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Umstrittene Kaufprämie Deutsche Autolobby blitzt ab

VW und Co. forderten eine Kaufprämie für Verbrenner – und blitzten ab. Nun kommt die Prämie für E-Autos, der Effekt bleibt zweifelhaft.

Das wochenlange Ringen hat ein Ende. 21 Stunden verhandelte die grosse Koalition zuletzt und entschied sich gegen eine Kaufprämie für Verbrenner. Die Autolobby ist abgeblitzt – trotz tatkräftiger Unterstützung aus allen Parteien. Zuvorderst an der Auspuff-Front: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.

Eine gewisse Nähe zur Autoindustrie mag bei der bayerischen CSU nicht überraschen. Doch auch in den Reihen der SPD gab es jene, die die Abwrack-Prämie wollten. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil zum Beispiel, in dessen Bundesland die Autoindustrie die mit Abstand wichtigste Branche ist. Und auch der Grüne Ministerpräsident aus Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, legte sich für eine Kaufprämie ins Zeug.

Erst das Fressen, dann die Moral

Pragmatismus nennen es die einen. «Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral», unterstellte Brecht. Umweltschutz scheint zweitrangig zu sein angesichts der Sorge um rund 1.8 Millionen direkt und indirekt von der Auto-Branche abhängige Jobs. 2.8 Millionen Arbeitslose gibt es bereits in Deutschland – 500'000 mehr als noch vor einem Jahr – und auch die Kurzarbeit greift weit um sich, gerade in der Autoindustrie.

Die Branche hat strukturelle Schwierigkeiten, steckt mitten in der grössten Umwälzung ihrer Geschichte. Bereits vor Corona war klar: Bis zu 15 Prozent der Jobs werden wohl verloren gehen durch die Umstellung auf Elektro. Die deutschen Hersteller, gesättigt vom jahrzehntelangen Erfolg, hatten die Veränderung lange verschlafen.

Kaufprämie ökonomisch nutzlos

Dieses Problem wäre mit einer Kaufprämie nicht behoben. Ökonomen aller Couleur, darunter die angesehen Wirtschaftsweisen, halten das Instrument für nicht effektiv. Das hätten die Erfahrungen nach der Finanzkrise gezeigt, als eine Abwrackprämie die Autobranche stützen sollte, aber praktisch wirkungslos verpuffte.

Auch eine klare Mehrheit der Bevölkerung ist gegen Autoprämien, das zeigen Umfragen. Hätte die Bundesregierung Diesel und Benziner gefördert, wäre der Affront perfekt gewesen. Allein: Dass die Kaufanreize nun nur für Elektroautos gelten, macht sich nicht unbedingt klüger, höchstens weniger angreifbar. Viel mehr als Symbolpolitik ist das nicht. Viel entscheidender ist die generelle Senkung der Mehrwertsteuer, die die Koalition ankündigt. Diese kommt der gesamten Wirtschaft und jedem Einzelnen zugute, statt nur der Autoindustrie.

Bettina Ramseier

Bettina Ramseier

Deutschland-Korrespondentin, SRF

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Bettina Ramseier ist SRF-Korrespondentin in Berlin. Sie ist seit 15 Jahren TV-Journalistin: Zuerst bei TeleZüri, danach als Wirtschaftsredaktorin bei SRF für «ECO», die «Tagesschau» und «10vor10».

Video
Aus dem Archiv: Autobranche will CO2-Vorgaben verschieben
Aus ECO vom 11.05.2020.
abspielen. Laufzeit 13 Minuten 3 Sekunden.

SRF 4 News, 4.6.2020, 6 Uhr

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