Wäre die Schweizer Armee auf Drohnenangriffe vorbereitet? Wie realistisch ist dieses Szenario überhaupt, umringt von Nato-Staaten? Und hat Russland die Mittel für einen Krieg gegen die Nato?
Drei Experten für Sicherheit und internationale Politik haben rund 80 Fragen der SRF-Leserinnen und -Leser zur aktuellen Sicherheitslage in Europa beantwortet.
Bedrohung durch Russland
Viele Menschen sorgen sich, dass Russland bald das Gebiet der NATO angreifen könnte. Doch wären die Schweiz und die NATO auf einen solchen Angriff ausreichend vorbereitet? Liviu Horovitz, Experte für Sicherheits- und Verteidigungspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, beruhigt: «Die NATO ist militärisch deutlich stärker als Russland». Ein Grossangriff sei daher unwahrscheinlich.
Auch Sebastian Ramspeck, internationaler Korrespondent bei SRF, hält einen russischen Angriff auf die Schweiz für «extrem unwahrscheinlich».
Drohnen und deren Abwehrsysteme
Immer häufiger werden Drohnen über europäischen Ländern gesichtet. Warum werden sie nicht einfach abgeschossen? Ivo Capaul, Forscher im Bereich Verteidigungspolitik und Rüstungsbeschaffung an der ETH Zürich, erklärt: «Es besteht die Gefahr von Kollateralschäden. Wird ein Flugobjekt abgeschossen, stürzt es in der Regel unkontrolliert ab.»
Die Gefahr, dass dabei Menschen verletzt werden könnten, sei zu gross. Hinzu komme, dass Abwehrsysteme nicht immer dort verfügbar seien, wo sie gebraucht werden, ihre Reichweite sei begrenzt.
Bereitschaft der Schweizer Armee
Laut Capaul gibt es in der Schweiz ein sehr grosses Know-how im Bereich Drohnen und Robotik. «Dieses auch in den militärischen Bereich zu übertragen, ist nicht einfach.»
Das VBS setzte «Task Force Drohnen» ein, um diese Entwicklungen gezielt anzutreiben. Er fügt hinzu: «Es gibt bereits Pilotprojekte, in denen Kleindrohnen- und neue Systeme zur Drohnenabwehr getestet und Soldatinnen und Soldaten an diesen Systemen ausgebildet werden.»
Atomwaffen als «Lebensversicherung»
Atomwaffen gelten oft als eine Art Lebensversicherung für Staaten. Wäre es denkbar, dass auch die Schweiz solche Waffen beschafft, um sich abzusichern? Liviu Horovitz betont: «Die Schweiz und fast alle EU-Staaten sind dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten. Der Erwerb, der Bau oder die Kontrolle eigener Nuklearwaffen sind verboten, ebenso die Weitergabe durch Atommächte.»
Grossbritannien und Frankreich verfügen jedoch über Atomwaffen. Damit tragen sie zur nuklearen Abschreckung Europas bei und könnten eine mögliche Aggression Russlands abschwächen.
Gefahr eines Dritten Weltkriegs
Sebastian Ramspeck kann sich «im besten Willen unter keinen Umständen» vorstellen, dass sich die Schweiz an einem bewaffneten Konflikt beteiligen würde.
Auch Liviu Horovitz stimmt dem zu: «Ein dritter Weltkrieg ist glücklicherweise sehr unwahrscheinlich.» Dennoch müsse man sich mit dem Szenario auseinandersetzen, denn die möglichen Folgen wären katastrophal. Vorsorge sei deshalb ein Muss.