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Gesellschaft & Religion Nouma Ali Khan – der muslimische Toleranzprediger

Ist ein Leben im Westen mit dem Islam vereinbar? Diese grosse Frage stellen sich viele junge Musliminnen und Muslime in der Schweiz. Eine klare Antwort gab kürzlich ein prominenter Redner an der Universität Zürich: Nouma Ali Khan, Islamgelehrter aus den USA und Vorbild junger Muslime im Westen.

Zum Einstieg erzählt der freundlich wirkende Mann mit kurz geschnittenem Bart und Anzug ausgerechnet die christliche Legende von den Sieben Schläfern. Darin werden sieben junge Männer ihres Glaubens wegen verfolgt und bieten dem Kaiser die Stirn: «Ich werde euch nicht sagen, was ihr glauben sollt, das ist eure Entscheidung. Aber ich werde mich nicht minderwertig fühlen, nur aufgrund meines Glaubens.» So hätten die sieben Männer damals zum Kaiser gesprochen.

Zur Person

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Legende: Youtube/Bayyinah Institute

Nouman Ali Khan, Sohn pakistanischer Einwanderer in den USA, ist Arabischlehrer und Prediger. Er lebt in Dallas, Texas. 2006 gründete er das Bayyinah Institute for Arabic and Qur'anic Studies, das er bis heute leitet.

Das Publikum versteht die Botschaft: Lasst euch nicht abbringen von eurem Glauben, auch wenn ihr als Muslime in der Schweiz oder in Amerika angefeindet werdet. Es ist mucksmäuschenstill im randvollen Saal, denn mit diesen Worten trifft Nouma Ali Khan die Anwesenden mitten ins Herz.

Als Nicht-Muslimin in der Minderheit

Der grosse Hörsaal an der Universität Zürich Irchel ist fast bis auf den letzten Platz besetzt. Für mich, die Nicht-Muslimin, ist es ein Eintauchen in eine Welt, die ich kaum kenne – die Welt junger Musliminnen und Muslime in der Schweiz. Viele Frauen tragen Kopftuch – bunte Tücher, darunter eng anliegende T-Shirts und Jeans oder auch weit wallende Kleider. Ihre Gesichter zeugen von ihrer Herkunft aus verschiedensten Ländern der Welt.

Viele der Anwesenden sind als Kinder muslimischer Einwanderer hier aufgewachsen, andere kamen zum Studium in die Schweiz. Und wieder andere wurden in christlichen Familien geboren und sind erst vor kurzem als junge Erwachsene zum Islam konvertiert.

Moscheen für Juden und Christinnen öffnen

Nachdem Nouma Ali Khan zum Einstieg sein Publikum ermutigt hat, schlägt der Amerikaner pakistanischer Herkunft auch selbstkritische Töne an: «Die Welt hat ein schreckliches Bild des Islams», sagt er: «Doch wir Muslime sind selbst schuld an diesem Image.»

Musliminnen und Muslime im Westen sollten auf ihre christlichen und jüdischen Brüder und Schwestern zugehen, sie in die Moschee einladen, sagt Nouma Ali Khan. Genau so sei es nämlich in den Anfangszeiten des Islams gewesen, als die muslimischen Gotteshäuser auch Andersgläubigen jederzeit offen gestanden seien.

Der Redner provoziert damit eine kritische Frage aus dem Publikum. «Wie sollen wir nicht wütend werden, wenn die Schweizer Stimmbürger uns verbieten, Minarette auf unseren Moscheen zu bauen?», fragt ein Zuhörer sichtlich bewegt. «Wer sagt denn, dass der Islam Minarette braucht?», kontert Nouma Ali Khan. «Wir brauchen keine Minarette, wir brauchen Gemeinschaftszentren, Orte, wo wir uns treffen können und wo auch Nicht-Muslime willkommen sind – und dieser Hörsaal an dieser Universität heute Abend ist genau so ein Ort», sagt Nouma Ali Khan und erntet damit viel Beifall bei seinem jungen Zürcher Publikum.

Aufruf zur Gelassenheit

Mitorganisatorin Nicole Thurnherr, die als Christin geboren und erst kürzlich zum Islam konvertiert ist, zeigt sich sehr zufrieden mit dem Anlass: «Nur schon, so viele muslimische Jugendliche von unterschiedlichen Orten versammelt zu sehen!», strahlt sie. Den Pharmaziestudenten Naveed Khan hat die Aufforderung seines Namensvetters beeindruckt, auf Diskriminierungen nicht mit Ärger zu reagieren.

Auch ich, die nicht-muslimische Zuhörerin, die heute Abend aus purer Neugier hier ist, bin beeindruckt von diesem Aufruf zur Gelassenheit und zur Toleranz. Und mir kommt ein Begriff in den Sinn, den man ins Schweizer Islam-Vokabular aufnehmen sollte: Toleranzprediger.

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