Makellose Haut, weisse Zähne, durchtrainierte Bäuche: Soziale Medien sind voll mit perfekten Körpern und Schönheitsidealen. Das setzt vor allem junge Mädchen unter Druck, zeigt eine neue Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW). Jael Bernath erläutert wichtige Erkenntnisse. Sie ist Koautorin der Studie.
SRF News: Wie beeinflussen digitale Medien das Körperbild von Jugendlichen?
Jael Bernath: Das Körperbild von Jugendlichen wird grundsätzlich von vielen Aspekten beeinflusst. Medien sind nur einer davon. Soziale Medien spielen aber eine zentrale Rolle, weil der Alltag von Jugendlichen heute sehr stark durch sie geprägt ist. Bilder, die dort kursieren, zeigen oft idealisierte und unrealistische Schönheitsideale. Diese Körperbilder sind für Jugendliche schwer zu erreichen. Der Vergleich damit kann Stress auslösen.
Sie sprechen von idealisierten und unrealistischen Darstellungen. Welche Schönheitsideale werden denn vermittelt?
Wir sehen in unserer Befragung, dass für junge Frauen nach wie vor Ideale von Schlanksein wichtig sind oder sie diese stark verinnerlicht haben. Für junge Männer sind muskulöse und starke Körper wichtiger. Die Personen, die solche Inhalte posten, wirken für die Jugendlichen nahbar. Teilweise kann man sogar mit ihnen interagieren. Vieles erscheint spontan produziert, obwohl tatsächlich oft viel Aufwand dahintersteckt und die Bilder nachbearbeitet werden. Durch diese scheinbare Nähe wird der Eindruck vermittelt: Das kann ich auch erreichen, so muss ich aussehen.
Mädchen empfinden stärker das Gefühl, dass sie ihr Aussehen verändern müssen.
Sie haben herausgefunden, dass Mädchen anders auf solche Bilder reagieren als Jungen. Was hat Ihre Befragung gezeigt?
Mädchen berichten häufiger, dass sie durch Inhalte aus sozialen Netzwerken unter Druck geraten. Sie empfinden stärker das Gefühl, dass sie ihren Körper und ihr Aussehen verändern müssen. Der Druck fällt bei Mädchen in dieser Altersspanne stärker aus als bei Jungen.
Wie erklären Sie sich diesen Unterschied?
Einerseits sehen Jugendliche aufgrund algorithmischer Empfehlungen unterschiedliche Inhalte. Es ist sehr individuell, was sie auf Social Media erleben. Möglicherweise kommen Mädchen häufiger in Kontakt mit Inhalten, die den Fokus auf Äusserlichkeiten legen. Dadurch spüren sie den Druck stärker. Zudem weiss man aus Studien, dass Mädchen eher zu sogenannten sozialen Aufwärtsvergleichen neigen. Das sind Vergleiche mit idealisierten und schwer erreichbaren Bildern. Diese wirken sich negativ auf das eigene Körperbild aus.
Sie geben in Ihrer Studie Empfehlungen zur Prävention. Was raten Sie Eltern, Lehrpersonen oder anderen Bezugspersonen?
Zentral ist das Bewusstsein, dass Bezugspersonen Vorbilder im Umgang mit dem eigenen Körper sind. Ein wohlwollender und wertschätzender Umgang mit dem Körper sollte vorgelebt werden. Ebenso wichtig ist, achtsam damit umzugehen, wie man über das Äussere von Menschen spricht: nicht beurteilen, werten oder abwerten. Auch sollte man mit Kindern und Jugendlichen über Schönheitsideale sprechen. Sie entwickeln früh gewisse Vorstellungen. Man sollte offen über Unsicherheiten reden, die sie in Bezug auf ihr Aussehen haben. Und speziell im Umgang mit sozialen Netzwerken ist es sinnvoll, Inhalte gemeinsam anzuschauen und kritisch zu hinterfragen. Sie sollen ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass viele Bilder nicht realistisch sind, inszeniert und bearbeitet wurden. Dadurch entwickeln sie ein Gefühl dafür und Medienkompetenz.
Das Gespräch führte Amir Ali.