Darum geht es: Das Stimmvolk entschied über zwei eidgenössische Vorlagen – die Erbschaftssteuer-Initiative und die Service-citoyen-Initiative. In 15 Kantonen standen zudem kantonale Abstimmungen an, darunter Appenzell Ausserrhoden (Ausländerstimmrecht), Freiburg (Mindestlohn), Solothurn (Lottoverbot), Zürich (Tempo-30-Diskussion), Genf (Zahnhygiene) und Spitäler in Schaffhausen und in Obwalden. Im Kanton Basel-Landschaft kam es zu einem zweiten Wahlgang für die Ersatzwahl eines Regierungsmitglieds.
Beide Initiativen deutlich bachab geschickt: Der Abstimmungssonntag hat auf nationaler Ebene keine grosse Überraschung bereitgehalten. Wie erwartet wurden beide Initiativen vom Stimmvolk wuchtig abgelehnt. Die Juso-Initiative für eine nationale Erbschaftssteuer für das Klima hatte keine Chance an der Urne und wurde mit 78.3 Prozent abgelehnt. Einzig die Stadt Bern und das 34-Seelen-Dorf Schelten im Berner Jura haben als einzige Schweizer Gemeinden Ja gesagt. Noch weniger Abstimmende sprachen sich für den Service-citoyen aus, einen Bürgerdienst für die Stärkung des Gemeinwohls. Diesen lehnten sogar 84.1 Prozent der Stimmenden ab.
Service-citoyen-Initiative schlechter abgeschnitten als prognostiziert: Zwar wurde im Verlauf des Abstimmungskampfes deutlich, dass die Initiative wohl abgelehnt wird. Dass das Nein aber so deutlich ausfallen würde und die Initiative damit sogar auf Platz zwei der am deutlichsten abgelehnten Initiativen der letzten 25 Jahre liegt, zeichnete sich zumindest zu Beginn der Lancierung noch nicht ab.
Die Schwäche der Initiative lag laut Politologe Lukas Golder darin, dass sie von beiden politischen Seiten angegriffen worden sei. «Sie geriet in einen Zangengriff von links und rechts – von links wegen der Gleichstellung, von rechts wegen der Armeebedürfnisse.» Dieser doppelte Widerstand habe zum deutlichen Scheitern geführt. Die Erbschaftssteuer-Initiative liegt auf dem 6. Platz.
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Bild 1 von 6. Gespanntes Warten auf das Abstimmungsergebnis: Aktivistinnen und Aktivisten mit Julien Berthod, Vizepräsident, und Mirjam Hostetmann, Präsidentin Juso Schweiz (von rechts), schauen gebannt auf den Bildschirm mit den Resultaten beim Juso-Abstimmungsfest in Bern. Bildquelle: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE.
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Bild 2 von 6. «Tax the rich» – so eines der Mottos an der Abstimmungsfeier der Juso. Die Erbschaftssteuer-Initiative hatte die Superreichen im Visier, die mehr als 50 Millionen Franken erben. Bildquelle: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE.
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Bild 3 von 6. Das deutliche Nein zur Erbschaftssteuer-Initiative sorgt bei den Befürwortern nicht für Jubel. Es kam für Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann aber auch nicht überraschend: «Die Gegner führten seit einem Jahr eine massive Kampagne und hatten ein zehnmal höheres Budget als wir. Das Resultat erstaunt deshalb nicht wirklich.». Bildquelle: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE.
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Bild 4 von 6. Die Initiantinnen und Initianten der Service-citoyen-Initiative noch mit gespannten Gesichtern vor der Hochrechnung. Dass die Initiative dermassen abgeschmettert wird, wurde wohl nicht erwartet. In der Mitte Noémie Roten, Präsidentin des Initiativkomitees, links, neben Patrick Hässig, Nationalrat, GLP/ZH. Bildquelle: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE.
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Bild 5 von 6. Noémi Roten (rechts), Initiantin und treibende Kraft hinter der Initiative, gab nach dem Ergebnis unumwunden zu, dass das Abstimmungsresultat «heftig» ausgefallen sei. Bildquelle: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE.
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Bild 6 von 6. Die Bundesräte Karin Keller-Sutter und Martin Pfister treffen sich vor der Medienkonferenz zum Abstimmungssonntag. Die Medienkonferenz war bereits nach wenigen Minuten wieder zu Ende. Das deutliche Ergebnis liess offenbar auch bei den Medienschaffenden nur wenige Fragen offen. . Bildquelle: Keystone/ALESSANDRO DELLA VALLE.
Das sagt der Bundesrat: Karin Keller-Sutter sagt zur deutlichen Ablehnung der Erbschaftssteuer-Initiative: «Die Stimmberechtigten haben einem riskanten steuerpolitischen Experiment eine klare Absage erteilt.» Sie interpretiert das Ergebnis aber keineswegs als Absage an den Klimaschutz. Der Klimaschutz sei für die Schweiz wichtig, die Schweiz werde die Ziele, deren Erfüllung sie in den den Klimaabkommen zugesagt habe, erreichen.
Das heutige Resultat ist eine deutliche Absage an eine Dienstpflicht für Frauen.
Bundesrat Martin Pfister sagt, das Anliegen der Service-citoyen-Initiative wurde zwar vom Bundesrat anerkannt, hätte aber grosse Mehrkosten verursacht. «Das heutige Resultat ist eine deutliche Absage an eine Dienstpflicht für Frauen – aber keine grundsätzliche Absage daran, sie über die Möglichkeiten bei der Armee zu informieren.» Er sagt, er werde sich dafür einsetzen, dass sich mehr Frauen im Militär einbringen. «Mit Anpassungen bei den Ausbildungsmodellen wollen wir erreichen, dass Militärdienst für Frauen besser mit der Familie vereinbar ist.» Zudem sei der heutige Entscheid kein Entscheid gegen Milizeinsätze der Bevölkerung, etwa in der Feuerwehr und der Politik. Diese blieben wichtig für die Schweiz.
Unterdurchschnittliche Stimmbeteiligung: Die Erbschaftssteuer- und die Service-citoyen-Initiative haben unterdurchschnittlich mobilisiert. 43 Prozent der Stimmberechtigten gaben für die Vorlagen dieses Wochenendes ihre Stimme ab.