Heute ist die letzte gedruckte Ausgabe von «20 Minuten» erschienen. Wir blicken mit Branchenkenner Matthias Ackeret zurück auf die Verdienste der Pendlerzeitung.
Haben Sie heute ein Exemplar von «20 Minuten» mitgenommen?
Ja, das habe ich am Schaffhauserplatz in Zürich und war überrascht: Es hatte noch relativ viele Exemplare in der Box. Das ist ja die letzte Ausgabe, eigentlich historisch. Darum habe ich eine gewisse Nostalgie, wenn ich das Exemplar jetzt durchblättere.
-
Bild 1 von 10. Mit dieser Ausgabe kam die Pendlerzeitung «20 Minuten» 1999 auf den Markt. Bildquelle: 20 Minuten.
-
Bild 2 von 10. Seitdem berichtete «20 Minuten» über People-Geschichten... Bildquelle: 20 Minuten.
-
Bild 3 von 10. ...sowie auch über Politik. Bildquelle: 20 Minuten.
-
Bild 4 von 10. Für Breaking News änderte sie auch ihre Frontseiten. Bildquelle: 20 Minuten.
-
Bild 5 von 10. Beim Terroranschlag auf das Satiremagazin «Charlie Hebdo» erschien die Titelseite in Schwarz. Bildquelle: 20 Minuten.
-
Bild 6 von 10. Auch Sportthemen schafften es bei «20 Minuten» auf die Titelseite. Bildquelle: 20 Minuten.
-
Bild 7 von 10. Die Pendlerzeitung wurde auch auf Deutsch, Französisch und Italienisch gedruckt. Bildquelle: 20 Minuten.
-
Bild 8 von 10. Das Lifestyle-Magazin «20 Minuten Friday» gibt es schon länger nur noch online. 2019 wurde die gedruckte Ausgabe eingestellt. Bildquelle: 20 Minuten.
-
Bild 9 von 10. 2024 feierte «20 Minuten» ihr 25-jähriges Bestehen, ein Ereignis, das auf die Titelseite kam. Bildquelle: 20 Minuten.
-
Bild 10 von 10. Am 23.12.2025 erschien zum letzten Mal eine Printausgabe der «20 Minuten»-Zeitung. Bildquelle: Keystone/Claudio Thoma.
Am 13. Dezember 1999 ist die erste Ausgabe der Zeitung erschienen. Was war damals Ihr Eindruck von der Zeitung?
Am Anfang gab es eine relativ lange Durststrecke, bis das Publikum auch begriff, was da eigentlich passiert. Und bis es auch die Werbetreibenden begriffen haben. Der Verlag brauchte ein halbes Jahr, bis die grossen Marken überhaupt in «20 Minuten» Werbung machten. Wenn du dann natürlich einen grossen Auftraggeber hast, der in deinem Magazin oder in deiner Zeitung Werbung macht, dann kommen auch die anderen. Das war der eigentliche Durchbruch.
Jetzt kommt eine Generation, die einfach nicht mehr gewohnt ist, für Medien zu zahlen.
Hat man wegen «20 Minuten» das Gefühl gehabt, Journalismus müsse generell gratis sein?
Ja, natürlich. Aber heute ist ja sehr vieles gratis geworden. Wir haben eine Gratismentalität im Internet. Und jetzt kommt eine Generation, die einfach nicht mehr gewohnt ist, für Medien zu zahlen. Ob «20 Minuten» dies beschleunigt hat oder nicht, das ist eine müssige Frage. Es kam einfach im richtigen Moment das richtige Produkt. Und doch ist heute der letzte Tag der Pendlerzeitung. In dieser klassischen Form ist sie aus der Zeit gefallen.
Gibt es denn etwas, das Print besser kann als digitale Medien?
Ich bin immer noch ein grosser Printanhänger. «20 Minuten» hat es ja schon mit dem Titel klar ausgedrückt. Es ist ein abgeschlossenes Universum, das Sie vor sich haben. Sie können es durchblättern und Sie wissen im Prinzip, an diesem Tag ist dies und jenes passiert.
Was glauben Sie, wird es in Zukunft überhaupt noch Zeitungen in gedruckter Form geben?
Ich hoffe es. Ich glaube, sie müssen irgendetwas ganz Spezielles machen. Dann haben sie als Zeitung eine Chance. Das ganze Leseverhalten hat sich brutal verändert. Ich könnte mir schon vorstellen, dass es vielleicht in 15 Jahren Tageszeitungen gibt, die dann auf Papier verzichten und nur noch online präsent sind. Auf der anderen Seite habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele Betreiber von Newsportalen immer noch darunter leiden, dass sie keine Printausgabe haben, weil sie im Print natürlich bessere Werbepreise erzielen.
‹20 Minuten› war ein Lebensgefühl.
Was war die grösste Leistung von «20 Minuten»?
Die grösste Leistung von «20 Minuten» war, eine Zeitschrift so zu etablieren. Sie war die Mutter aller Pendlerzeitungen in der Schweiz. Und das Interessante an «20 Minuten» war, dass es eben mehr als nur eine Zeitung war. Es war ein Lebensgefühl. Die jungen Menschen haben sich damit identifiziert. «20 Minuten» hat sicher eine Generation geprägt, wie es vielleicht Radio 24 tat in den Piratenzeiten oder Tele Züri bei der Gründung.
Und gab es auch eine grösste Fehlleistung?
Wenn die Zeitung heute eingestellt wird, ist das vielleicht auch eine Niederlage, oder? Vielleicht hat man es auch verpasst, «20 Minuten» anzupassen, um noch paar Jahre zu überleben. Ich glaube das selber nicht, weil sich das Pendlerverhalten und vielleicht auch das Verhalten des Publikums verändert hat. Der Print funktioniert so nicht mehr. Jetzt müssen wir uns voll aufs Internet konzentrieren.
Das Gespräch führte Vanessa Ledergerber.