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Gesunde Füsse
Aus Puls vom 02.05.2016.
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Gesundheit Fuss-Fehlstellung – Wenn der Fuss drückt

Fuss-Fehlstellungen sind in der Bevölkerung weit verbreitet. Deformierte Füsse können, müssen aber nicht zwingend Beschwerden machen. Aber bei Schmerzen, oder auffälligen Normabweichungen gehört der Fuss zum Spezialisten – auch dann, wenn die Schmerzen nicht am Fuss, sondern am Knie Probleme machen.

Die Füsse sind das Fundament des Körpers. Sie tragen uns im Laufe des Lebens rund 100'000 Kilometer weit – mehr als zwei Mal um die Erde. Beim Gehen müssen die Füsse das Zwei- bis Dreifache des Körpergewichts tragen und verschiedene Funktionen erfüllen: Die Ferse dient als Stabilisator, der Mittelfuss sorgt für Beweglichkeit, der Vorfuss rollt ab, die Sohle dämpft.

26 Knochen und zahlreiche Muskeln, Bänder und Sehnen geben dem Fuss Halt und machen ihn gleichzeitig beweglich. Je weniger sie gefordert werden, desto eher bilden sie sich zurück was zu Problemen führt. Dazu tragen auch unsere Schuhe bei.

Am Morgen nach dem Aufstehen schlüpfen wir in Hausschuhe, tagsüber stecken wir unsere Füsse in Halbschuhe, Turnschuhe oder Absatzschuhe. Beim Sport tragen wir Gymnastik- oder Joggingschuhe, am Wochenende häufig Wanderschuhe und abends warten zuhause erneut Schlarpen, Crocs & Co. auf unsere Füsse.

Längst sperren wir unsere Füsse dauerhaft in Leder und Kunststoff weg, barfuss sind die Füsse meistens nur noch im Bett. Die Konsequenz: Viele kleine und grosse Fussmuskeln werden kaum noch trainiert, was Fuss-Fehlstellungen begünstigt.

Nicht alle Plattfüsse machen Probleme

«Meistens sind es mehrere Faktoren, die eine Fuss-Fehlstellung beeinflussen und nicht das Schuhwerk allein», sagt Daniel Krapf, Orthopäde und Leiter des Fusszentrums St. Anna in Luzern.

Tatsächlich können Plattfüsse angeboren sein. Verbreiteter ist aber der erworbene Plattfuss. Über Jahre kommt es zu einer Absenkung des Fussskeletts und zu einer Lockerung der Sehnen und so zu einer Absenkung des Längsgewölbes. Dabei verlieren die Bänder und Muskeln, die Fähigkeit, das Längsgewölbe aufrechtzuhalten. Das Fussskelett gibt schliesslich der Last des Körpers und der Schwerkraft nach. «In solchen Fällen kann sich ein bisher beschwerdefreier Knick-Senk-Fuss immer stärker ausbilden und nun auch Schmerzen verursachen», erklärt Fuss-Spezialist Krapf.

Es gibt keine zuverlässige Skala, ab welcher Fehlstellung ein Fuss schmerzt und behandlungsbedürftig ist.
Autor: Daniel KrapfOrthopäde

Gründe dafür können auch eine dauerhafte Fehl- oder Überbelastung, ständiges Stehen, Übergewicht, Arthrose, eine Bindegewebsschwäche – etwa während einer Schwangerschaft –, Nervenkrankheiten oder ein Unfall sein. Fabian Krause, Leitender Arzt der Fuss- und Sprunggelenkschirurgie am Inselspital in Bern, relativiert: «Nicht alle Plattfüsse machen Probleme. Tatsächlich kann man sogar sagen, dass nur die Minderheit der Plattfüsse Probleme macht – insbesondere, wenn man nach Indien oder Pakistan schaut, wo Plattfüsse ethisch bedingt häufiger vorkommen.»

Wer keine Beschwerden hat und nicht zum Arzt geht, verpasst deshalb sehr wahrscheinlich nichts. «Trotzdem sollte man sensibel bleiben und auf Beschwerden der Wirbelsäule, Hüften oder Knie achten, welche ebenfalls durch statische Fehlstellungen wie Plattfüsse hervorgerufen werden können.»

Seitliche Aufnahme eines nackten Fusses auf einem Teppich
Legende: Knicksenkfuss Fuss-Fehlstellungen kommen oft in gemischten Formen vor. SRF

Augenfälliger Abdruck

Der Abdruck, den ein nasser Fuss bei der Fehlstellung Plattfuss am Boden oder auf einer speziellen Fuss-Messplatte beim Spezialisten hinterlässt, ist ziemlich augenfällig: Die Aussparung beim Fussgewölbe an der Fuss-Innenseite fehlt, der komplette Fuss ist platt abgebildet.

«Speziell ist, dass ein so stark verformter Fuss nicht zwingend Probleme machen muss», weiss Orthopäde Daniel Krapf aus seiner täglichen Praxis und ergänzt: «Es gibt keine zuverlässige Skala, ab welcher Fehlstellung ein Fuss schmerzt und behandlungsbedürftig ist.» Zum Arzt muss denn auch erst, wer Beschwerden hat, die sich auf Gehfähigkeit, Belastbarkeit, Stabilität des Fusses und die Koordination der Fortbewegung auswirken. «Häufig treten Schmerzen bei einer Fuss-Fehlstellung am Fuss selbst auf, typischerweise am Innenknöchel», sagt Krapf.

Befindet sich der Körper durch die Fuss-Fehlstellung aber nicht mehr im Lot, könnten auch anderen Stellen schmerzhafte Beschwerden auftreten, etwa am Knie, gibt der Orthopäde zu bedenken.

Klassische Fussfehlstellungen

Übersicht über klassische Fussfehlstellungen
Plattfuss / Senkfuss
Das Innengewölbe des Fusses ist eingesunken und abgeflacht. Der Fuss verliert dadurch an Elastizität und kann nich tmehr effizient abrollen.
KnickfussDurch konstante Belastung der Ferse auf der Innenseite statt der Mitte knickt der Fuss zur Seite. Meist verbunden mit mehr oder minder starken X-Beinen.
HohlfussDurch den überhohen Rist ist der Fuss beim Abrollen eingeschränkt. Um genügend Stabilität zu erreichen, verkrallen sich die Zehen, was ihren Spielraum als Abstosser oder Federung einschränkt. Es entstehen Druckstellen an Zehen und Ballen – Hühneraugen.
SpreizfussDauernder Druck nach vorne (zum Beispiel durch hohe Absätze) führt zu einer Verflachung des Vorfusses. Die Schläge beim Gehen müssen vermehrt von Beinen und Rücken aufgefangen werden, die Zehenknöchelchen werden stärker belastet und Schwielen verstärken die Beschwerden noch.
Hallux Valgus
Der «Hallux» ist meist Folge eines Spreizfusses: Die Grosszehe weicht zur Fussmitte ab, drängt den Zeh daneben ebenfalls ab oder ragt darüber oder darunter. Am Ballen des grossen Zehens ergeben sich oft schmerzhafte Druckstellen oder Entzündungen.

Viele durch einen Plattfuss hervorgerufene Beschwerden können durch Physiotherapie und mit Hilfe von orthopädischen Einlagen verbessert werden. Eine weitere Massnahme sind Kräftigungsübungen für die Fussmuskulatur, die das Längsgewölbe zusätzlich trainieren und so die Grundspannung im Fuss wieder erhöhen, um das Gewölbe zu halten. Spezielle Fuss-Schulen bieten Kurse an, die alltagstaugliche Übungen vermitteln, mit denen man seine Füsse bewusst kräftigen kann.

Oft wird Fuss-Training auch mit einer Einlagenversorgung kombiniert. «Sehr viele Patienten sprechen gut auf Einlagen an», weiss Spezialist Daniel Krapf. Die Behandlungsmethoden wissenschaftlich zu vergleichen, sei allerdings häufig schwierig, da die Fuss-Fehlstellungen verschiedene Ursachen hätten.

In schwierigen Fällen kann als letztes Mittel allenfalls eine Operation in Betracht gezogen werden.

Kindlicher Plattfuss

Kleinkinder haben einen anderen Fussabdruck als Erwachsene: Ihre Fusssohle liegt vollständig auf dem Boden auf. Das Auftreten von Plattfüssen oder Senkfüssen bei Kleinkindern ist also ganz normal. Fettpolster unter der Kinderhaut der Fusssohle sind teilweise für den typisch kindlichen Fussabdruck verantwortlich. Zudem ist das Fussgewölbe bei Kleinkindern noch nicht vollständig entwickelt.

«Das Gewölbe richtet sich dann später in praktisch allen Fällen automatisch wieder auf», weiss Fuss-Spezialist Fabian Krause. Kann das Kind auf den Zehen stehen und zeichnet sich dabei das Fussgewölbe ab, ist zumeist alles in Ordnung. «Gibt das Kind jedoch Beschwerden an oder wollen Eltern auf Nummer sicher gehen, würde ich den Plattfuss beim Kinderarzt oder Orthopäden abklären lassen», rät Orthopäde Krause.

Für eine gesunde Fussentwicklung ist Barfusslaufen übrigens ein ideales Training. Solange also keine Beschwerden da sind – ob bei Kindern oder Erwachsenen –, sollte man seinen Füssen möglichst viel Barfusszeit gönnen. Abwechslung bieten da diverse Barfusspfade und Kneippanlagen in der Schweiz – wie etwa die Chlostermatte im aargauischen Bünzen aus dem «Puls»-Beitrag.

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