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Keira Knightley spielt Anna Karenina.
Legende: Die Geschichte von Anna Karenina (gespielt von Keira Knightley) ist eigentlich eine grandiose Soap-Opera. outnow

Film & Serien «Anna Karenina» scheitert auf hohem Niveau

Seit den Anfängen der Kinematographie versuchen sich Regisseure an der Verfilmung von «Anna Karenina» - und scheitern, mal mehr mal weniger. Die Version von Regisseur Joe Wright begeistert leider auch nur auf den ersten Blick.

Mit der Verfilmung von Jane Austens «Pride and Prejudice» hatte Joe Wright sein Händchen für Literaturverfilmungen zwar bereits bewiesen. Aber «Anna Karenina» ist ein Roman von über 1000 Seiten, ein Stoff also, der allein wegen seiner Fülle nicht einfach zu verfilmen ist und, schlimmer noch, kein «Happy End» findet.

Die grandiose Soap Opera aus dem alten Russland

Anna Karenina steht als Ehebrecherin entlarvt und blamiert vor der Moskauer Gesellschaft.
Legende: Anna Karenina steht als Ehebrecherin entlarvt und blamiert vor der Moskauer Gesellschaft. universal pictures

Es ist eine Geschichte einer zerstörerischen Liebe, eines Ehebruchs und des gesellschaftlichen Niedergangs - und es ist eben auch eine grandiose Soap-Opera. Kein Wunder also, dass seit den Anfängen der Kinematografie Regisseure, von Vladimir Gardin bis Bernard Rose, der Versuchung erliegen, die Adaption für die grosse Leinwand zu wagen. Und so kommt es auch, dass die Zuschauer seit hundert Jahren und in regelmässigem Abstand, mit einem neuen Versuch konfrontiert werden, das Werk in den Griff zu kriegen. Um es vorweg zu nehmen: mit mässigem Erfolg.

Wie will man heute den Zuschauer für eine Geschichte begeistern, die in der russischen Aristokratie im vorvorletzten Jahrhundert spielt? Der britische Regisseur Joe Wright macht es vor und seiner Heldin nach: Er durchbricht die Regeln des Genres ebenso, wie seine Hauptfigur Anna Karenina die Regeln der damaligen Gesellschaft durchbricht.

Die Welt als Bühne irgendwo zwischen Ophüls, Luhrmann und Resnais

Joe Wright inszeniert Anna Kareninas Welt als Bühne und wenn der Vorhang auf der Leinwand und im Film aufgeht ist der Zuschauer bereits in einem rasant sich drehenden Liebesreigen gefangen. Das erinnert an Max Ophüls «Reigen» mit einem Schuss von Baz Luhrmanns «Strictly Ballroom», an Alain Resnais Spiel mit verschiedenen künstlerischen Ausdrucksformen und an Stanley Kubricks Perfektionismus in der Ausstattung.

Wright sucht die Balance zwischen klassischer Literaturverfilmung und einer zeitgemässen Sicht auf einen Roman des 19. Jahrhunderts, indem er seiner Anna Karenina einen surrealen Anstrich verpasst und mit einer ästhetischen Vision. Die Kostüme und Dekors sind ebenso Oscar verdächtig wie die nie ruhende Kamera von Seamus McGarvey. Das alles klingt nach grossem Kino, nach einem Geniestreich - das ist es aber nicht.

Anna Karenina «light»

Anna Karenina, gespielt von Keira Knightely, steht am Gleis auf einem Bahnhof.
Legende: Anna Karenina (Keira Knightley) ist zerrissen zwischen Leidenschaft und den Konventionen des aristokratischen Russland. Universal Pictures

Reisst man die wunderschöne Verpackung auf, findet man von Tolstois Meisterwerk nur das Skelett, oder Teile davon. Die Auswahl der Szenen und Zitate aus dem Meisterwerk des Realismus, erinnert an die Zusammenfassungen von Reader’s Digest, ein Potpourri von Höhepunkten um die Spannung hoch zu halten, was nach einer Stunde bereits schwindelerregend anstrengend wird.

Und die Heldin? An Anna Karenina haben sich berühmte Schauspielerinnen wie Claire Bloom, Vivien Leigh und Sophie Marceau versucht. Greta Garbo, die «Göttliche», gleich zweimal. 1927 im Stummfilm «Love» und 1935 in «Anna Karenina» unter der Regie von Clarence Brown.

«Anna Karenina» von Joe Wright

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GB, 2012, Drama, 130 Minuten, Kinostart: 6.12.2012, Regie: Joe Wright. Mit Keira Knightley, Matthew Macfayden, Jude Law, Kelly Macdonald, Aaron Johnson, Emily Watson, Michelle Dockery.

Erwähnenswert: «Love» wurde in den USA mit Happy End und im Rest der Welt mit dem authentischen, dramatischen Ende gezeigt. Clarence Browns «Anna Karenina»  war ein aberwitziges Unterfangen, denn zu jener Zeit verboten die allmächtige «Legion of Decency» und der «Hays Code» die positive Darstellung des Ehebruchs. Clarence Browns «Anna Karenina» war entseelt und so reduziert wie ein Chagrinleder.

Entseelt wirkt auch Keira Knightley in der Rolle, der leidenschaftlich nach Glück Suchenden. 130 Minuten mit der in jeder Szene mit geschürzten Lippen auftretenden Anna, meist in Close-Ups eingefangen, erträgt nur der ganz hartgesottene Knightley-Fetischist. In zehn Jahren werden sich wieder ein Regisseur und eine Darstellerin an Stoff und Rolle wagen, vielleicht mit mehr Glück.

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