsächlich für DJs reserviert. Die Kirchenbänke sind teilweise weggeräumt, damit es Platz zum Tanzen gibt. Die Bässe wummern, Scheinwerfer erleuchten das Kirchenschiff.
Es gehe nicht darum, andere, ähnliche christliche Veranstaltungen zu kopieren. «Die Idee hinter unserem Anlass ist niederschwellig», sagt Ronald Herbig Weil im Gespräch mit SRF. «Jede und jeder soll etwas mitnehmen können.»
Idee kam von jungen Leuten aus Richterswil
Entstanden ist die Idee vor einigen Jahren in Zusammenhang mit einer anderen Veranstaltung in Richterswil, der «Cinéglise». Seit 2014 verwandelt sich die Kirche in der zweiten Januarwoche in ein Kino und zeigt Filme in guter Soundqualität und Bildtechnik. DJ G. Stone spielte in der Pause und nach dem Film Musik, dazu gab es eine Lichtshow. «Da kamen junge Leute auf uns zu und fragten, ob wir auch einmal einen Anlass nur mit Musik und Licht machen könnten», erzählt Pfarrer Ronald Herbig Weil.
Wir wollen das Publikum ansprechen, das man sonst nicht so oft in der Kirche antrifft.
Er selber war schnell begeistert und begann mit DJ G. Stone am Konzept zu tüfteln. «Wir mussten nur noch die Kirchenpflege überzeugen», sagt er. So entstand «Deep Church» – in Anlehnung an den Musikstil «Deep House». Dieses Jahr fand die Party in der Reformierten Kirche schon zum vierten Mal statt.
«Einen Hintergedanken haben wir», sagt Ronald Herbig Weil. «Wir wollen das Publikum ansprechen, das man sonst nicht so oft in der Kirche antrifft.» Das Partyvolk solle auch den «Deep Sense», den tieferen Sinn der Kirche mitbekommen. Es gehe um Gemeinschaft, sich angenommen fühlen und darum, neue Wege und Sinn auf dem Lebensweg zu finden.
Und das zieht offenbar. Eltern, Grosseltern, Jugendliche – rund tausend Leute strömen an diesem Donnerstagabend in die Kirche. Wie zum Beispiel Laura, die zu den Jüngeren gehört. Sie wohnt in der Nähe und sagt über «Deep Church»: «Das ist eine coole Möglichkeit, mit Leuten zusammenzukommen, die ich gerne mag.»
Ein «Privileg» des Partydorfs Richterswil
Richterswil sei ein Partydorf, sagt ein anderer Besucher. An der «Deep Church» erwarte er «gute Leute», eine coole Lasershow und gute Musik. Auch die Richterswilerin Claudia ist begeistert vom Anlass. «Jedes Jahr im Dezember spüre ich, wie fröhlich wir alle sind, und wir schätzen das sehr.» Richterswil habe das «Privileg», so eine Party zu erleben.
Aber holt die Kirche denn so auch die Jungen und Kirchenfernen ab? «Ich glaube schon», sagt Besucherin Laura. «Den lockeren Prediger fand ich interessant.» Sie könne sich gut vorstellen, auch mal an einem Sonntag vorbeizugehen.
Das gefällt dem Pfarrer Ronald Herbig Weil. «Wir wollen Vorurteile abbauen», sagt er. Bewusst finde der Anlass an einem Donnerstagabend statt und am Sonntag bleibe die Kirche wie gewohnt für den Gottesdienst reserviert. Er legt an der «Deep Church» selber als DJ «Don Ron» auf. Er wolle zeigen, dass er nicht der Pfarrer im schwarzen Gehrock ist, der sagt, wo Gott hockt. «Sondern ein Mensch unter Menschen.»