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Weniger Stress und bessere Leistung: So geht effizientes Lernen
Aus Puls vom 13.03.2023.
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Sprachskills dank Neuro-Tricks Rätoromanisch lernen in drei Wochen – geht das?

Eine Sprache lernen in nur drei Wochen: Mit den richtigen Lernmethoden soll es klappen. Ein Erfahrungsbericht mit Tipps der Hirnforschung.

«Pascale! Wärst du bereit, für eine Sendung in weniger als drei Wochen Rätoromanisch zu lernen? Du musst Dich aber ein wenig reinknien!» Rätoromanisch lernen in so kurzer Zeit? Das klingt verrückt. Aber auch sehr spannend! Denn Rätoromanisch lernen schwirrt mir schon länger im Kopf herum.

Seit zwölf Jahren bin ich mit meiner Familie sehr oft in Brigels – wo wir ein Ferienhaus haben. Die Einheimischen sprechen Rätoromanisch, genauer gesagt Sursilvan, eines der fünf Idiome des Rätoromanischen.

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Unterstützung durch zwei aussergewöhnliche Sprachlernprofis
Aus Puls vom 13.03.2023.
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Unterstützt werde ich von den Sprachlern-Coaches Matthew und Michael Youlden. Die Zwillinge sind 40 Jahre alt, kommen aus England und sprechen über 25 Sprachen. Darunter sind geläufige Sprachen wie Deutsch, Italienisch oder Spanisch, aber auch Minoritätssprachen wie Gälisch oder Obersorbisch.

Die beiden Sprachwissenschaftler haben eine eigene Lernmethode entwickelt und auch schon Türkisch oder Maltesisch in nur einer Woche gelernt. Rätoromanisch können sie noch nicht – doch das soll sich jetzt ändern. Jedenfalls haben sie sich bereit erklärt, mit mir zusammen Sursilvan zu lernen.

Der Start des Selbstversuchs

Für unseren gemeinsamen Lernstart kommen Michael und Matthew zwei Tage nach Brigels. Sie sind zum ersten Mal in der Surselva und sind begeistert von Dorf und Sprache. In Brigels wird überall Sursilvan gesprochen: beim Bäcker, beim Metzger, in der Cascharia, in den Restaurants, auf der Strasse.

Mein Ziel ist es, mich mit meinen Freunden und Bekannten aus Brigels in ihrem Idiom unterhalten zu können. Nur ein Brot bestellen können in der Bäckerei, das reicht mir nicht – auch wenn ich grossen Respekt habe vor meinem Ziel.

Sechs Lerntipps der Neurowissenschaft

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Tipp 1: Positive Emotionen unterstützen das Lernen. Eine positive Haltung aktiviert das Belohnungssystem. Das Dopamin, das dabei ausgeschüttet wird, sorgt dafür, dass sich das Gelernte besonders gut im Hirn festsetzt. Zum Beispiel: Wer einen guten Grund hat, eine Sprache zu lernen, lernt einfacher. Und wer das Erlernen der Sprache mit Spass verbindet, dem fällt das Lernen einfacher.

Tipp 2: Je mehr sich das Hirn beim Lernen anstrengen muss, desto besser lernt es. Handnotizen sind also besser als Notizen am Laptop. Und Verstehen ist besser als auswendig lernen. Am besten bleibt das Gelernte im Hirn, wenn der Stoff hinterfragt oder selbst hergeleitet wird.

Tipp 3: Ein Hirn, das sich anstrengt, braucht Proviant. Essen, Bewegung und Erholung sind wichtig, denn das Gehirn braucht beim Lernen viel Sauerstoff und Energie. Besonders geeignet sind Bananen, Trockenfrüchte oder Nüsse (Studentenfutter). Auch Wasser ist wichtig, weil Flüssigkeit die Zellen mobilisiert. Bewegung steigert den Sauerstoffgehalt im Blut und damit im Hirn.

Tipp 4: In kleinen Häppchen lernen. Das Hirn braucht bereits nach 30 Minuten 10 Minuten Erholung. Die beste Erholung ist Bewegung – nicht der Griff zum Handy.

Tipp 5: Volle Aufmerksamkeit auf die Materie. Dann weiss das Hirn, dass die Materie relevant ist und merkt sie sich besser. Ablenkungen wie E-Mail, WhatsApp oder Social Media machen das Lernen ineffizient.

Tipp 6: Repetieren! Repetieren! Repetieren! Mit jeder Wiederholung werden die synaptischen Verbindungen effizienter, schneller und stabiler. Am besten repetiert man vor dem Schlafen, denn im Schlaf festigt das Hirn, was es kurz vor dem Einschlafen gelernt hat.

Noch besser ist der Effekt, wenn das Lernen mit einem olfaktorischen, akustischen oder sensorischen Reiz kombiniert wird. Das Abrufen des Gelernten ist beispielsweise signifikant besser bei Personen, die während des Lernens und während des Tiefschlafs einen Rosenduft einatmeten

Ich bin gespannt, wie die beiden Sprach-Freaks eine neue Fremdsprache angehen und frage mich, welche Strategien sie dabei nutzen. Natürlich habe ich mich als «Puls»-Moderatorin ein wenig in die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse über smartes Lernen eingelesen. Ob die beiden die Tipps der Neurowissenschaft in ihrer Methodik umsetzen?

Motivation ist das A und O

Schon bei unserem ersten Treffen überraschen sie mich. Zwar liegen vor uns über 20 Lehrbücher mit Vokabeln, Konjugationstabellen und Übersetzungs-Übungen. Aber statt konventionell im Lehrbuch Lektion 1 aufzuschlagen, schalten die beiden das Radio ein und zücken Stifte und Post-its.

«Um eine neue Sprache zu lernen, musst Du voll in sie und ihre Kultur eintauchen», erklärt Matthew. «Wir werden einerseits aktiv lernen, also so richtig mit Büchern, aber auch passiv», ergänzt Michael. «Dazu gehört viel Radio oder Podcasts hören, fernsehen und mit Einheimischen sprechen.»

Motivation: Der Schlüssel zum Lernerfolg

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Eine Langzeitstudie der Universität München (LMU), in der die Entwicklung von 3500 bayerischen Schülerinnen und Schülern über sechs Jahre verfolgt wurde, zeigt: Kinder, die besonders hoch motiviert waren, hatten den grössten Lernerfolg in Mathematik. Die Intelligenz dagegen spielte überhaupt keine Rolle. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen: Schülerinnen und Schüler verbesserten sich dann besonders stark in Mathematik ...

  • ... wenn sie daran glaubten, dass ihre Anstrengung sich auszahlt.
  • ... wenn sie Spass an dem Fach hatten (intrinsische Motivation) und
  • ... wenn sie geschickte Lernstrategien benutzten.

Die sogenannte extrinsische Motivation (beispielsweise lernen für gute Noten) wirkt nach Beobachtung der Forschenden höchstens kurzzeitig. Eine hohe intrinsische Motivation hingegen, die auf Spass und Interesse beruht, führt langfristig zu besseren Ergebnissen.

Am wichtigsten ist allerdings die Motivation: «Nur wenn die hoch ist, wirst du jeden Tag aufstehen und sofort weiter lernen wollen», erklärt Matthew. Mein Antrieb ist tatsächlich sehr gross!

Post-its pflastern die Wohnung

Und dann geht’s schon los: Während im Hintergrund Radio Rumantsch läuft, schreiben wir mit den Post-its in der ganzen Wohnung Gegenstände auf Sursilvan an. Die Eier, die Milch und die Butter im Kühlschrank (uovs, latg, pischada), die Lampe, das Sofa und den Tisch im Wohnzimmer (ampla, divan, meisa) und den Spiegel, die Zahnbürste und das WC im Badezimmer (specul, barschul da dents, tualetta).

Ob die Wörter korrekt sind oder wie man sie ausspricht, davon haben wir noch keine Ahnung. Auf jeden Fall bekomme ich bereits ein erstes Gefühl für die Sprache und schreibe auch gleich die passenden Verben zu den Subjekten hin. Wir schreiben also zum Beispiel: «Türe» und «öffnen» auf ein Post-it (porta, arver).

Das Gute an den Post-its: Weil man sie dauernd vor der Nase hat, ist Vokabeln lernen auf spielerische Weise in den Alltag integriert und man repetiert sie ständig, fast automatisch. Tatsächlich weiss die Hirnforschung, dass repetieren beim Lernen sehr wichtig ist: Je öfter man repetiert, desto besser. Die Post-its sind also eine clevere Lernstrategie.

Darum helfen Post-its beim Lernen

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Legende: srf

Das Lernen findet dort statt, wo elektrische Impulse von einer zur anderen Nervenzelle springen. Diese Verbindungen nennt man auch Synapsen.

In unserem Gehirn befinden sich über 100 Milliarden dieser Nervenzellen – und die verändern sich ein Leben lang. Durch repetieren werden Verbindungen stärker, es entstehen neue oder zweigen welche ab. Daraus entsteht eine Nervenbahn mit einer Länge von ungefähr 5,8 Millionen Kilometer, also rund 145-mal um die Erde.

Nimmt man Informationen auf, sei es über die Ohren, Augen, Nase, Haut oder durchs Fühlen von Emotionen, werden Synapsen erregt. Je mehr dieser Synapsen aktiviert werden, desto mehr Nervenzellen sind involviert – und desto mehr kann man sich merken.

Je stärker und vielfältiger die Verbindungen zwischen den Nervenzellen, desto besser kann man sich an etwas erinnern. Stärken lassen sie sich also, etwa durch Wiederholungen. Geschwächt werden sie, wenn man nichts mehr macht. Dann verschwinden sie wieder. Was auch der Grund dafür ist, dass man eine Sprache häufig verlernt, wenn man sie nicht mehr anwendet.

Hinzu kommt: Mir machen die Post-its Spass – und Motivation ist das A und O beim Lernen. Wer einen guten Grund hat zu lernen und motiviert ist, der lernt einfacher und schneller. Das ist wissenschaftlich belegt.

Meine Familie muss sich allerdings erst noch etwas an die vielen gelben Zettel in der Wohnung gewöhnen.

Vorwissen nutzen

Auch meine nächste Sprachlektion hat mit Büchern noch nichts zu tun. Wir spazieren durchs Dorf und versuchen, alle Schilder oder Schriftzüge, die wir auf Sursilvan finden, zu übersetzen. «Keine Fremdsprache ist wirklich fremd», meint Matthew. «Du kannst die eigene Muttersprache oder andere Fremdsprachen nutzen, um die neuen Wörter verstehen zu lernen. Gerade Französisch, Italienisch und vor allem auch Englisch werden uns helfen, Sursilvan zu übersetzen.»

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Dorthin gehen, wo die Sprache lebt
Aus Puls vom 13.03.2023.
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Ich staune, auf welche Weise die beiden Sprachwissenschaftler die neue Sprache angehen. Und weil sie das Eintauchen in die lokale Kultur so wichtig finden, gehen wir am Abend an einem ganz speziellen Ort essen: im Maiensäss von Jules Cathomas.

Eintauchen in die Kultur

Wir geniessen den Abend, nutzen auch hier jede Gelegenheit, um zu lernen. Matthew und Michael übersetzen jedes Büchlein, jede Zeitung, jedes Bild, das sie im Maiensäss finden und versuchen, die Zutaten für die Bulzani herauszufinden, die Jules serviert. Natürlich auf Sursilvan.

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Sprache geht auch durch den Magen
Aus Puls vom 13.03.2023.
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«Wenn man so viel Hirnarbeit leistet, braucht man gutes Essen», sagt Michael. «Ausserdem konnten wir einige Wörter, die wir heute Morgen mit den Post-its gelernt haben, aktiv anwenden.» Matthew fügt hinzu: «Lernen ist fast wie ein Workout. Geistige und körperliche Fitness gehen Hand in Hand.»

Dass das Hirn gutes Essen, viel Wasser und Erholung braucht, ist tatsächlich auch wissenschaftlich belegt. Eine Studie von 2014 zeigt: Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, auch bekannt als Omega 3 und Omega 6, sind besonders gut für unser Gehirn. Enthalten sind sie in verschiedenen Nüssen, aber auch in Fisch und Ölen.

Durch Sport zum Lern-Pro

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Bewegung ist gut für unsere Synapsen: Eine kleine Studie von Forschenden der Uni Münster konnte zeigen, dass intensives Training das Lernen verbessert. Nach zwei Sprints von weniger als drei Minuten haben Probandinnen und Probanden Wortpaare schneller gelernt im Vergleich zu jenen, die sich nicht bewegt haben.

Ausserdem steigert Sport die Durchblutung der Organe – auch die des Gehirns. Experimente an Mäusen etwa konnten zeigen, dass regelmässige Bewegung den Hippocampus (Bereich im Hirn, der fürs Lernen essenziell ist), haben wachsen lassen.

Allerdings könnten die Jungs in Sachen Pausen noch etwas dazulernen: Die machen sie nur, wenn sie schlafen. Dabei zeigt eine Studie aus dem Jahr 2021, welche Auswirkungen viel oder wenig Schlaf auf die Performance von Studierenden hat. Das Resultat der Forschenden aus Uruguay: Je weniger Schlaf, desto weniger Punkte in der Prüfung.

Die Forschenden kommen sogar zum Schluss, dass es empfehlenswert ist, Prüfungszeiten auf den Nachmittag zu verlegen, damit Studierende genug Schlaf erhalten. Mittlerweile weiss man, dass tagsüber angeeignetes Wissen, nachts im Hippocampus reaktiviert wird und damit ins Langzeitgedächtnis übertragen wird.

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Wie sich die Hirnregionen gegeneinander unterstützen
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Mein Fazit über den gemeinsamen Tag: Obwohl wir erst vor ein paar Stunden mit Sursilvan begonnen noch kein Lehrbuch aufgeschlagen haben, habe ich schon sehr viel gelernt. Grandius!

Der Lern-Plan beginnt vor dem Frühstück

Nach unserem gemeinsamen Kick-off in Brigels lernen wir von nun an getrennt.

Ich zurück in Zürich, Michael und Matthew zu Hause in Spanien. An meinem ersten Lern-Tag erhalte ich per E-Mail meinen Lernplan: Sprachlektionen mit den beiden via Skype (jeden Tag eine Stunde), ein bis zwei Lektionen im rätoromanischen Lehrbuch «en lingia directa» (im Selbststudium), Dialoge der Audio-Lektionen (hören und verstehen versuchen) und – noch vor dem Frühstück – ein ganz bestimmtes Verb konjugieren.

Hinzu kommt: So oft wie möglich Radio Rumantsch und Podcast hören, Telesguard schauen, auf YouTube rumstöbern, rätoromanische Zeitung lesen. Ich soll Rätoromanisch spielerisch in meinen Alltag einbauen. Mich im Auto, beim Zugfahren und beim Surfen im Internet an den Klang der Sprache gewöhnen und versuchen, so viel wie möglich zu verstehen.

Ich hatte den Aufwand eindeutig unterschätzt, versuche aber, den Lernplan so gut es geht umzusetzen – und merke: Ich muss erst wieder lernen, wie man lernt.

Eine happige erste Lernwoche

Sechs intensive Lerntage liegen hinter mir. Ich bin in Zürich und habe das Lernen in meinen Alltag integriert. Aber: Mir fehlen Brigels, meine Freunde und Bekannte für die kleinen Konversationen auf der Strasse, in den Geschäften. Trotzdem: Ob ich mich nach diesen ersten Tagen überhaupt trauen würde, auf Sursilvan ein Brot zu bestellen?

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Passives Lernen ist so wichtig wie aktives Lernen
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Matthew und Michael haben mir zwar eingetrichtert, Hemmungen abzulegen und regelmässig zu üben und fordern mich zünftig. Tatsächlich hatte ich mir das Ganze etwas einfacher vorgestellt. Das vorgegebene Programm schaffe ich nicht jeden Tag. Schliesslich arbeite ich und habe eine Familie. Aber es macht mir trotzdem grossen Spass!

Lerntief in der zweiten Woche

Sportferien, zurück in Brigels: Unsere Wohnung ist noch immer mit gelben Post-its zugeklebt, die Lernbücher stapeln sich auf dem Tisch. Ich schlittere in mein erstes Lerntief. Plötzlich habe ich das Gefühl, ich könne noch rein gar nichts und die Zeit läuft mir davon.

Ich büffle Verben, löse Aufgaben im Lernheft und versuche, die Audio-Dateien zu verstehen, ohne auf den Text zu schauen. Schwierig, sehr schwierig. Meine Motivations-Krise bleibt meinen Coaches natürlich nicht verborgen. Aber selbst da haben sie ein Rezept: Sie repetieren mit mir all das, was ich in der ersten Woche schon gelernt habe und halten mir so vor Augen, dass ich eigentlich sehr weit bin. Das tut meinem angeknacksten Selbstbewusstsein gut.

Nur noch vier Tage bis zur «Prüfung»

Wenige Tage vor der «Prüfung» traue ich mich, in der Metzgerei auf Sursilvan zu bestellen oder mit flüchtigen Bekannten aus dem Dorf ein paar Sätze in ihrer Sprache zu wechseln. Michael und Matthew spielen im Unterricht Sparring-Partner für Small-Talk-Gespräche und sind stolz auf mich. Ich zweifle zwar immer wieder an mir, bemerke aber auch grössere Fortschritte. Tatsächlich erwache ich manchmal in der Nacht und überlege, wie man dies oder das auf Sursilvan sagt. Unglaublich, wie sich dieses Projekt auf mein Hirn schlägt.

Übrigens: Meine Coaches sprechen unterdessen fliessend Sursilvan. Dabei haben wir drei zur selben Zeit begonnen. Natürlich haben sie mehr Zeit investiert als ich – trotzdem bin ich schwer beeindruckt.

Der Tag X

Nach 19 Unterrichts- und Lerntagen muss ich mich der Kamera stellen. Ich soll ein lockeres Gespräch mit Rosina Schmed führen, der Wirtin im Hotel Alpina in Brigels. Ich bin ziemlich nervös! Aber dank wohlwollender Haltung Rosinas komm ich ganz gut zurecht bei unserer «paterlada», unserem Schwätzchen.

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Die Probe aufs Exempel: Konversation auf Rätoromanisch
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Zum Schluss schalten wir via Skype noch unsere beiden Sprach-Genies dazu. Sie sprechen und diskutieren mit Rosina auf Sursilvan, als hätten sie nie etwas anderes getan. Auch Rosina ist schwer beeindruckt: «Senza plaids – ohne Worte!»

E ussa? Und jetzt?

Mein Hirn und ich brauchen jetzt erst mal eine Pause. Das waren drei sehr intensive Wochen mit viel Hirnarbeit. Anstrengend! Hat aber auch richtig gut getan! Ich möchte unbedingt dranbleiben am Sursilvan. Ich denke, ich werde schnell Fortschritte machen.

Das Erfolgsrezept heisst: Sprechen, sprechen, sprechen. Ich lebe zwar in Zürich, mein Ferienzuhause in Brigels wird mir aber helfen, in Übung zu bleiben. Wäre ja gelacht, wenn ich nach diesem geleisteten Aufwand mein ganzes Wissen einfach versickern lassen würde. Na, quei fuss donn! – Das wäre schade!

«Von 1-10 sind wir in Sachen Crazyness eine 11»

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Legende: Michael und Matthew Youlden srf

Die Zwillinge Matthew und Michael Youlden sprechen mehr als 25 Sprachen. Was treibt sie an, immer weitere zu lernen? Und was ist ihr Erfolgsrezept?

SRF: Wann kam Eure Sprach-Verrücktheit erstmals zum Vorschein?

Wir waren acht Jahre alt und Mama und Papa kamen zu uns ins Zimmer rein und sagten, dass wir dieses Jahr den Sommerurlaub in Griechenland verbringen. Da haben wir sofort gesagt: Ok, dann müssen wir Griechisch lernen!

Welche Sprache war am schwierigsten zu lernen – und warum?

Alle Sprachen sind leicht. Das ist nicht arrogant gemeint – damit meinen wir, dass jede Sprache Elemente hat, die leicht(er) zu verstehen sind, was das Lernen dann erleichtert. Das Deutsche zum Beispiel hat bekannterweise vier Fälle und drei grammatikalischen Geschlechter, ist aber etwa für Englischsprechende viel einfacher zu lernen, wenn man sich zuerst auf die Sachen konzentriert, die einem sofort bekannt vorkommen: Grundvokabeln – Hand, Finger, Nase, kochen, schwimmen ... sind in beiden Sprachen sehr ähnlich oder sogar identisch – sowie Elemente, die das Aufnehmen der Sprache leichter machen.

Dank der «Logik» und «Flexibilität» des Deutschen kann man aus einem Verb weitere Verben bilden, die damit eng verbunden sind: sprechen > aussprechen > besprechen > versprechen, die natürlich irgendetwas mit «sprechen» zu tun haben. So lassen sich diese Verben einfacher merken!

Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie crazy findet Ihr selber, was Ihr macht?

11! Aber wir geniessen das immer und versuchen diese Freude, die wir dabei spüren, an andere weiterzugeben.

Welche Sprache wollt Ihr als Nächstes lernen?

Im Grunde genommen könnte das jede sein, denn wir wollen alle Sprachen dieser Welt können! Falls Ihr uns also eine Sprache zum Lernen vorschlagen möchtet – sehr gerne! Eins steht aber jetzt schon fest: Wir wollen mit dem Rätoromanischen definitiv weitermachen, es in unsere Arbeit einbinden und die anderen Idiome Vallader, Puter, Surmiran und Sutsilvan lernen.

Habt Ihr das Gefühl, jeder kann das, was Ihr könnt? Was braucht’s dafür?

Auf jeden Fall! Das ist auch der Grund, warum wir das machen: Um anderen zu zeigen, dass sie das auch können. Wichtig ist nur die Offenheit, etwas Neues zu lernen, und die Bereitschaft, das jeden Tag zu tun. Man muss aber nicht 12 Stunden am Stück lernen! Mit Pascale haben wir jeden Tag ein bis zwei Stunden gelernt, damit sie in weniger als drei Wochen fit war. Wenn man es nicht so eilig hat, kann man auch nur eine halbe Stunde jeden Tag aktiv lernen.

Puls, 13.03.2023, 21:05 Uhr

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