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Gezeichnetes Porträt von Michael Ringier.
Legende: Kunst im öffentlichen Raum: Für Michael Ringier ist sie oft langweilig, da sie im Auftrag entsteht. SRF/Cecilia Bozzoli

Der Zürcher Hafenkran Michael Ringier: «Beim Hafenkran geht es nur ums Geld»

Der Hafenkran ist typisch für Zürich: Statt gesellschaftspolitisch etwas zu bewirken, provoziert er finanzpolitische Debatten. So die Meinung des Verlegers und Kunstsammlers Michael Ringier. Er ist überzeugt: Die Politik sollte generell nicht über Kunst diskutieren.

Wie schätzen Sie das Kunstprojekt «Zürich Transit Maritim» ein?

Michael Ringier: Überspitzt gesagt: Der Hafenkran ist «Hafenkäse», weil da geht es gar nicht um Kunst, sondern ums Geld. Das ist typisch Zürich. Ich möchte jetzt nicht die Idee diskreditieren, sie mag ja nett sein – aber das ist Standortmarketing und es geht nicht um eine gesellschaftspolitische Diskussion.

Warum geht es «ums Geld»?

Die einen finden, das sei viel zu viel Geld für diesen «Chabis». Und die anderen finden, nein, das sei super. Aber es geht nicht um ein Thema, es geht nicht um ein gesellschaftspolitisches Thema.

Michael Ringier

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Michael Ringier ist nicht nur Besitzer des grössten privaten Medienunternehmens im Land, der Ringier AG – er ist auch einer der grössten Sammler von zeitgenössischer Kunst in der Schweiz.

Der Hafenkran erzählt aber eine Geschichte – die des Meeres, der Sehnsucht und vom kleinen Zürich.

Das ist ja nett, aber das können Sie auch in Bern aufstellen. Nochmals: Das ist eine sympathische Idee, die einen mögen sie, die anderen nicht. Aber die Diskussion darüber ist keine grundsätzliche.

Kunst muss also einen ortsspezifischen Charakter haben?

Nicht zwangsläufig, sie muss einfach gut sein. Sie muss etwas auslösen, sie muss provozieren oder sie muss den Leuten gefallen – und in dem Sinn erfüllt der Hafenkran durchaus gewisse Kriterien, das ist so. Aber wenn die Politik über Kunst diskutiert, geht's fast immer ums Geld.

Gibt es Kunst im öffentlichen Raum, die Ihnen gefällt?

Das Problem mit der Kunst im öffentlichen Raum ist, sie ist ein Auftrag. Und Auftragskunst ist in der Regel einfach schön, aber sie ist selten wirklich spannend. Weil die richtig spannenden Sachen macht der Künstler aus einem Anliegen heraus, aus einem Bedürfnis, und nicht im Auftrag.

Das heisst, wenn es einen vorgegebenen Rahmen gibt – dann wird’s nicht gut?

Sobald die Öffentlichkeit involviert ist, wird’s schwierig, denn Kunst ist willkürlich. Wenn die Öffentlichkeit beginnt zu diskutieren über den Inhalt eines Kunstwerkes, dann braucht es eine enorm grosse Toleranz und die ist natürlich oft nicht vorhanden. Und auch die Kenntnis, was es ist und sein sollte, fehlt. Das braucht Zeit und deshalb ist es auch gut, nicht ständig darüber abzustimmen, was das Kunsthaus sammeln soll. Das müssen die schon selber tun. Unter Umständen gibt es da schon Dinge, bei denen die Leute heute sagen würden, «um Gotteswillen, das ist doch keine Kunst, das wollen wir doch nicht», und in 20, 30 Jahren gibt es Schlangen vor dem Kunstwerk, weil man es anders beurteilt.

Der Hafenkran – Ist das Kunst?

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Geldverschwendung, Grössenwahn, Stadtverschandelung, alles wurde dem Hafenkran entgegengehalten. Trotzdem wird das Kunstprojekt realisiert. Da fragt man sich: Was ist gute Kunst? Was soll oder kann sie im öffentlichen Raum bewirken? Autoren aus Kultur und Politik schreiben hier über ihre Sicht auf den Kran, Kunst und Öffentlichkeit.

Passen Kunst und Demokratie nicht zusammen?

Sie passen schon zusammen, nur nicht bei der Anschaffung (lacht). Aber eigentlich gibt es ohne Demokratie keine Kunst. Das habe ich gesehen, als wir Anfang der 90er-Jahre in Osteuropa waren. Da gab es praktisch keine Kunst, weil das System gar keine Kunst zugelassen hat. Kunst braucht Offenheit, braucht Toleranz, braucht Diskussion. Und wenn Sie in der Geschichte schauen, wo die grosse Kunst war, waren immer zwei Sachen die Voraussetzung: Toleranz und Geld. Und dort war die Kunst.

Es gab in den letzten Jahren kaum ein Kunstwerk, das eine derartige Diskussion ausgelöst hat.

Wenn sie jetzt einfach eine Rodin-Skulptur hätten hinstellen wollen, hätte wohl niemand etwas gesagt. Das ist etwas Akzeptiertes. Das ist das Gute am Hafenkran, er löst wenigstens die Diskussion aus: Was kann man überhaupt machen, was passt, was solls. Wobei die Diskussion vor allem von einer Seite kam und diese Seite hat die Diskussion – wie eigentlich fast immer – vom Geld her geführt und nicht über den Inhalt.

Sie meinen die SVP?

Mit denen ist es schwieriger, über Inhalte zu diskutieren, weil das ist eine extrem retrospektive Art Dinge anzuschauen. Und sie schauen auf das Land in einer Art, wie es das gar nie gegeben hat. Wen man anfängt, an die eigenen Mythen zu glauben, dann wird’s gefährlich.

Was halten sie von der politischen Diskussion?

Die Verbissenheit, mit der der Hafenkran bekämpft wird, ist eigentlich lächerlich. Das tut dem Projekt auch Unrecht. So provokativ und wichtig ist es nicht. Es wird benutzt als Ausgangssignal, um einen Kampf zu führen, der rein politisch ist. Mit Kunst hat das gar nichts zu tun.

Wird die Kunst politisch benutzt?

Das war schon immer so! Gehen Sie doch mal ins Museum, wen sehen Sie da? Da sehen sie Päpste und Könige – das ist reinstes Marketing, reinste Selbstbeweihräucherung. Die Kunst hat schon vor Hunderten von Jahren diese Diskussionen ausgelöst und wurde auch benutzt, um Botschaften zu transportieren, um Kämpfe auszutragen, Selbstdarstellung zu betreiben – das ist ein uraltes Thema, seit es Kunst gibt.

Klicken Sie hier und diskutieren Sie mit über den Zürcher Hafenkran.

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