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Found-Footage-Filme Fakt oder Fake? Warum das Spiel mit der Realität so reizvoll ist

Der Horrorklassiker «The Blair Witch Projekt» machte Found-Footage-Filme zum Mainstream. Das Genre fasziniert und gruselt bis heute, wie das neue SRF-Hörspiel «Tannenklirren» beweist.

Auch wenn es vor 1999 schon Found-Footage-Horrorfilme gab, wusste damals kaum jemand, was das war. Erst «The Blair Witch Projekt» katapultierte solche Spektakel in den Mainstream.

Eine Frau im Wald.
Legende: Beim «The Blair Witch Project» (1999) drehten sich die Schauspielenden selbst mit Handkameras. Die Dialoge waren improvisiert. Imago / United Archives

Das Gruselabenteuer war ein Medienphänomen, landete auf den Covern der Nachrichtenmagazine «Newsweek» und «Time».

Wenig visuelle Effekte, viel Profit

Der Film kostete 500'000 US-Dollar und spielte 249 Millionen ein. Wirtschaftlich liegt in derartigen Margen bis heute der Reiz. Found-Footage-Schocker kosten wenig. Das Verlustrisiko ist gering, der Gewinn im Erfolgsfall hoch.

Drei Schwarz-Weiss-Fotos, darüber das Wort «vermisst».
Legende: Echt oder nicht? Die Filmfiguren trugen in «The Blair Witch Project» die Realnamen der Schauspielenden. Getty Images / William Thomas Cain

In «The Blair Witch Projekt» wollen Studierende eine Dokumentation über die Legende der Hexe von Blair drehen und sterben dabei. Der Spielfilm beginnt mit der Einblendung: «Im Oktober 1994 verschwanden drei Studierende in den Wäldern von Burkittsville, Maryland, beim Dreh eines Dokufilms. Ein Jahr später wurden ihre Filmaufnahmen gefunden.»

Gütesiegel: echt unecht

Die Zeilen machen klar, woher der Begriff «Found-Footage» kommt und worum es bei dieser Art von Horrorfilmen geht: um das Spiel mit der Realität. Die Frage dabei lautet immer: Ist das Gesehene echt? Und wenn nicht: Würde es nicht genauso aussehen?

Die tote Hauptdarstellerin

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Die Marketingkampagne von «The Blair Witch Project» behauptete, die Handlung des Films sei echt.

Auf einer Website gab es die Hintergrundgeschichte zur Legende, Fotos aus Polizeiberichten und erfundene Nachrichtengeschichten.

Auf Festivals wurden Flugblättern verteilt, in denen die Zuschauenden um Informationen über die vermissten Studierenden gebeten wurden.

Die drei Filmfiguren trugen den gleichen Namen wie die Schauspielenden.

Die Hauptdarstellerin wurde sogar kurzzeitig auf der Filmdatenbank IMDb als «Verstorben» aufgeführt.

Was bis heute den Reiz von Found-Footage-Filmen ausmacht, war bei «The Blair Witch Project» fast alles schon angelegt: wackelige, amateurhafte, ergo: authentisch wirkende Bilder. Diese wurden kommentiert von den Filmfiguren, mal in der Ego-Shooter-Perspektive, mal nicht, mal angereichert mit Interviewbrocken.

Ein Ehepaar wach im Bett.
Legende: Eine Familie wird von einem Dämon heimgesucht. Über 890 Millionen US-Dollar spielten die «Paranormal Activity»-Filme ein. Produktionskosten: 28 Millionen. Imago/ ZUMA Wire

Im Lauf der Zeit kamen andere Bildquellen hinzu, wie die Überwachungskameras bei der erfolgreichen Found-Footage-Reihe «Paranormal Activity» (seit 2007).

Amateurhaft, authentisch, günstig

Die Unmittelbarkeit der amateurhaft wirkenden Aufnahmen ziehen die Zuschauenden schneller ins Geschehen als perfekte Filmbilder. Und sie erhöhen den Gruseleffekt. 

«The Blair Witch Projekt» legte den Grundstein, aber der richtige Found-Footage-Boom kam in den frühen 2000er-Jahren. Das lag am Siegeszug von YouTube, der 2005 begann.

Menschen filmten sich selbst und andere und präsentierten diese Aufnahmen in Netz. Diese benutzergenerierten Inhalte spiegelten den Look der Filme wider. Gleichzeitig empfand es niemand mehr als ungewöhnlich, dass Menschen ständig ihr Leben dokumentieren und auch ihre privatesten Situationen filmen.

Frau und Mann im Bett schreien vor Angst.
Legende: In «A Haunted House» (2013) parodierten die Macher der «Scary Movie»-Reihe die Found-Footage-Filme. Imago/Mary Evans

Dank fortschreitender Digitalisierung der Gesellschaft bekamen die Found-Footage-Filme einen Ableger: Screenlife- oder Desktop-Filme, die in den 2010er-Jahren auftauchten. In ihnen wird die Filmhandlung über ein Smartphone-Display oder PC-Desktop erzählt.

Total normaler Alltagshorror

Gezeigt werden Video-Anrufe, Surfen im Internet, Aufrufen und Ansehen von Text- und Fotodateien und Schreiben von Nachrichten. Populäre Beispiele sind der Horrorfilm «Unfriended» (2014) oder der Thriller «Searching» (2018).

Auch wenn es vereinzelt Science-Fiction («Cloverfield»), Superhelden («Chronicles») oder Krimis («End of Watch») im Found-Footage-Stil gibt, bleibt bis heute Horror das Genre, in dem diese Filme am häufigsten zu finden sind. Nicht ohne Grund: Die grösste Stärke dieser Schocker liegt darin, Übernatürliches und Monsterhaftes so real darzustellen wie ein Treffen mit Nachbarn im Waschkeller. Und das macht richtig Angst.

Found-Footage-Hörspiel «Tannenklirren» auf SRF

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Visual für ein Hörspiel von SRF namens Tannenklirren
Legende: SRF

Eine Journalistin verschwindet. Kolleginnen und Kollegen von ihr erhalten Audio-und Videofiles und sichten dieses. Damit geht der Horror los.

Die Mystery-Crime-Hörspielserie «Tannenklirren» funktioniert nach dem Prinzip der Found-Footage-Filme.

Online sind bereits alle acht Folgen abrufbar . Am Radio gibt's das Hörspiel ab 15. September jeden Freitag, 20:00 Uhr, auf Radio SRF 1 zu hören.

Radio SRF 3, 14.09.2023, 10:45 Uhr

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