Zum Inhalt springen

Header

Audio
Übertriebene Leserzahlen und fragwürdige Methoden
Aus Espresso vom 22.04.2024. Bild: Matthias Schmid
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 30 Sekunden.
Inhalt

Umstrittene Gratisblätter Rotes Kreuz und Blindenbund stoppen Werbung in Inserateheften

In den kritisierten Gratisblättern einer Holding inserieren auch gemeinnützige Organisationen. Spendenfinanziert?

Die Kritik an den Gratisblättern: Die Zuger BK Group Holding AG, beziehungsweise deren Verlage DMM, Welldone Media und TK Media, geben diverse Gratisblättern heraus, zum Beispiel das «Swiss KMU Plus»-Magazin oder den «Kurier Züri». Diese bestehen hauptsächlich aus Inseraten.

«Espresso» ist an Ihrer Meinung interessiert

Box aufklappen Box zuklappen

Der «Kassensturz» berichtete unter anderem über masslos übertriebene Leserzahlen, um Inserenten zu ködern, und andere fragwürdige Verkaufsmethoden. So buchte etwa die Inhaberin eines KMU ein Inserat. Die Inserateverkäuferinnen jubelten ihr dabei ungewollte Aufträge unter.

Ein anderer Inserent erzählte, er habe für rund 50'000 Franken inseriert – ohne eine einzige Rückmeldung zu bekommen. Eine stichprobenartige Umfrage des «Kassensturz» zeigt: Keiner der Befragten kennt diese Hefte.

Das Rote Kreuz und die Inserate: In verschiedenen Publikationen der kritisierten Zuger Firma finden sich teils ganzseitige Inserate des Schweizerischen Roten Kreuzes. Das Hilfswerk finanziert sich zu einem grossen Teil aus Spenden.

In diese Inserate seien nie Spendengelder geflossen, beteuert Anita Ruchti, Medienverantwortliche des Roten Kreuzes Kanton Zürich gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso»: «Wir haben in besagten Zeitschriften ausschliesslich für die nicht-spendenfinanzierte Dienstleistung ‹Rotkreuz-Notruf› Inserate mit mindestens 50 Prozent und mehr Rabatt gebucht.»

Diese Ausgaben hätten überdies einen kleinen Teil des Werbebudgets ausgemacht. Der «Rotkreuz-Notruf» – ein Notrufsystem für Seniorinnen und Senioren – finanziert sich durch Kundinnen und Kunden. Diese müssen Installationsgebühren und eine Monatsgebühr zahlen. Unterdessen inseriert das Rote Kreuz nicht mehr in den Inseratevehikeln. Man habe schon Ende letzten Jahres beschlossen, die Aufträge zu stoppen und auf Onlineaktivitäten zu setzen. Nun sei man froh, dass man so entschieden habe, so die Sprecherin.

Der Blindenbund und die Inserate: Auch der Blindenbund hat die Inserate in jenen Publikationen unterdessen gestoppt. Pro Jahr habe man dort für einen «tiefen vierstelligen Betrag» Inserate gebucht, sagt Geschäftsführer Arnold Wittwer auf Anfrage. Es sei «ärgerlich», dass man überhaupt da inseriert habe. Der Blindenbund finanziert sich grösstenteils aus Spenden und aus Subventionen des Bundes. Man mache nun auch generell eine Auslegeordnung: Wo machen Inserate Sinn und wo eher nicht?

Das ist seit den Vorwürfen passiert: Auch bei der kritisierten Zuger Firma ist man über die Bücher gegangen. Die unrealistischen Leserzahlen sind von deren Internetseiten verschwunden. «Die BK-Gruppe ist stets bestrebt, die Qualität und die Transparenz gegenüber ihren Kundinnen und Kunden zu verbessern», schreibt der Medienverantwortliche Samuel Brandner. Deshalb werde aktuell unter anderem geprüft, ob man die Auflage der Magazine und Zeitschriften durch die Medienforschungsstelle WEMF beglaubigen lassen wolle. Auch arbeite man an einer Verbesserung der Werbereichweite und der Erfolgsmessung der Inserate. Die erwähnten dubiosen Verkaufstricks hätten personelle Konsequenzen gehabt und sollten laut dem Sprecher nicht mehr vorkommen. Verträge seien grundsätzlich erst dann gültig, wenn die Kundin oder der Kunde per E-Mail die Zustimmung gegeben habe.

Espresso, 22.4.2024, 8:10 Uhr

Meistgelesene Artikel