Unterwegs im Knonaueramt im Kanton Zürich: Sarah Wyss vom Veterinärdienst fährt zu einer Tierschutzkontrolle. Sie ist angespannt. «Ich will einen korrekten Job machen. Dafür muss ich 100 Prozent geben und 100 Prozent parat sein.» Sie weiss: Das Thema Tierschutz ist hochemotional.
Für Tierhaltende sind solche Kontrollen nämlich oft mit Stress verbunden. Nicht selten kommt es zu Anfeindungen, auch zu Übergriffen. Deswegen ist bei Kontrollen nicht selten die Polizei mit dabei.
Tierschutz geht einigen zu weit, anderen zu wenig weit
Heute steht die Kontrolle eines Milchbetriebs auf dem Programm, es geht um den Hof von Rolf Heer und seinem Sohn. Die Inspektion ist angemeldet, trotzdem ist Nervosität spürbar – auf beiden Seiten. «Eine unangemeldete Kontrolle ist sicher angespannter als eine angesagte Kontrolle», sagt Heer. «Aber grundsätzlich haben wir kein Problem mit Kontrollen. Die müssen gemacht werden.»
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Bild 1 von 3. Sarah Wyss vom Veterinärdienst kontrolliert, ob die Tierschutzanforderungen erfüllt sind. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 3. Dabei misst sie zum Beispiel die Abstände bei den Boxenbügeln mit elektronischer Hilfe. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 3. Mit den Kontrollen sollen das Wohlbefinden und die artgerechte Haltung der Tiere sichergestellt werden. Bildquelle: SRF.
Die Kontrolleure scannen den Hof, sie prüfen den Betriebsleiter. Und sie schauen, dass mit den Tieren alles in Ordnung ist. Dabei geht es etwa um die Klauenpflege, es geht um die Abstände bei den Boxenbügeln, es geht um den Umgang mit Husten und Lungenkrankheiten bei den Tieren.
Überprüft werden die Mindestanforderungen des Tierschutzgesetzes. Die gehen für einige zu weit, für andere zu wenig weit. Und deshalb können vor allem nicht-angemeldete Kontrolle in Ausnahmefällen auch eskalieren. Es kommt nicht selten zu Anfeindungen, Aggressionen oder Angriffen gegen die Kontrolleure.
Deeskalationstrainings und Kampfsportkurse
«Es kann zum Beispiel sein, dass in einem Bestand mehrere Tiere krank sind und dass sich der Landwirt dann ärgert, dass wir gerade heute für eine unangemeldete Tierschutzkontrolle vorbeikommen», sagt Peter Rogger vom Zürcher Veterinäramt.
Viele Veterinärämter reagieren auf die teils explosive Stimmung und führen Kurse für Mitarbeitende durch. Deeskalationstrainings etwa, teils gibt es gar Überlegungen für Selbstverteidigungskurse.
Dass es bei Kontrollen schwieriger wird für die Mitarbeitenden, das weiss auch Martin Brügger. Er ist der oberste Vertreter der Kantonstierärzte. «Das ist in den meisten Fällen eher verbal, aber es kann durchaus auch körperlich sein oder mit Gerätschaften wie Messern oder Gabeln.» Das habe man alles schon erlebt.
Wie hoch die Wogen gegen Veterinärdienste gehen können, zeigte zuletzt der Fall Ramiswil SO. Nachdem auf einem Hof im Kanton Solothurn dutzende Tiere vernachlässigt aufgefunden und 120 Hunde eingeschläfert worden waren, gab es Drohungen gegen Mitarbeitende des Veterinärdienstes und die Kantonstierärztin. Eine externe Untersuchung soll nun Klarheit bringen.
Die meisten Tierhalter halten sich ans Gesetz
Derweil schauen auch andere Veterinärämter auf den Fall Ramiswil. Denn Vorwürfe und Anfeindungen seien ein Dauerthema. «Die Leute wissen gar nicht, was man alles gemacht hat», sagt Brüngger. Also, was genau auf dem Betrieb oder in der Wohnung vorgefunden wurde. «Das tut weh», sagt er. Denn man habe aus Datenschutzgründen gar nicht die Möglichkeit, sich zu erklären.
Zurück auf dem Hof von Rolf Heer. Er sagt, in der Branche gebe es «durchzogene Sachen». Und nicht alle Tierhalterinnen würden die Kontrollen entspannt sehen. Auf seinem Hof hat der Veterinärdienst keine Mängel festgestellt. Heer hält sich korrekt an die Anforderungen – so wie die meisten anderen Tierhalter auch.