Katia Lips Honegger muss zu einem Arzttermin. Aber das Tram 13, das sie für gewöhnlich von Zürich Höngg in die Innenstadt bringt, fährt dort nicht mehr: «Laut App muss ich auf den Bus 46 und danach das Tram 4 nehmen. Doch das Tram habe ich gerade verpasst», sagt Katia Lips Honegger, die beim Zürcher Central steht. Nun müsse sie schauen, wie sie möglichst schnell weiterkomme, um den Arzttermin nicht zu verpassen.
Neue Wege bringen an diesem Morgen die gewohnten Routen fast aller Pendlerinnen und Pendler in Zürich durcheinander. 304 Millionen Passagiere befördern die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) jedes Jahr, 183 Millionen im Tram. Die VBZ sprechen vom grössten Fahrplanwechsel der Geschichte: Sieben Tramlinien ändern ihre Strecke, zwei temporäre Tramlinien (50 und 51) wurden ergänzt.
Vor allem rund um den Hauptbahnhof bleibt kein Stein auf dem anderen, denn zusätzlich zum Fahrplanwechsel wird die Haltestelle Bahnhofquai/HB saniert. Wegen der Grossbaustelle wird auch der Velo- und Autoverkehr umgeleitet. Wer mit dem ÖV unterwegs ist, muss beim Umsteigen oft einen kurzen Weg zu Fuss gehen.
Dank der App klappt die Fahrplanumstellung gut.
So auch der Student Jan Stauffacher, der 100 Meter zu Fuss überbrücken muss: «Das ist kein Problem, dank der App klappt die Umstellung gut – und zum Glück fährt immer noch das Tram 10 zur Universität», sagt Stauffacher.
Auch Joshua Nachbur muss mit dem Tram 10 an die Universität. Er kommt aus Glarus und hat heute die SBB-App konsultiert: «Diese sagt mir, das Tram fahre wie immer, aber ich weiss nicht, wo genau.» Zum Glück seien aber viele Helfer der VBZ unterwegs, die man fragen könne.
Einer dieser Helfer ist Paul Stocker. Er ist pensioniert und öfter als sogenannter Transport-Guide für die VBZ im Einsatz, etwa bei Gleisbauarbeiten, beim Züri-Marathon oder bei der Streetparade. Er sieht sich als gute Seele im morgendlichen Pendlerchaos: «Ich finde es lässig, die Leute zu informieren und freue mich über den Kontakt mit den Menschen.»
Die Leute reagieren sehr nett, was eigentlich erstaunlich ist.
Seit 6 Uhr früh steht Stocker mit seiner Leuchtweste an der Bahnhofstrasse: «Die Leute reagieren sehr nett, was eigentlich erstaunlich ist. Ich habe erwartet, dass es strüber wird», sagt er. Zu 99 Prozent seien die Menschen froh, dass er ihnen weiterhelfe, aber es gäbe immer auch die anderen: «Bei jedem Einsatz wird man einmal zusammengestaucht. Da braucht es eine dicke Haut und man darf nicht überreagieren.»
Transport-Guide Paul Stocker versteht, dass die grosse Umstellung nicht allen leichtfällt: «Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Da sind die einen flexibler, die anderen weniger.» Er habe sich gut vorbereitet für den heutigen Tag und wisse sämtliche Änderungen auswendig. Er ist am Montag acht Stunden lang im Einsatz und wird den Fahrplanwechsel auch noch weiter begleiten bis am Donnerstag diese Woche. Insgesamt sind 60 Transport-Guides für die VBZ unterwegs.
Hilfe ist also nicht weit weg. So hat auch Eva Edmundts das Tram 10 rechtzeitig gefunden: «Zum Glück fährt mein Tram immer noch am selben Ort. Sonst hätte ich jetzt ein Problem.» Sie ist zuversichtlich, dass die Umstellung auf den neuen Fahrplan schnell klappen wird: «Spätestens ab morgen, wenn man die neuen Wege kennt, dann läuft alles wieder wie normal.»