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Staatsbesuch von Ramaphosa Belastet die Apartheid-Vergangenheit das Verhältnis zu Südafrika?

Der Präsident von Südafrika, Cyril Ramaphosa, ist auf Staatsbesuch in der Schweiz. Mit der Einladung will der Bundesrat die engen Beziehungen zwischen der Schweiz und Südafrika betonen und weiter vertiefen. Doch historisch sind diese nicht unbelastet.

Ein Mann lächelt in die Kamera
Legende: Der Jurist, Unternehmer und Gewerkschaftsführer Cyril Ramaphosa ist seit 2018 Präsident der Republik Südafrika. EPA / OLIVIER MATTHYS

Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse, die auch die heutige Beziehung beeinflussen.

1948: In Südafrika gilt Apartheid

Bereits ab 1910 beginnt in Südafrika die Rassentrennung. So dürfen Schwarze etwa nur «niedrige Arbeiten» verrichten. Sex oder Ehen zwischen Schwarzen und Weissen sind verboten. Als 1948 die rassistische Nationale Partei (NP) die Wahlen gewinnt, wird die Apartheid zur offiziellen Staatsdoktrin.

Kabinett
Legende: Wahlsieg der NP 1948: Das Kabinett unter dem neuen Premierminister Daniel François Malan. Getty Images / UniversalImagesGroup

1950er: Die Schweiz unterstützt das Regime

In den 1950er-Jahren ist die Apartheid in der Schweiz kaum ein Thema. Der damalige Schweizer Botschafter identifiziert sich mit dem weissen Nationalismus und schickt entsprechend gefärbte Lagebeurteilungen. 1956 wird in Zürich sogar eine Vereinigung Schweiz-Südafrika gegründet, die als Handelskammer fungiert. Die Schweiz entwickelt sich zu einer wichtigen Partnerin: Banken gewähren Kredite, Unternehmen investieren, Rüstungsfirmen umgehen Embargos. Ab 1979 wird die Schweiz zudem zum wichtigsten Umschlagplatz für südafrikanisches Gold.

1960: Sharpeville-Massaker

Im März 1960 demonstrieren Tausende Schwarze in Sharpeville gegen Apartheid-Gesetze. Die Polizei schiesst in die Menge: 69 Tote, rund 200 Verletzte – ein Massaker, das weltweit Entsetzen auslöst. Auch in der Schweiz rückt die Apartheid erstmals ins öffentliche Interesse; politische Akteure beziehen Stellung.

Erwachsene und Kinder rennen davon
Legende: Demonstrierende flüchten 1960 vor der Polizei, die mit scharfer Munition schiesst. Getty Images / Universal History Archive

1976: Soweto-Aufstand

Im Juni 1976 protestieren Schülerinnen und Schüler in Soweto gegen das Apartheid-Regime. Die brutale Niederschlagung fordert rund 600 Todesopfer. Der Aufstand gilt als Zäsur im Kampf gegen die Apartheid – auch in der Schweiz verändert er die Wahrnehmung des südafrikanischen Regimes.

Mann trägt toten Jungen
Legende: Die Polizei tötet den erst 12-jährigen Hector Pieterson (im Bild). Das löst eine landesweite Protestbewegung aus, die entscheidend zur Überwindung der Apartheid beiträgt. KEYSTONE / AP / The World / Sam Nzima

1980er: Die Schweiz gerät in Kritik

Als andere Länder Sanktionen verhängen, hält sich die Schweiz – wie damals üblich – zurück. Mit Folgen, sagt Sacha Zala, Direktor der Forschungsstelle Diplomatische Dokumente der Schweiz (Dodis): «Dass die Schweiz die Sanktionen nicht mittrug, brachte ihr in vielen afrikanischen Ländern ein miserables Image ein.» Immerhin unterstützt die Schweiz ab 1986 südafrikanische Nichtregierungsorganisationen, die sich für das Ende der Apartheid einsetzen. «Auch in der Bundesverwaltung war Ende der 1980er-Jahre niemand mehr der Ansicht, die Apartheid könne oder solle noch lange bestehen», sagt Annina Clavadetscher, Forscherin bei Dodis.

1994: erstmals demokratische Wahlen

Massenproteste und internationaler Druck ebnen schliesslich den Weg zur Abschaffung der Apartheid: Im April 1994 finden in Südafrika erstmals demokratische Wahlen statt. «Die offizielle Schweiz investierte in den 1990er-Jahren massiv in positive Beziehungen mit dem ‹neuen Südafrika›», sagt Zala. Dabei habe sie versucht, die belastete Zeit durch gute Taten vergessen zu machen. Laut Clavadetscher fand sie Gehör. «Südafrika war froh, neue Partner aufzubauen.»

Heute

Zala sieht in der Geschichte keinen Hemmschuh. «Eine getrübte Vergangenheit kann in der Diplomatie durchaus schönes Wetter fördern.» Die Schweiz trägt nämlich eine gewisse historische Verantwortung – und empfängt Präsident Cyril Ramaphosa mit allen militärischen Ehren.

SRF 3, 27.10.2025, 17:40 Uhr; sten

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