Diese Woche ist eine glückliche für Serienfans: Netflix ist in der Schweiz verfügbar. Mit ausländischen Fernsehshows und Eigenproduktionen im Programm, die immer und überall abrufbar sind. Der lästigen Wartezeit, die die Schweizer bislang bis zur TV-Ausstrahlung ausländischer Fernsehshows erdulden mussten, geht es damit an den Kragen.
Mit den Eigenproduktionen hat Netflix ein neues Modell entwickelt, um Serien auf globale Weise zu vermarkten. So startet im Dezember 2014 die Serie «Marco Polo». Ab Tag eins wird sie in allen Sprachen der Netflix-Märkte verfügbar sein – darunter auch in Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch.
Kampf gegen Online-Piraterie
Das Modell eines globalen Starts hat sich Netflix bei der Film- und Musikindustrie abgeschaut. Diese versucht im Kampf gegen illegale Downloads schon seit geraumer Zeit, Alben und Blockbuster an einem einzigen Tag weltweit zu veröffentlichen.
Der grösste Verband der Musikindustrie ist derzeit dabei, ein globales Veröffentlichungsdatum für neue Alben einzuführen. Bis heute werden Alben in Australien an Freitagen veröffentlicht, aber in den USA und Grossbritannien erst am Montag, respektive Dienstag. Glaubt man dem Verband Ifpi, holen sich Fans, die warten müssen, die Alben in den Tagen dazwischen einfach illegal aus dem Internet. Das erklärte Ziel von Ifpi: Ein gemeinsames Veröffentlichungsdatum am Freitag.
Kernziel ist es, Konsumenten davon abzuhalten, sich die Musik im Internet kostenlos zu besorgen. In der Schweiz ist der kostenlose Download zwar eine gesetzliche Grauzone. Um die Inhalte aber völlig legal runterladen zu können, sollte man in Zürich nicht ein paar Tage länger warten müssen als in Los Angeles, bis man das neuste Album von Beyoncé oder Lady Gaga kaufen kann.
Bei Kinofilmen sind globale Starts mittlerweile die Norm. Beim Fernsehen sieht es anders aus: Auf Hit-Serien wie «Homeland», «Game of Thrones» oder «The Big Bang Theory» mussten Schweizerinnen und Schweizer monate-, teils jahrelang warten. Auch hier gilt: Wer in Wartestellung gehalten wird, geht ins Internet. Denn es hat sich mittlerweile herumgesprochen, dass hier fast jeder Film kostenlos zu erhalten ist. Illegale Angebote sind ausserdem immer einfacher zu nutzen.
Schwieriges Unterfangen
Schon heute werden die Rechte an TV-Shows global verkauft. Doch die Anpassung an die Märkte – die Übersetzung und die Vermarktung – wird den Rechtekäufern überlassen, also beispielsweise den deutschen und Schweizer Sendern.
Netflix erledigt alles selbst. Das ist einzigartig. Zwar produziert auch Amazon eigene Inhalte und hat ein weltweites Verbreitungsnetz, globale Startdaten und Übersetzungen plane der Online-Versandhändler jedoch nicht, vermeldete das Unternehmen.
Netflix bemühe sich dabei auch bei Serien, die keine Eigenproduktionen seien, um globale Rechte, heisst es im Netflix-Umfeld. «Better Call Saul» beispielsweise, ein Spin-off der Hit-Serie «Breaking Bad», wird in allen Netflix-Märkten ausserhalb der USA zeitgleich mit dem US-Start auf dem Pay-TV-Sender «AMC» gezeigt.
Revolution in Zeitlupe
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Die Revolution läuft jedoch in Zeitlupe. Denn auch Netflix kann sich den Strukturen des Fernsehmarktes nicht entziehen. Anders als bei Netflix’ Eigenproduktionen werden von «Better Call Saul» nicht alle Folgen zeitgleich verfügbar sein. Der Online-Sender muss sich an die Ausstrahlungstermine des Senders AMC halten.
Zum Start in Europa entsteht zudem eine bizarre Situation: Netflix kann seine berühmteste Eigenproduktion «House of Cards» in Deutschland und Frankreich erstmal nicht zeigen, weil die Erstausstrahlungsrechte bereits an andere verkauft wurden. 2011, als die Serie geplant wurde, war der Europa-Start von Netflix weit entfernt und die Firma wegen einer strategischen Panne stark unter Druck. In der Situation wollte man sich die globalen Rechte an «House of Cards» nicht auf Vorrat leisten.