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Trotz öffentlichem Protokoll Nationalbank gibt sich weiter zugeknöpft

In einem Papier gibt die Schweizerische Nationalbank erstmals Einblick in ihre Diskussion, die zum jüngsten Zinsentscheid geführt hat. Ein Blick auf das erstmals veröffentlichte Protokoll mit Wirtschaftsredaktor Sven Zaugg.

Sven Zaugg

Wirtschaftsredaktor

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Sven Zaugg ist seit 2023 als Wirtschaftsredaktor für Radio SRF tätig. Zuvor arbeitete er als Reporter und Wirtschaftsredaktor für den «SonntagsBlick».

Wie hoch ist der Erkenntnisgewinn?

Mager. Allerdings: Es war kaum zu erwarten, dass die Nationalbank hier alle Karten offenlegt. Zunächst muss man verstehen, wie die SNB ihre geldpolitischen Entscheide trifft. Also ob sie den Leitzins senkt, anhebt oder unverändert lässt. Die vierteljährliche Lagebeurteilung dauert zwei Tage.

Was wird besprochen?

Zunächst diskutieren zahlreiche Vertreter diverser Abteilungen die wirtschaftliche Lage. Dazu gehören die Bereiche Volkswirtschaft, Geldmarkt und Finanzstabilität, um nur einige zu nennen. Die Leiterinnen und Leiter dieser Abteilungen äussern sich zur möglichen Entwicklung von Preisen und der Entwicklung der Wirtschaft und Zinsen im Allgemeinen. Anschliessend diskutiert ein engerer Kreis die möglichen Optionen, bevor das dreiköpfige Direktorium unter Präsident Martin Schlegel den endgültigen Beschluss fasst.

Was steht in diesem Papier?

Ein Beispiel: Die Nationalbank beliess den Leitzins im September ja bei null Prozent. Sie schreibt, es brauche derzeit keine noch expansivere Geldpolitik, also keine weiteren Zinssenkungen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die aktuelle Geldpolitik fördere das Wachstum bereits. Zudem würden die US-Zölle nur einen Teil der Wirtschaft direkt treffen. Es gebe kaum Hinweise darauf, dass die negativen Folgen der Zölle aus exportorientierten Branchen auf andere Wirtschaftsbereiche übergreifen. Erkenntnisgewinn: tief.

SNB-Spitze
Legende: Zinsen rauf oder Zinsen runter? Die Schweizerische Nationalbank hat bislang ein Geheimnis daraus gemacht, wie sie zu ihren Entscheiden kommt. Keystone/Andreas Becker

Gab es im Gremium Streitpunkte?

Das mag vorgekommen sein, doch die Zusammenfassung verrät nichts darüber. Im Text fehlen direkte Zitate oder Aussagen, die klar einer Person zugeordnet werden können. Kein «Präsident Schlegel sagt dies» und «Vizepräsident Antoine Martin entgegnet jenes». Dass dies nicht der Fall ist, ist die Strategie der Nationalbank. Die Botschaft lautet: Jeder Entscheid wird nach aussen von allen getragen – ähnlich wie beim Bundesrat. Das soll den Finanzmärkten und der Wirtschaft signalisieren, dass die SNB eine klare Linie verfolgt.

Was bleibt geheim?

Das Problem: Wir lernen nichts darüber, welche Aspekte kontrovers diskutiert wurden. Zum Beispiel, ob einige Argumente für eine weitere Zinssenkung gesprochen hätten, die Mehrheit jedoch dagegen war. Gab es Alternativen, unterschiedliche Meinungen, welche Optionen wurden verworfen? Es findet sich im Text praktisch nichts, was nicht ohnehin schon bekannt war.

Ist die SNB transparenter als andere Notenbanken?

Nein, die SNB zieht nach. Das Fed, die US-Zentralbank, veröffentlicht solche Zusammenfassungen – noch detaillierter – seit 1993. Die Europäische Zentralbank folgte 2015 und berichtet vier Wochen nach jedem Entscheid ausführlich über die Diskussionen. Dass die SNB nun ebenfalls eine Zusammenfassung der Diskussion veröffentlicht, macht ihre Entscheide nicht unbedingt viel transparenter, markiert aber einen Wandel in der Kommunikation. Das ist positiv zu werten.

Wer gab den Ausschlag für die neue Praxis?

Dahinter steht klar die Handschrift des noch relativ neuen Präsidenten Martin Schlegel. Die SNB will offener und zugänglicher werden. Thomas Jordan, der frühere Präsident, hatte sich stets dagegen gesperrt, aus Sorge, die Unabhängigkeit zu gefährden. Nun folgt die SNB einem Trend, der bei vielen Notenbanken längst Standard ist.

Echo der Zeit, 23.10.2025, 18 Uhr; blac; wilh ; 

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