Pünktlich zum 50. Todestag des Meisterfotografen August Sander trifft eine irritierende Nachricht ein: Ausgerechnet seine «Jungbauern», diese drei fröhlich-ungelenken Burschen auf dem Weg zum Tanz (und zum Krieg), sollen keine Bauern sondern Bergleute gewesen sein, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung . Alles halb so wild, sagt Gabriele Conrath-Scholl, die den Nachlass von August Sanders in der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur in Köln erforscht.
Wie ist das Foto entstanden?
Gabriele Conrath-Scholl: Grundsätzlich weiss man es nicht genau. Das Bild ist vermutlich im Sommer 1914 im deutschen Westerwald aufgenommen worden. Sander war relativ nah bei den Menschen. Er besuchte schon vor dem Ersten Weltkrieg viele Familien, die er später nochmals fotografierte. Und so war es auch im Fall der drei «Jungbauern» gewesen.
Von der Familie Krieger gab es bereits ein Foto. Ein Familienbild, wo einer der «Jungbauern» auch zu sehen ist. Sander ist oft in diese Dörfer gegangen, hat dort Familien und ihre Nachbarschaften fotografiert. Im Verlauf eines solchen Besuchs wird er dann am Wochenende im Westerwald auf diese Situation gestossen sein.
Weiss man, wer diese Jungbauern waren?
Zu sehen sind zwei Vettern, August in der Mitte des Bildes, und Ewald Klein ganz rechts, sowie Otto Krieger aus der eben erwähnten Familie Krieger. Die Leute in dieser Gegend waren nicht in erster Linie lohnabhängig, sondern verfügten über ein Haus, ein Stück Land, vielleicht eine Kuh und ein Schwein. Es gab in der Gegend Bergwerke. Viele Männer arbeiteten tagsüber dort und abends und am Wochenende auf dem eigenen Feld. Doch die Selbständigkeit war ihnen wichtig. Insofern finde ich es gut, dass es Sander dabei belassen hat, sie Jungbauern zu nennen.
Also doch keine falschen Bauern?
Natürlich fragt man sich: Wo hört die Dokumentation auf? Wo beginnt die Inszenierung? Wie stark ist der künstlerische Eingriff gewesen? Und natürlich hat Sander auch künstlerisch eingegriffen. Es ist auch möglich, dass Sander die Jungbauern darum gebeten hat, den Stock etwas schräger zu halten oder so. Aber der Titel «Jungbauern» trifft die Realität in dieser Gegend.